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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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Hieroglyphen, Striche, Pfeile. Er
klappte den Block wieder zu und rief dem Alten hinterher: „Mal ein bisschen
schneller, wenn ich bitten darf. Ansonsten komme ich über die Theke und helfe
mit."
    „ Ja ja ",
maulte der Alte und verschwand wieder zwischen den Regalen. Damit begann das
Geduldspiel von vorne. Obwohl er den Alten mit einer Waffe bedroht hatte,
schien dieser noch immer irgendwelche Machtspielchen spielen zu wollen. Er
überlegte gerade, wie er den Alten für diese Respektlosigkeit bestrafen sollte,
als die Eingangstür nicht nur aufgerissen wurde, sondern buchstäblich in den
Raum hinein explodierte.
    Er ließ sich in einer
fließenden Bewegung auf ein Knie sinken und hob gleichzeitig seine Waffe. Dabei
sah er etwas in den Raum fliegen, das er zunächst für
eine Kanonenkugel hielt. Als er die Kugel anvisierte, entpuppte sie sich als
Liliputaner. Und als er genauer hinschaute, entpuppte sie sich als ein
Liliputaner, der eine Schrotflinte in der Hand hielt. Die Waffe passte perfekt
zu dem Zwerg. Eine Remington 870 Express Magnum, auch bekannt als
„Ninja-Remington". Vorderschaftrepetiergewehr. Gekürzt auf die Länge eines
Unterarmes und mit Griffstücken von Pachmayr versehen. Drei Patronen vom Kaliber 12/76 passten in diesen Wonneproppen - und
der Zwerg zielte damit genau auf seinen Kopf. Glücklicherweise wählte der Zwerg
aber den diplomatischen Weg und redete, bevor er das Feuer eröffnete.
    „ Heiliger Strohsack, hast du
eben geschossen? Du hast doch nicht etwa den Alten Arsch abgeknallt,
oder?"
    Der Chef blickte sich
hektisch um. Wie auf ein Stichwort watschelte der Alte gerade zwischen den
Regalen hervor.
    „ Ach nein, da ist er
ja." Der Chef ließ seine Remington ein kleines Stück sinken.
    „ Das wurd '
aber auch Zeit, dass hier mal jemand kommt und auf den Tisch haut", keifte
der Alte Arsch los und gestikulierte wild. „Da kommt der Bubi da doch einfach
hier rein stolziert und meint, er könnt' mich zum Affen machen. Aber jetzt
kriegst du was vom Chef zu hören. Jetzt wird der dir mal zeigen, wo der Hammer
hängt!"
    Tatsächlich steckte er nun
in Schwierigkeiten. Immerhin hatte er versucht, mit Waffengewalt an die Karten
zu kommen. Das würde ihm der Chef nicht durchgehen lassen. Also würde er den
Zwergen außer Gefecht setzen müssen - und zwar endgültig. Das ließ sich nicht
vermeiden. Leider zielte der Zwerg jedoch gerade mit einer Schrotflinte auf
ihn, was die Angelegenheit unnötig kompliziert machte. Also musste er einen
anderen Ausweg finden. Vielleicht konnte er die beiden gegeneinander
ausspielen.
    Er ließ seine Waffe ein
Stück sinken, damit der Chef nicht auf dumme Gedanken kam. Dann wandte er sich
kurz dem Alten zu. „Ich bekomme gezeigt, wo der Hammer hängt?", sagte er.
„Da wäre ich nicht so sicher. Wie hast du den Chef gerade eben noch genannt?
Einen 'kleinen Miesepeter', wenn ich mich richtig entsinne. Und nun soll dieser
kleine Miesepeter die heißen Kastanien für dich aus dem Feuer holen, oder was?
Also, an seiner Stelle würde ich dir einen Arschtritt verpassen."
    Der Chef ließ wieder dieses
Dieselgeräusch hören. „Wie hat mich der Alte Arsch genannt? Einen Miesepeter?
Mann, das ist ja schon fast ein Kompliment."
    Verdammt, das war in die
Hose gegangen.
    „ Und du, Kleiner?",
fragte der Chef unmittelbar im Anschluss. „Wolltest du uns ein paar Karten
klauen, oder wie darf ich die Sache deuten?"
    Leugnen machte wohl keinen
Sinn. „Schuldig im Sinne der Anklage."
    Der Chef schüttelte seinen Kopf
und ließ die Remington-Flinte sinken. „Meine Pfadfinderin hat mir erzählt, du
hättest sie nach dem Kartenarchiv gefragt. Außerdem hat sie mir erzählt, du
könntest die Karten überhaupt nicht lesen. Kannst du mir verraten, was du mit
den Dingern anfangen wolltest?"
    Er ließ seine Waffe
ebenfalls sinken und zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, ich könnte mir das
irgendwie zusammenreimen. Als ich dann den Opa hier sah, nahm ich an, er könne
mir die Symbole kurz erklären."
    Der Chef lachte erneut auf.
Dann trat er an die Theke heran.  „Es gibt Leute, die arbeiten ihr ganzes
Leben lang mit diesen Karten, ohne jemals alle Symbole kennen zu lernen. Jeder
Kartograph verwendet eine Reihe eigener Kürzel. Nur die Pfadfinder sind richtig
fit, was das Kartenlesen betrifft. Und du willst das ruck zuck lernen? Da
lachen ja die Hühner." Der Chef blätterte aufs Geratewohl die Notizblöcke
durch, die der Alte angeschleppt hatte. „Abgesehen davon: Selbst wenn

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