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Kells Rache: Roman (German Edition)

Kells Rache: Roman (German Edition)

Titel: Kells Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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würde ihm seine Enkelin noch einmal wegnehmen, ohne zuvor über seine Leiche zu treten. Nach ihm ging Myriam. Sie trug ihre warme Winterkleidung, und ihr Gesicht wirkte an diesem eisigen Morgen noch eingefallener. Sie hatte violette und schwarze Ringe unter den Augen, ihr Atem kam keuchend und stoßweise. Hinter ihr folgte Saark, der Myriam misstrauisch im Auge behielt und auf ihre keuchenden, schnellen, vom Krebs gezeichneten Atemzüge lauschte. Er fragte sich, wie viel Zeit ihr wohl tatsächlich noch blieb. Gewiss, sie wollte Silvatal erreichen, aber laut Kell war die Reise dorthin hart und mehr als beschwerlich. Und außerdem konnte Saark einfach nicht begreifen, warum er immer noch bereit war, diese Reise überhaupt zu unternehmen. Kell konnte doch jetzt umkehren. Er hatte Nienna, er hatte das Gegengift. Und selbst wenn er an Myriams Hexerei glaubte, ihre Gabe, ihre angebliche Prophezeiung … wenn er sich von den Schwarzspitzen fernhielt, würde er doch niemals auch nur ein Büschel Fell eines Schneelöwen zu Gesicht bekommen. Wie sollte er dann Nienna durch einen Angriff dieser Tiere verlieren? Es war merkwürdig. Saark nahm sich vor, Kell zu fragen, sobald sich die Gelegenheit ergab.
    Innerhalb einer Stunde hatten sie die Festung Cailleach hinter sich gelassen und ritten durch das schmale Tal, das dahinter begann, durch einen engen Pass, dessen steile Wände hoch aufragten. In dieser Schlucht war es schrecklich dunkel, große Felsbrocken übersäten den Boden. An manchen Stellen lagen ganze Haufen davon herum, über die die kleine Gruppe mühsam klettern musste. Die Pferde mühten sich tapfer, und es erfüllte Saark mit Stolz, dass Mary weit beweglicher war als sie alle, trotz der schweren Last auf ihrem Rücken. Der Esel beschwerte sich nicht, sondern erkletterte willig jeden Hügel lockeren, vereisten Gerölls und stand dann auf seiner Spitze, von der er dann mit vierbeiniger Arroganz auf die verfluchten Menschen herunterstarrte.
    Nach einer Weile ließ Kell anhalten. »Es nützt nichts, die Pferde noch weiter mitzunehmen. Es sei denn, wir wollen sie essen.«
    Die anderen starrten ihn an. »Du darfst ein gutes Pferd doch nicht essen!«, fuhr Saark schließlich hoch. »Was für eine Verschwendung einer so wundervollen Kreatur!«
    Kell knurrte. »Pferdefleisch ist Fleisch, wie alles andere auch. Dieser Weg wird immer tückischer; es ist das Beste, wenn wir sie jetzt freilassen. Sie werden uns schon sehr bald aufhalten. Lassen wir sie jedoch hier frei, besteht vielleicht die Chance, dass wir sie bei unserer Rückkehr noch vorfinden.«
    »Rückkehr?«, meinte Myriam leise und blickte in die Ferne. Dann lächelte sie schmallippig, was ihrem Gesicht das Aussehen eines Totenschädels verlieh. »Vielleicht wollen einige von uns ja gar nicht zurückkehren? Vielleicht finden wir stattdessen das Paradies.«
    »In deinen Träumen, Myriam«, erklärte Saark unfreundlich. Dann schlug er seinem Pferd mit der flachen Hand auf die Flanke und sah zu, wie das Tier rutschend den Pfad hinabtrottete und schließlich ein Stück galoppierte, bevor es zum Stehen kam. Die anderen aus der Gruppe leerten ihre Satteltaschen, dann warf Kell einen vielsagenden Blick auf Mary.
    »Nein«, meinte Saark.
    »Sie wird uns schrecklich nerven.«
    »Unsinn! Mary ist ein ausgezeichnetes Tier, so behände wie eine Ziege und mit dem Mut eines Löwen. Wo ich hingehe, folgt mir Mary.«
    Kell sah ihn scharf an und grinste dann plötzlich. »Gibt es da vielleicht etwas zwischen dir und diesem Maultier, von dem ich nichts weiß?«
    »Mary ist ein Esel. Und sei nicht so grob.«
    »Warum nicht? Du hast doch so gut wie allem beigeschlafen, was existiert.«
    »Ich verbitte mir solche Anzüglichkeiten, Axtmann.«
    »Ach was? Ich habe noch nie eine so zügellose Person erlebt wie dich. Als Nächstes wirst du noch hinter Myriams Rockschößen herjagen!« Er brüllte vor Lachen; offenbar hatte er seinen Humor wieder gefunden. Dann schlug er Saark wohlwollend auf den Rücken. »Jetzt komm, Jungchen. Geh ein Stück mit mir voraus. Ich will mit dir plaudern.«
    Sie gingen weiter, nachdem sie die Pferde freigelassen hatten. Saark führte Mary an einem Strick, den er sich um die Hand gewickelt hatte. Hinter den beiden gingen Nienna und Myriam. Die Frau lächelte das Mädchen an. »Und? Tut das gut? Ist es gut, wieder mit deinem Großvater zusammen zu sein?«
    »Ja. Ich habe ihn schrecklich vermisst. Auch wenn ich wusste, dass er kommen und mich holen würde.«
    »Ich

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