Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
Vom Netzwerk:
dich doch nicht so an. Du hast ja noch nie viel gequatscht, aber jetzt
sagst du überhaupt nichts mehr. Was soll das denn?"
    „ Meine Existenz entbehrt
jeglichem Sinn", sagte der Kartograph schließlich. „Die Fähigkeiten eines
Kartographen sind offenbar nicht mehr gefragt. Daher habe ich meine
Existenzberechtigung verloren."
    Er warf einen Blick in das
Rohr des G-36C. Dabei richtete er das Gehäuse der Waffe auf das Panzerchen, als
halte er eine Art Fernrohr. „Das ist doch Blödsinn, Großer. Wie lange hast du
schon der Siedlung gesessen und nichts zu tun gehabt, weil alles erkundet war?
Da hast du dir doch auch nicht in die Hose gemacht, oder? Nein, ich glaube, dir
geht etwas ganz anderes gegen den Strich, nicht wahr?"
    Das Panzerchen brütete
einige Augenblick vor sich hin. Dann sagte es: „Ich bin Kartograph."
    „ Wissen wir doch",
sagte die Kleine, während sie versuchte, die Einzelteile der Baby-Glock wieder
zusammenzusetzen. Dabei verkantete der Verschluss.
    Er schüttelte seinen Kopf.
„Der Große meint etwas ganz anderes. Er ist Kartograph, hat sich aber
aufgeführt wie ein Mann in Schwarz."
    Die Kleine hielt mit ihrer
Arbeit inne und schaute auf. „Das Panzerchen? Echt? Wann?"
    „ In der Kriegszone. Im
Bunker. Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit mit dem Chef. Das
Panzerchen hat die Sache geregelt."
    Die Kleine deutete auf das
Panzerchen und schüttelte ungläubig den Kopf. „Der? Echt? Was hat er
gemacht?"
    „ Er hat diesen Zwergen
zuerst mit dem Kopf gegen die Decke gedonnert und ihn dann gegen eine Wand
geworfen. Kaum zu glauben, wie weit so ein Zwerg fliegt, wenn man ihm nur den
richtigen Schwung gibt. Das war zwar eine gigantische Show, aber ich glaube,
damit hat unser Großer ein Problem."
    „ Ich bin Kartograph",
sagte das Panzerchen leise vor sich hin.
    „ Da hörst du es. Genau das
ist sein Problem. Er hält sich selbst für einen Kartographen, doch da steckt
noch eine ganz andere Person in ihm drin. Diese Person hat er in der Kriegszone
kennen gelernt. Ich glaube, das hat ihm nicht sonderlich gefallen."
    Er sprach das Panzerchen
direkt an. „Genau davon hat aber der Chef gesprochen. Erinnerst du dich? Wir
glauben, genau zu wissen, wer und was wir sind - aber das hat nichts mit
unserer wirklichen Identität zu tun. Irgendwo in uns drin sind wir jemand
völlig anderes. Der Kerl, der den Chef gegen die Wand geworfen hat - das warst
du. Das war das echte Panzerchen. Nicht diese Karikatur von einem Kartographen.
Besser, du freundest dich mit diesem Typen an."
    Das Panzerchen schüttelte
seinen Kopf. „Das bin ich nicht. Ich bin Kartograph."
    „ Doch, das bist du." Er
setzte das G-36C wieder zusammen. „Schau dich doch mal an. Glaubst du, so sieht
ein Kartograph aus? Mann, mit deiner Visage kann man Eier abschrecken. Glaub
mir, du bist etwas ganz anderes."
    „ Inakzeptabel. Absolut
inakzeptabel. Für mich nicht tolerierbar." Das Panzerchen schien immer
weiter in sich zusammenzusinken.
    Er konnte dem Kartographen
nicht helfen. Schließlich musste er gegen seine eigenen Dämonen kämpfen.
Deswegen blieb ihm nichts anderes übrig, als mit den Schultern zu zucken und die
SIG-Sauer zum Panzerchen zu schieben.
    „ Wenn du damit nicht leben
kannst, dann solltest du dir eine Kugel in den Kopf jagen. Das treibt dir alle
dummen Gedanken aus. Glaub mir."
    Das Panzerchen sah die Waffe
an und überlegte kurz. Dann nahm es die SIG-Sauer auf.
Die Pistole verschwand beinahe in der Pranke des Riesen. „Akzeptabler
Vorschlag", sagte das Panzerchen und lud die Waffe durch. Bevor er
intervenieren konnte, presste der Kartograph die Mündung der Pistole gegen die
eigene Stirn.
    „ Das ist alles eine
Riesenscheiße", verkündete das Panzerchen feierlich. Dabei klang seine
Stimme erstmals nicht nach einem überheblichen Butler. Und dann zog das
Panzerchen ohne jedes Zögern den Abzug durch.
    Peng.
    „ Ach, verdammt nochmal, du
blöder Idiot", schrie er gegen seinen Tinnitus an. Im Hintergrund schrie
auch die Kleine etwas, doch er konnte sie nicht verstehen. Er ging zur Leiche
des Kartographen und pflückte die Pistole aus der schlaffen Hand. „Das war doch
nur ein Witz gewesen. Was verschwendest du meine Munition?" Er versetzte
der Leiche einen Tritt. „Verdammter Idiot."
    Dann wandte er sich an die
Kleine. Zum ersten Mal, seit er ihr begegnet war, wirkte sie ernsthaft
verstört. Doch darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. „Können wir irgendetwas
aus seinem Rucksack gebrauchen?"
    Die

Weitere Kostenlose Bücher