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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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sind.«
    Wendy wartete, dass Lydia sich vorstellte. Als das nicht geschah, fragte sie: »Dann kannten Sie meinen Mann?«
    »Aber ja.«
    »Arbeiten Sie auch in der Versicherungsbranche?«
    »Nein, ich fürchte nicht.«
    Wendy runzelte die Stirn. Lydia nippte an ihrem Kaffee. Das Ganze wurde immer peinlicher, zumindest für Wendy. Lydia fühlte sich ganz wohl in ihrer Haut. Als es ihr zu unangenehm wurde, stand Wendy auf, um zu gehen.
    »Tja«, sagte sie. »War nett, Sie kennen zu lernen.«
    »Ich …«, fing Lydia zögernd an, bis sie sicher war, Wendys ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben, »… ich war der letzte Mensch, der Jimmy lebend gesehen hat.«
    Wendy erstarrte. Lydia trank noch einen Schluck von ihrem Kaffee und schloss die Augen. »Gut und stark«, sagte sie und deutete auf den Becher. »Ich mag den Kaffee hier, Sie auch?«
    »Haben Sie gesagt …?«
    »Bitte«, sagte Lydia mit einer kurzen Geste, »setzen Sie sich doch, damit ich es Ihnen in Ruhe erklären kann.«
    Wendy warf einen Blick auf die Kellner hinter dem Tresen. Sie gestikulierten und jammerten über das, was sie für eine weltweite Konspiration hielten, die ihnen das aufregendste Leben verwehrte. Wendy setzte sich wieder auf den Hocker. Einen Moment lang starrte Lydia sie nur an. Wendy versuchte, dem Blick standzuhalten.
    »Sie müssen wissen«, fing Lydia mit einem neuen, herzlichen Lächeln an und legte den Kopf schräg, »dass ich diejenige bin, die Ihren Mann umgebracht hat.«
    Wendy wurde blass. »Das ist absolut nicht komisch.«
    »Stimmt, ja. In diesem Punkt muss ich Ihnen vollkommen
Recht geben, Wendy. Aber ich wollte eigentlich auch gar nicht komisch sein. Soll ich Ihnen lieber einen Witz erzählen? Ich bin auf so einer Witz-Mailingliste. Die meisten taugen nichts, aber gelegentlich ist ein echter Brüller dazwischen.«
    Wendy war fassungslos. »Wer sind Sie?«
    »Beruhigen Sie sich, Wendy.«
    »Ich will wissen …«
    »Psst.« Ganz zart legte Lydia den Zeigefinger auf Wendys Lippen. »Ich erklär’s Ihnen, okay?«
    Wendys Lippen zitterten. Lydia ließ ihren Finger noch ein paar Sekunden liegen.
    »Sie sind verwirrt. Das verstehe ich. Lassen Sie mich ein paar Dinge klarstellen. Erstens: Ja, ich bin diejenige, die Jimmy die Kugel in den Kopf geschossen hat. Aber Heshy …«, Lydia zeigte durchs Fenster mit dem Finger auf einen riesigen Mann mit missgestaltetem Kopf, »… hat die ganze Vorarbeit gemacht. Ich persönlich bin der Ansicht, dass ich Jimmy, tja, im Prinzip einen Gefallen getan habe.«
    Wendy glotzte sie nur an.
    »Sie wollen wissen, warum, stimmt’s? Klar wollen Sie das. Aber tief im Inneren, Wendy, werden Sie es schon ahnen. Wir sind Frauen von Welt, Wendy, nicht wahr? Wir kennen unsere Männer.«
    Wendy sagte nichts.
    »Wendy, wissen Sie, wovon ich rede?«
    »Nein.«
    »Natürlich wissen Sie’s. Aber ich erzähl’s Ihnen trotzdem. Jimmy, Ihr geliebter verstorbener Mann, hat ein paar sehr unangenehmen Menschen viel Geld geschuldet. Nach heutigem Stand beläuft sich die Summe auf knapp zweihunderttausend Dollar.« Lydia lächelte. »Wendy, Sie werden doch jetzt nicht so tun, als wüssten Sie nichts von seinen Spielschulden, oder?«

    Wendy hatte Mühe, die Worte zu formen. »Ich weiß nicht …«
    »Ich hoffe, Ihre Verwirrung hat nichts damit zu tun, dass ich eine Frau bin.«
    »Was?«
    »Das wäre wirklich engstirnig und sexistisch von Ihnen, meinen Sie nicht? Wir leben schließlich im 21. Jahrhundert. Frauen können werden, was sie wollen.«
    »Sie …« Wendy versagte die Stimme. Sie versuchte es noch einmal. »Sie haben meinen Mann ermordet?«
    »Sehen Sie viel fern, Wendy?«
    »Was?«
    »Fernsehen. Überlegen Sie mal, was im Fernsehen passiert, wenn jemand wie Ihr Mann jemandem wie mir Geld schuldet.«
    Lydia wartete, als rechnete sie wirklich mit einer Antwort. Schließlich sagte Wendy: »Ich weiß nicht.«
    »Natürlich wissen Sie’s, aber auch da will ich die Frage für Sie beantworten. Der Jemand-wie-ich — ehrlich gesagt meistens ein männlicher Jemand-wie-ich — wird losgeschickt, um ihn zu bedrohen. Dann würde meine rechte Hand Heshy ihn vielleicht zusammenschlagen oder ihm die Beine brechen oder so etwas. Aber man bringt den Kerl nicht um. Das ist so eine Regel im Fernsehen. Tote Kunden kann man nicht melken. Das kennen Sie doch, stimmt’s, Wendy?«
    Sie wartete. Nach einer Weile sagte Wendy: »Ich glaube schon.«
    »Aber wissen Sie, das stimmt gar nicht. Nehmen wir Jimmy zum Beispiel.

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