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Keine Zeit für Vampire

Keine Zeit für Vampire

Titel: Keine Zeit für Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie MacAlister
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Fenster. Imogen hatte sich in einen langen Wollschal gehüllt und erwartete ihn in Begleitung der Bediensteten, von denen einige Fackeln in den Händen hielten. Das Lächeln seiner Tochter erwärmte die Kälte in seinem Inneren. Seine kleine Imogen, inzwischen zur Frau herangewachsen, aber dennoch sein Mädchen und mit ihren blauen Augen und dem leuchtenden, goldenen Haar ganz das Ebenbild seiner Frau.
    Seltsam, dass er bisher immer blonde Frauen für den Inbegriff von Schönheit gehalten hatte. Bestürzt stellte er fest, dass er gerade eine Vorliebe für brünette Frauen entwickelte, insbesondere für die, die ihn mit ihrer sommersprossigen Haut lockte.
    »Ich hatte schon befürchtet, dir wäre etwas zugestoßen«, begrüßte ihn Imogen. Ein Lakai öffnete mit weit ausholender Geste die Wagentür. »Ich habe dich bereits vor drei Tagen erwartet.«
    Nikola streckte die Arme aus und ließ zu, dass sie ihn umarmte. Er drückte sie im Gegenzug und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Imogen war eine höchst emotionale Frau, genau wie ihre Mutter, und ganz anders als er und sein Sohn Benedikt, die sie beide so beherrscht und logisch veranlagt waren. So unterschiedlich konnten die Menschen innerhalb einer einzigen Familie sein. »Regenwetter hat mich aufgehalten. Du siehst kränklich aus. Geht es dir nicht gut? Hast du auch genug gegessen? Frau Leiven! Warum ist meine Tochter bleich wie der Mond?«, brüllte er eine kleine, pummelige Frau an, auf deren kugelförmigem Körper ein kleiner Kopf mit einem Wust aus Korkenzieherlocken saß. Imogen lachte. Die Angesprochene trat derweil watschelnd vor und rang die Hände. Dann vollführte sie eine unbeholfene Bewegung, die wohl als Knicks gedacht war. »Dem Fräulein geht es gut, Herr Baron, sehr gut sogar. Ich habe dafür Sorge getragen, dass sie regelmäßig gegessen und ungestört geruht hat, und zudem hat sie während Eurer Abwesenheit noch ausgesprochen eifrig studiert.«
    »Aber sie ist blass wie ein Gespenst!«, beharrte er und wies auf Imogen, die einfältig zu kichern begonnen hatte. »Madame, ich habe Euch nicht eingestellt, damit Ihr in meiner Abwesenheit meine Tochter vernachlässigt. Wenn Ihr Eure Stellung behalten wollt, so solltet Ihr darauf achten, dass meine Anordnungen in jeder Hinsicht befolgt werden.«
    »Ihr … Ihr wäret doch nicht so grausam, mich aus Eurem Haus zu verjagen!«, rief Frau Leiven erschrocken und griff sich an die Kehle. »Ich bitte Euch, mein Herr, ich bin eine mittellose Witwe. Ich habe nicht einmal Verwandte, die mich aufnehmen könnten!«
    Imogen rollte mit den Augen und legte den Arm um die rundliche Frau. »Papa, du jagst der armen Anna Angst ein. Schenk seinen Worten keine Beachtung, meine Liebe.«
    »Ich würde draußen in der Kälte elendig verenden!«, jammerte die Frau ungeachtet Imogens beruhigender Worte.
    Nikola seufzte.
    »Ich bin zu alt, um mich noch einmal um ein kleines Kind zu kümmern! Oh, bitte, bitte, Fräulein Imogen, lasst nicht zu, dass mich Euer Vater hinaus zu den Wölfen schickt!«
    »Er wird nichts dergleichen tun, Anna. Er meint es nicht so. Du weißt doch genauso gut wie ich, dass Papa nur zu gern mit der Faust auf den Tisch haut, um so zu tun, als wäre er ein Tyrann.«
    »Ich bin ein Tyrann, Weib, vergiss das lieber nicht«, knurrte Nikola, stellte den Hocker zurecht und wandte sich wieder nach der Kutsche um. »Sei so lieb und lass im Chinazimmer Feuer machen.«
    »Warum?«, erkundigte sich Imogen. Sie ließ Frau Leiven, ihre ehemalige Gouvernante, die nun als ihre Gesellschafterin fungierte, los, und spähte über Nikolas Schulter. »Hast du einen Gast mitgebracht? Papa! Wer ist diese Frau?«
    »Heilige Muttergottes«, japste die kleine, kugelrunde Anna und bekreuzigte sich beim Anblick des unbekannten, fraglos liederlichen Weibsbildes in Nikolas Armen. »Sie ist tot! Fräulein Imogen, genauso wird es mir ergehen, wenn der Baron mich von Eurer Seite reißt!«
    »Sie ist nicht tot«, stellte Nikola klar. »Sie ist unten auf der Straße mit Heinrich zusammengestoßen und hat das Bewusstsein verloren. Imogen, bereite das Zimmer vor, und du Robbie …«
    »Aber wer ist das, Papa?«
    »Robäär, Monseigneur«, korrigierte ihn der schmächtige, junge Lakai mit einem starken französischen Akzent. Er trug eine gepuderte, lachsfarbene Perücke und weiße Kniehosen aus Satin, die für Nikolas Geschmack viel zu eng anlagen, um sich in ihnen unschuldigen Damen wie Imogen zu präsentieren, sowie ein marineblaues Jackett,

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