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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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Seils in sein Gesicht.
    „ Alles klar, komm rauf ."
    Er warf dem Ding noch einen
letzten Blick zu. Es rührte sich noch immer nicht, doch es ließ ein leises
Fauchen hören. Es klang beinahe wie eine Aufforderung.
    Das ließ er sich nicht
zweimal sagen!

Wie ein Korken aus der Flasche
     
    „ Zieh mich hoch, los!"
    Sie schaute nach unten und
konnte nur den Kopf schütteln. Einerseits hätte sie diesen Brocken von einem
Kerl niemals nach oben ziehen können, andererseits schoss der Bursche auch ohne
ihre Hilfe das Seil hinauf wie ein Insekt. Als er das Loch erreichte, trat sie
einen Schritt zurück, um ihm nicht im Weg zu stehen.
    Die Situation erinnerte sie
an eine Geschichte aus der Siedlung: Ein Beschaffer hatte dem Chef eine Flasche
mit besonders seltenem Alk gebracht. Der Chef nannte
dieses Zeug „Bier" - ein bitteres Gebräu mit einer Menge Schaum oben
drauf. Weil der Beschaffer sich beeilen wollte, das Bier abzuliefern, war er
gerannt und hatte die Flasche dabei ordentlich durchgeschüttelt. Genau in dem
Augenblick, als er sie dem Chef in die Hand drücken wollte, war der Verschluss
der Flasche mit einem lauten Knall davon geflogen und die Flasche hatte sich in
einen Springbrunnen verwandelt.
    Der Chef hatte anschließend
erklärt, Bier sei mit Kohlensäure versetzt und hätte durch das Schütteln Druck
aufgebaut. Deswegen sei der Kronkorken von der Flasche geflogen.
    Genau so sah es nun aus, als
der Kerl aus dem Loch geschossen kam - wie ein Korken, der aus einer Flasche
knallte. Nur die anschließende Dusche, die der Chef über sich ergehen lassen
musste, blieb aus.
    Kaum hatte der Kerl wieder
festen Boden unter den Füßen, da versuchte er auch schon, so viel Abstand wie
möglich zwischen sich und das Loch zu bringen. Doch anstatt zu flüchten und
schreiend durch die Halle zu laufen, wie es der letzte Kerl getan hatte, den
sie aus dem Loch gezogen hatte, blieb dieser hier völlig ruhig. Er drehte sich
einfach um, zog seine Kanone aus dem Hosenbund, ging auf ein Knie runter und
zielte auf die Öffnung im Boden.
    Für einen Moment überlegte
sie, die eckige Baby-Glock aus dem Rucksack zu holen - nur für den Fall, dass
ihr der Kerl an die Wäsche gehen wollte.
    Sie vertraute kaum jemand,
wenn man vom Chef einmal absah. Schon gar keinem Fremden mit einer Kanone in
der Hand - und schon gar nicht, nachdem sie zuletzt einen Psycho aus dem Loch
gezogen hatte.
    Doch dann warf sie einen
Blick auf die Augen des Kerls. In diesem Augenblick wusste sie: Dieser Bursche
hier war nicht verrückt. Ein bisschen durch den Wind, sicher, doch keinesfalls
verrückt. In seinem Blick lagen Wachsamkeit, Aufmerksamkeit und eine
Eiseskälte, die sie bislang nur beim Chef gesehen hatte. Dieser Mann würde ihr
keine Chance lassen, eine Waffe auf ihn zu richten. Andererseits würde er auch
nicht verrücktspielen und sie in Gefahr bringen. Zumindest hoffte sie das.
    Bis auf seinen Blick und
sein Verhalten glich er ansonsten ziemlich genau dem Typen, den sie zuletzt aus
dem Loch gezogen hatte: Schwarze Klamotten, kurz rasierte Haare, breite
Schultern, klatschnass und ein Geruch, als sei er geradewegs aus einer jüngst
benutzten Toilette gekrochen.
    „ He, Mädchen. Geh weg von
dem Loch. Na los! Weg vom Loch!"
    Wenigstens sprach er mit
normaler Lautstärke und brüllte sie nicht an. Der letzte Typ hatte beinahe nur
herumgebrüllt. Dieser hier blieb ganz ruhig. Er erhob sich und huschte geduckt
auf sie zu. Sein Gestank ließ sie beinahe in die Knie gehen. Bevor sie
zurückweichen konnte, packte er ihren Arm und versuchte, sie vom Loch weg zu
zerren.
    „ Na los, komm da weg."
    Nein, diesen Gestank hielt
sie nicht aus. Außerdem war sie noch nicht fertig. Also verdrehte sie ihren
Arm, bis sie sich aus seinem Griff gewunden hatte.
    „ Hey Mann, weißt du
eigentlich, wie du stinkst? Lass mich mal los. Ich muss noch das Seil holen,
klar?"
    Der Kerl startete einen
weiteren Versuch sie festzuhalten, doch sie wich einen Schritt zurück. Ein
Detail entging ihr dabei nicht: Der Mann hielt seine Waffe eisern auf das Loch
gerichtet - selbst als er sie gepackt und sie sich losgerissen hatte.
    Er schüttelte seinen Kopf.
„Was musst du? Bist du lebensmüde?"
    Sie wusste nicht, was er
meinte. Deswegen zuckte sie nur mit den Schultern. „Wenn ich das Seil liegen
lasse, wird der Chef sauer. Seile können wir nämlich immer gut gebrauchen.
Davon findet man nicht so viele. Deswegen nehme ich es also besser mit."
Sie ging zu den Überresten des

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