Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
Vom Netzwerk:
nicht länger als
Entsorger tätig sein.
    Ihm blieb nur zu hoffen,
seine Zielperson hatte es in eine ruhige Ecke geschafft und sich dort vor den
Selbstschussanlagen verkrochen. Dort würde er sie aufspüren und entsorgen.
    Er betrat die Tiefgarage und
ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Damit hatte er sich selbst den
Rückweg abgeschnitten. Doch das war ihm bewusst. Sollte er sich verkalkuliert
haben und die Zielperson befand sich noch im Abschnitt hinter ihm, dann würde
es ihn eine Menge Zeit kosten, um auf Umwegen dorthin zurückzukehren. Doch
dieses Risiko ging er ein. Seine Zielperson würde sich intuitiv immer weiter
vorwärts bewegen, von einem Abschnitt zum nächsten. Daher würde sie früher oder
später ohnehin hier auftauchen. Abgesehen davon wussten alle anderen
Dissidenten über die Tiefgarage Bescheid. Sie mieden diesen Raum und betraten
ihn nur im äußersten Notfall. Wenn jemand die Selbstschussanlagen ausgelöst
hatte, dann die Zielperson.
    Zumindest glaubte er das.
    Nein, er hoffte es!
    Zunächst zog er das
Sichtgerät hervor. Diesmal benötigte er es, um die Selbstschussanlagen zu entschärfen.
Hierzu richtete er das Display des Gerätes in den Raum und drückte den
Auslöser. Das sollte genügen, um ihn vor einem Angriff zu schützen.
    Zumindest glaubte er das.
    Doch er wollte nichts
riskieren. Die Selbstschussanlagen blieben auch weiterhin aktiv. Er ging zwar
davon aus, sie würden ihn nun ignorieren, doch zur Sicherheit blieb er dennoch
außerhalb der Feuerbereiche. Das fiel ihm nicht schwer, denn er wusste genau,
auf welchen Pfaden er sich bewegen konnte, ohne in Gefahr zu geraten.
    Er hatte zwei
Selbstschussanlagen umgangen, als er einen Körper am Boden erblickte, genau im
Feuerbereich einer dritten Anlage. Er hielt den Atem an und näherte sich
vorsichtig. Als er von der dritten Anlage keinerlei Geräusche wahrnahm, wagte
er es, an den Körper heranzutreten.
    Er stieß den Toten mit der
Stiefelspitze an und drehte ihn um. Dann atmete er auf. Es handelte sich nicht
um die Zielperson, sondern nur um einen Dissidenten. Offenbar wussten nicht
alle Dissidenten, was sie hier erwartete.
    Dieser Kerl hier trug rote
Kleidung, keine schwarze. Seine Zielperson würde Schwarz tragen. Alle
Zielpersonen trugen Schwarz. Er hatte keine Ahnung, woher er das wusste. Er
wusste es einfach. So war das nun einmal in dieser Welt.
    Doch weswegen hörte er keine
Geräusche von dieser Selbstschussanlage?
    Er pirschte vorwärts, seine
Waffe im Anschlag. Dann sah er die Bescherung. Dabei spürte er, wie das Blut in
seinen Kopf schoss. Jemand hatte die Selbstschussanlage entsorgt. Ein Wunderwerk
der Technik - mit roher Gewalt zerstört. Das ging nicht auf das Konto des toten
Dissidenten dort drüben. Auf keinen Fall!
    Nein, hier war mit
hundertprozentiger Sicherheit eine Schusswaffe im Spiel gewesen, abgefeuert von
jemanden, der verdammt gut damit umgehen konnte. Und das konnte nur seine
Zielperson gewesen sein. Niemand sonst war in der Lage, Schusswaffen mit
solcher Effizienz einzusetzen.
    Nachdem er die
Selbstschussanlage entsorgt hatte, hatte sich dieser Untermensch vermutlich
auch noch die Zeit genommen, einen Freudentanz aufzuführen.
    Er konnte sich seine
Zielperson bildlich vorstellen, wie sie mit verzerrter Fratze von einem Bein
auf das andere sprang und dabei ein munteres Liedchen sang. Ein Kinderlied.
    Diese Vorstellung brachte
ihn noch mehr auf Touren. Doch er kämpfte seine Wut nieder. Er musste sich
beruhigen, einen kühlen Kopf bewahren. Also atmete er mehrmals tief durch und
zwang sich zur Ruhe. Dann setzte er seinen Weg fort.
    Er erreichte eine Zone, in
der er häufig die Richtung wechseln und Umwege nehmen musste. Wäre er weiter
geradeaus marschiert, dann wäre er in ein Labyrinth aus sich überschneidenden
Feuerbereichen der Selbstschussanlagen geraten. So weit ging seine
Risikobereitschaft nicht.
    Irgendwann entdeckte er am
Rande seines Blickfeldes einige Betonbrocken auf dem Boden. Seine Zielperson
war offenbar geradewegs in diese Suppe aus Selbstschussanlagen marschiert und
dort unter Feuer geraten.
    Er pirschte sich so nahe
heran, wie er es wagte. Durch die Einschläge an den Pfeilern und im Boden
konnte er den Weg seiner Zielperson recht gut verfolgen. Er bewegte sich in
einem weiten Bogen um die Gefahrenzone herum und behielt dabei die Trümmerspur
im Auge.
    Schließlich endete die Spur
an einer Wand. Auch diesen Bereich hatten die Selbstschussanlagen unter Feuer
genommen. Er

Weitere Kostenlose Bücher