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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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presste der Kleinwüchsige dann hervor, „Du hast
mir zu meinem Glück gerade noch gefehlt." Ein Gluckern ertönte. „Verdammt,
jetzt habe ich mir auch noch in die Hose geschissen. Und die Munition ist mir
schon vor einer ganzen Weile ausgegangen. Na ja, wenn's einmal läuft, dann
läuft's."
    Er ignorierte den Gestank,
der sich um seine Zielperson verbreitete, und ging neben dem Zwerg in die
Hocke. Die Gelegenheit, eine Zielperson vor der Entsorgung aus der Nähe zu
betrachten, bot sich nicht allzu oft. Entsorgungen verliefen meist äußerst
dynamisch und von den Zielpersonen blieb nicht genug übrig, was man ausgiebig
betrachten konnte. Deswegen musste er die Chance nutzen, so lange es möglich
war. Dabei bereitete es ihm kein Vergnügen, diese Fratze anzusehen - im
Gegenteil.
    „ Wir kennen uns, nicht
wahr?"
    „ Mann, du machst mir
Spaß!" Ein weiterer Hustenanfall schüttelte den Zwerg durch. „Verfolgst
mich quer durch diesen ganzen Saftladen und kommst mir dann mit einem derart
blöden Spruch."
    „ Du warst meine Zielperson.
Ich habe dich gejagt, doch ich konnte dich nicht entsorgen. Kaum zu glauben,
aber ich habe versagt." Er verlagerte sein Gewicht und machte es sich auf
dem Boden bequem. „Ich nehme an, du hast mich aus dem Hinterhalt erwischt.
Anders kann ich mir mein Versagen nicht erklären. Leider kann ich mich kaum an
unser Zusammentreffen erinnern."
    „ Oh Mann, dafür erinnere ich
mich umso besser an dich. Ehrlich, ich kann mich sonst an keinen Scheiß
erinnern, doch du bist so richtig tief in meinen Schädel eingebrannt. Die
könnten mich mit Drogen vollpumpen bis Oberkante Unterkiefer - ich würde mich
immer noch an dich erinnern. Du hast mir das Leben zur Hölle gemacht, du blöder
Hund. Aber dafür habe ich dir ein schönes Ding verpasst." Der Zwerg
fletschte seine Zähne zu einem Grinsen. In den Zahnzwischenräumen hatte sich
Blut gesammelt. „Ja, ich habe dir ein Loch in den Wanst geschossen, während du
mit den lieben Kinderlein Ringelreihe getanzt hast. Wumm, schön aus dem
Hinterhalt. Dreckig, feige und gemein. Und du hast mich vergessen? Ich fasse es
nicht. Was haben die mit dir gemacht? Haben die dein Gehirn in die
Waschmaschine gestopft? Mann, hätte ich das gewusst, dann hätte ich mir diese
ganze Scheiße hier sparen können. Ich hätte mich einfach nur in der Nähe der
Siedlung verstecken müssen. Du wärst glatt an mir vorbei gelaufen. Das hatte
ich ursprünglich auch so geplant. Ich wollte die Sache aussitzen. Aber ich
dachte, du würdest dich vielleicht an mich erinnern und mich doch noch
aufspüren. Deswegen bin ich losgezogen. Mann, was war ich für ein Idiot."
    „ Es hätte dir nicht
geholfen. Du hättest dich nicht verstecken können. Ich hatte versagt, du warst
entkommen und ich hatte einen neuen Auftrag. Doch ich hatte dich nicht völlig
vergessen. Früher oder später hätte ich dich überall gefunden. Außerdem habe
ich in deiner Siedlung einen ziemlich merkwürdigen Kauz getroffen, der meinem
Gedächtnis auf die Sprünge geholfen hat. Und nun habe ich dich. Zeit, wieder
ein wenig Ordnung in dieser Welt herzustellen."
    „ Tja, diesmal hast du
gewonnen. Daran ist wohl nichts zu rütteln. Aber weißt du, worüber ich gerade
nachdenke? Ich überlege, ob wir beide uns wirklich erst zum zweiten Mal
treffen. Vielleicht ist das hier so eine Art Wettbewerb, der immer wieder
abläuft. Einmal gewinne ich, einmal gewinnst du. Beim Verlierer wird das
Gedächtnis gelöscht und es geht wieder von vorne los. Was meinst du? Könnte
doch sein, oder? Könnte doch sein."
    Er konnte sich ein Grinsen
nicht verkneifen. Dieser Taugenichts wollte also ein wenig diskutieren.
Eigentlich hätte er die Sache rasch zu Ende bringen sollen, um seine zweite
Zielperson weiter zu verfolgen. Doch er war geneigt, das Spiel mitzumachen -
zumindest für einige Augenblicke. Und sei es nur, um seinen Triumph ein wenig
auszukosten. „Nein, ich glaube das nicht", sagte er. „Wenn ich gewinne,
dann gibt es bei meiner Zielperson nämlich ganz sicher kein Gehirn mehr, das
man löschen könnte."
    „ Nein, Mann. Überleg doch
mal. Könnte doch wirklich sein. Vielleicht sind wir so etwas wie Gegenpole. So
etwas wie … wie Yan und Yong, oder wie das heißt. Du weißt schon, was ich
meine. Der Eine kann ohne den Anderen nicht. Das geht vielleicht immer hin und
her zwischen uns. Schau mal: Du kannst dich doch an gar nichts erinnern -
außer, dass du mir den Arsch aufreißen musst. Und ich … ich erinnere mich

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