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Keiner wird weinen

Keiner wird weinen

Titel: Keiner wird weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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ständig Beobachtungsposten. Aber Tag um Tag verging, und Skwosnjak ließ sich nicht blicken. Die Hoffnung, daß er noch
     auftauchen würde, schwand von Stunde zu Stunde. Offenbar schaute sich der gefährliche Kriminelle den Kriminalreport im Fernsehen
     tatsächlich an.
    Trotzdem hatten sie Golowkins Witwe und seine Kollegen gebeten, niemandem, der sich nach ihm erkundigte, zu sagen, daß er
     tot war.
    Major Uwarow sah die in den letzten Tagen eingegangenen Meldungen über Tötungverbrechen durch. Wenn sie davon ausgingen, daß
     Golowkin Skwosnjaks einzige Geldquelle gewesen war, mußte er sich, nachdem er von dessen Tod erfahren hatte, etwas einfallen
     lassen. Tschuwiljow stand unter Beobachtung, aber dort rührte sich bislang nichts.
    Doch Skwosnjak brauchte Geld. Sein Lebensstil erforderte regelmäßigen Nachschub an größeren Beträgen. Der schnellste und zuverlässigste
     Weg dazu war ein Einbruch.
    Uwarow sah sich die ausführlichen Ermittlungsberichte über sämtliche Tötungsdelikte in Wohnungen an. Die meisten davon waren
     Beziehungstaten. Ein Mann hatte mit einem Fleischerbeil einen Freund erschlagen, weil ihn im Suff plötzlich die Eifersucht
     übermannt hatte. Zwei Rentner, beide Alkoholiker, hatten sich über Politik gestritten, dabei hatte der eine dem anderen mit
     einem Hammer die Schläfe zertrümmert. Und sich augenblicklich unter Tränen der Miliz gestellt. Ein Drogensüchtiger hatte seine
     Lebensgefährtin aus dem elften Stock vom Balkon geworfen und war anschließend selbst runtergesprungen. Eine Frau hatte ihren
     Mann mit einem Küchenmesser erstochen, gab es aber nicht zu. Sie hatte sich vollaufen lassen und ihrem schlafenden Mann ein
     Messer in den Rücken gejagt. Aber sie gab es nicht zu. Sie erinnerte sich an nichts. Sie behauptete, irgend jemand habe sie
     bewußtlos gemacht. Wenn sie ihren Mann hatte loswerden wollen, um die Wohnung zu bekommen, hätte sie sich eigentlich etwas
     Besseres einfallen lassen können. Nach einem Mord konnte sie sich die Wohnung abschminken. Da winkten ihr viele Jahre Gefängnispritsche,
     sonst gar nichts.
    Uwarow griff zum Telefon.
    »Sergej? Sieh mal nach, was wir im Fall in der Samotjoka an Fingerabrücken haben. Ja, ich komme in einer Viertelstunde runter.«
    Eine Viertelstunde später wußte Juri Uwarow, daß die Fingerabdrücke auf dem Messer, mit dem Stas Selinski getötet wurde, die
     seiner Frau Inna waren. Ausschließlich ihre. Auf der Wodkaflasche waren gar keine Abdrücke. Die Verdächtige behauptete, weder
     sie noch ihr Mann hätten diese Flasche ins Haus gebracht und sie hätte diesen Wodka nicht getrunken. Sämtliche Fingerabdrücke
     waren sorgfältig abgewischt worden. Auf dem Glas wurden mikroskopisch kleine Stoffasern festgestellt.
    »Das heißt also, sie hat den Wodka getrunken, die Flasche abgewischt, dann ihren Mann erstochen, sich anschließend schlafen
     gelegt und am nächsten Morgen selber den Notarzt und die Miliz gerufen?«
    »Muß wohl«, bestätigte der Kriminaltechniker Sergej Russakow.
    »Und sie kann sich an nichts erinnern? Ist sie vom Psychiater untersucht worden?«
    »Bislang nicht. Da ist noch ein interessantes Detail. Ich hab mir das eben mal genau angesehen – die Position der Fingerabdrücke
     auf dem Messergriff entspricht nicht der Einstichrichtung.«
    »Das habe ich mir fast gedacht«, murmelte Uwarow.
     
    »Guten Tag. Sie sind Vera?«
    Die kleine, klitschnasse Blondine zitterte vor Kälte. Sie sah nicht älter aus als fünfundzwanzig.
    »Ja, guten Tag. Und Sie sind Anton Kurbatow?«
    »Ich bin Kurbatow. Kommen Sie, da drüben steht mein Auto. Hier, nehmen Sie meinen Schirm.«
    »Danke. Das nützt jetzt auch nichts mehr.«
    Im Laufschritt überquerten sie den Platz. Anton bemühte sich, den Schirm über Veras Kopf zu halten.
    »Ich hatte nicht gehofft, daß Sie bei diesem Gewitter kommen würden.«
    »Ich hab’s doch versprochen.«
    »Ich habe eine Thermosflasche Kaffee dabei. Möchten Sie?« fragte er, als sie im trockenen, warmen Auto saßen.
    »Danke.« Vera zog das Fax aus ihrer Jeanstasche und reichte es Anton. »Hier, Ihr Fax.«
    Als er die Schrift seines Bruders sah, spürte er einen Stich ins Herz. Er begriff nicht gleich, was in dem Fax stand, doch
     dann erfaßte er die wohlbekannte Adresse.
    Das alte, total verfallene Haus am Stadtrand des kleinen Karlštejn gehörte Jiří, ihrem tschechischen Freund und Geschäftspartner.
     Jiří hatte es von einer entfernten Verwandten geerbt und wußte

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