Keltengrab: Thriller (German Edition)
O’Hagans Entschlossenheit, sie zu schützen. Sie musste nicht in das Unternehmen hineingezogen werden, sie war von Anfang an dabei gewesen.
Einmal angenommen, ein verärgertes Mitglied dieser geschäftlichen Partnerschaft hatte den Mord, wenn schon nicht selbst begangen, dann zumindest in Auftrag gegeben – vielleicht sogar Traynor zur Begegnung mit dem gedungenen Mörder gelockt. Wer von ihnen könnte es gewesen sein? Offenkundig nicht Muriel; wenn sich Traynor mit einer Frau in Monashee verabredet hatte, wäre also die Äbtissin die Schuldige. Aber abgesehen davon, dass Traynor und sie angeblich Freunde waren, hatte sie auch den Eindruck erweckt, sich nicht unmittelbar mit geschäftlichen Transaktionen zu befassen. Die rechtlichen Einzelheiten sind mehr das Gebiet der Finanzverwalterin als meines …
Schwester Roche, natürlich! Die hatte ich völlig außer Acht gelassen. Vielleicht hatte sie die anderen bei dem Landgeschäft übers Ohr gehauen, um sich selbst zu bereichern, Traynor hatte es herausgefunden und drohte, sie auffliegen zu lassen. Aber wie konnte sie von den Verletzungen wissen, die Mona erlitten hatte? Das war der Haken. Außer … Malcolm Sherry hatte nie erwähnt, mit wem er sich am Tag der Autopsie zum Mittagessen getroffen hatte …
Na, na, Illaun, nun aber mal langsam.
Meine Gedanken waren zu einem führerlosen Zug geworden, der immer mehr Fahrt aufnahm, während ständig neue Theorien wie Bahnhöfe entlang der Strecke aufblitzten. Und es gab nicht den Zipfel eines Beweises, um irgendeine meiner Mutmaßungen zu stützen, nicht einmal dafür, dass die Personen, mit denen ich die Hauptrollen besetzt hatte, tatsächlich Geschäftspartner waren. Am besten, ich überließ die Ermittlungen den zuständigen Experten.
Das Telefon läutete im Flur. Es war Finian, leicht gereizt, weil ich ihn nicht zurückgerufen hatte. Ich erklärte ihm, dass ich ein wenig Zeit für mich brauchte.
»Heißt das, du kommst morgen Abend nicht mit?«
Jocelyn Carews Party! Ich hatte völlig vergessen zuzusagen.
»Tut mir Leid, Finian. Natürlich komme ich mit.«
»Zu spät – das Angebot ist gestern erloschen.«
Ich wusste, er neckte mich nur. »Ich habe es einfach vergessen, bei allem, was vorgefallen ist. Du hast aber nicht daran gedacht, über Nacht in Dublin zu bleiben, oder?« Ich biss mir auf die Lippen. Wieso war mir das jetzt rausgerutscht?
»Nein …«, sagte er und klang leicht verwundert. »Warum sollte ich?«
»Ich dachte nur, wegen Alkohol und so … Es sind immerhin fünfzig Kilometer zu fahren …« Ich wusste, es klang nicht überzeugend.
»Würdest du denn gern in Dublin übernachten?«
Die Sache wurde langsam kompliziert. »Ich kann nicht. Ich muss am nächsten Morgen in aller Frühe in Newgrange sein, ausgeschlafen und gut gelaunt.«
»Verstehe. Damit wäre das ja erledigt. Wir müssen nur noch klären, wann wir aufbrechen.«
Wir unterhielten uns noch eine Weile, dann wünschten wir uns eine gute Nacht. Ich legte auf und fragte mich, wie ich es innerhalb eines kurzen Gesprächs fertig gebracht hatte, zu enthüllen, dass ich mit ihm zusammensein wollte, und eine günstige Gelegenheit dafür zu sabotieren.
Seufzend nahm ich das Essenstablett auf und trug es in die Küche. Ein Windstoß fegte einen Blumentopf aus Plastik draußen vom Fensterbrett und ließ ihn um die Hausecke kullern. In einer solchen Nacht pflegte Horatio zu bellen, weil der Wind seine Fähigkeit beeinträchtigte, echte Gefahren von eingebildeten zu unterscheiden. Aber er war mit meiner Mutter bei Tante Betty.
Ich fühlte mich allein und verletzlich, deshalb machte ich eine Runde durchs Haus, um mich zu vergewissern, dass alle Außentüren abgeschlossen waren. Als ich in den Waschraum kam, kratzte etwas an der Fensterscheibe.
Ich war unfähig, mich zu rühren. Lähmende Angst hielt mich in ihrem eisigen Griff.
Die Tür klapperte. Eine knorrige Silhouette erschien am Fenster, und ihre Klauenhand strich erneut über die Scheibe. Ich erkannte, dass es ein Ast der Glyzine vor dem Haus war, den der Wind gegen die Tür peitschte.
Ich schob den Riegel vor, dann lehnte ich mich keuchend und mit klopfendem Herzen an die Tür.
20. Dezember
24
»Morgen, Illaun. Hast du schon gehört …?«, begrüßte mich Peggy, als ich ins Büro kam. Sie hatte eine Zeitung vor sich auf dem Schreibtisch liegen.
»Das kann man wohl sagen«, erwiderte ich und bemühte mich, ihr so kurz wie möglich von den Ereignissen seit Freitag
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