Kells Rache: Roman (German Edition)
Körper gegraben, in ihren Unterleib, und hielten sie fest an Kell gepresst, in einer tödlichen Umarmung. Ihre Reißzähne schimmerten hell. Kell lächelte. »Ich wurde in den Tagen des Blutes geboren!«, knurrte er und stand auf. Tashmaniok erhob sich mit ihm zusammen, sie hatte keine andere Wahl. Das Vachine-Blutöl lief ihr die Beine herunter, dann packte Kell mit seiner freien Hand ihre Kehle und quetschte sie zusammen. Ihr Gesicht war wunderschön und bleich, und der Blick der weit aufgerissenen roten Augen richtete sich in einer Mischung aus Hass und Bewunderung auf Kell. Dann kniff sie sie zusammen, als Kell sie über seinen Kopf hob, während er sie mit Klinge und Hand hielt. Ihr Schwert fiel klappernd zu Boden, und ihr Blut klatschte wie prasselnder Regen auf die Steine. Mit einem brüllenden Schrei schleuderte Kell die Vachine durch die Destillationskammer. Sie prallte von der Wand ab, fiel auf den Boden und landete wie eine Katze auf allen vieren. Wie ein Schemen verschwand sie in die Dunkelheit; sie durchbrach eine Wand mit lautem Krachen von Holz und Poltern von Steinen und rannte in die Nacht hinaus.
Kell taumelte, richtete sich dann auf und holte mehrmals tief Luft. Dann ging er zu Ilanna, sich durchaus bewusst, dass sie ihn erneut gerettet hatte. Irgendwo in seinem Hinterkopf fühlte sich das bitter an, wie ein lange zurückliegender Verrat.
Er hob die gewaltige Streitaxt auf und trat dann zu der Lache mit Tashmanioks Blut. Ihm war klar, wie stark sie war. Sie war einer der stärksten Gegner gewesen, mit denen er je gekämpft hatte, und doch war da noch etwas anderes; etwas Subtileres. Ein Element der Uralten.
»Saark!«, stieß Kell hervor. Er erkannte plötzlich die Gefahr, in der er sich befand, und trat rasch zu den zertrümmerten Balken und Steinen der Wand, die Tashmaniok auf ihrer Flucht in den Schnee zerstört hatte. Kell blickte durch das Loch, und ihm bot sich eine verwirrende Szenerie, wie auf dem Wandteppich eines Albtraums. Männer mit gezückten Schwertern stürmten durch die Straßen. Die Bewohner rannten schreiend vor ihnen weg. Überall schien blankes Chaos ausgebrochen zu sein. Kell kniff die Augen zusammen. Das waren keine Albino-Krieger, keine Eiserne Armee. Dies hier waren Schwarzlippler , unmoralische Kriminelle, nein, Menschen bar jeglicher Moral. Sie hatten einst den Handel von Karakan-Rot in das Vachine-Imperium von Silvatal aufrechterhalten. Das wusste Kell. Aber warum sollten sie dieses Dorf angreifen? Ausgerechnet jetzt?
Ganz einfach: Sie hungerten. Die Eiserne Armee war in das Land eingefallen. Die Machtverhältnisse in der Politik hatten sich verändert. Die Schwarzlippler konnten nicht mehr länger ihrem altvertrauten Handel nachgehen. Und sie waren Kriminelle bis ins Mark, diese Kranken, Ausgestoßenen, Vergifteten. Wieso sollten sie einfach dasitzen und auf eine neue Ernte warten? Lag es nicht viel näher, zu Hunderten vom Schwarzspitz-Massiv herunterzuströmen und sich zu nehmen, was sie brauchten?
Das Feuer fauchte durch die Ortschaft. Funken stoben in den schneeverhangenen Himmel. Auf den Straßen herrschte blankes Chaos. Gewalt stakste kreischend auf eisernen Beinen umher, Pfeile pfiffen durch die Dämmerung und rissen Dorfbewohner von den Füßen, die mit ihren Händen das Gefieder eines Schaftes umklammerten.
Kell drückte sich durch das Loch in der Wand und ignorierte Tashmanioks Fußspuren im Schnee, die von der Siedlung wegführten, in den Wald hinein, in die Wildnis. Ebenso hatte er kein Auge dafür, dass schon nach kurzer Zeit die Blutspuren von ihrer tiefen Wunde aufhörten … stattdessen bewegte Kell sich vorwärts, in das Chaos der Siedlung. Sein Gesicht war grimmig, und die Flammen der Feuer glänzten in seinen Augen. Die Tage des Blutes hallten in seiner Seele wider, wie … ein blutiges Echo.
Saark schrie schrill wie ein Mädchen, als Shannas Reißzähne nach seiner Kehle schnappten. Er trat um sich, wehrte sich, hämmerte seine Fäuste in ihr Gesicht. Aber sie hielt ihn mit einem unglaublich kräftigen Griff umklammert, wie in einem Schraubstock aus Stahl. Plötzlich überkam Saark eine schreckliche Schwäche, er wurde schlaff, unterwürfig, akzeptierte sein Schicksal.
Die Reißzähne berührten seinen Hals. Sie waren unglaublich kalt. Wie Eis.
»Nein«, flüsterte er.
»Doch«, erwiderte sie. Ihr Atem kritzelte seine Haut.
Wie aus weiter Ferne hörte er, wie die Tür zur Kammer geöffnet wurde. Kell!, dachte er triumphierend. Eine
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