Keltengrab: Thriller (German Edition)
Meath besaß, nicht weit von dort, wo ich aufwuchs. Denn, so sagte mein Vater im feierlichsten Tonfall, sie verübten einen Dienst, für den alle Christen dankbar sein sollten.«
»Und das war der Orden der heiligen Margareta?«
»Ohne Frage. Und es war ihr Entbindungsheim.«
»Es lag also nicht in der Stadt?«
»Aber nein, wo denken Sie hin. Es musste fernab von neugierigen Blicken sein.«
»Und hat Ihnen Ihr Vater damals gesagt, worum es sich bei diesem Dienst handelte?«
»Das Komische ist, dass es mir nie einfiel, ihn zu fragen. Ich nahm an, sie boten einen diskreten Service zur Wahrung des Rufes, kümmerten sich darum, dass die Früchte sexueller Unbedachtheit zur Adoption kamen und so weiter. Und ich verstand meinen Vater so, dass sie sich auch um unsere Leute kümmerten.«
Das also war es. Der Orden hatte die Wechselfälle von Kirche und Staat unbehelligt überstehen können, weil ihm beide Seiten der religiösen Trennlinie zu Dank verpflichtet waren. Die Reichen waren immer bereit zu zahlen, um häusliche Schwierigkeiten auszubügeln, vor allem jene Krisen, die durch uneheliche Schwangerschaften ausgelöst wurden. An diesem Punkt war die Religion derer, die bei der Vertuschung helfen konnten, ohne Belang. Und im Fall der protestantischen Aristokratie bot es wahrscheinlich sogar einen zusätzlichen Schutz gegen Besitzansprüche, wenn Säuglinge über die katholische Seite weggeschafft wurden, von wo es kaum Hoffnung auf Rechtshilfe gab. Das Schweigen beider Seiten hielt das System am Leben.
»Und mehr wissen Sie wohl nicht über die Nonnen der Grange Abbey?«
»Leider nein. Ich habe nie mehr von ihnen gehört, bis … Sagten Sie Grange Abbey?«
»Ja. So heißt ihre Klosteranlage im Boyne-Tal.«
»Hmm. Ich erinnere mich an den Bericht einer Gruppe, die vor ein paar Jahren gegen die illegale Entsorgung von medizinischem Abfall in der Nähe von Duleek protestierte. Sie befürchteten unter anderem eine Vergiftung des Grundwassers. Aus irgendeinem Grund wurde die Grange Abbey in dem Bericht erwähnt – fragen Sie mich nicht, wieso. Sie müssten mit jemandem vor Ort sprechen. Darf ich fragen, warum Sie Nachforschungen über den Orden anstellen?«
»Letzte Woche wurde auf einem Grundstück, das ihm früher gehörte, eine Leiche gefunden. In der Nähe von Newgrange. Später fand man die Person, an die der Orden das Land verkauft hat, ermordet auf, am selben Ort.«
»Frank Traynor, den Hotelier.«
»Ja. Sie haben offenbar von dem Fall gehört. Als Archäologin bin ich am Erhalt der Fundstätte interessiert, und die Nonnen könnten dabei eventuell etwas mitzureden haben. Aber mich fasziniert auch die Geschichte des Ordens. Sie ist einigermaßen rätselhaft.«
Carew zog mich von einer Traube Menschen weg, die in Hörweite standen. Dann sprach er ruhig und eindringlich. »Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht sehr viel mehr über die Nonnen erzählen. Aber ich würde Ihnen raten, das eine oder andere über die Beziehung zwischen dem verstorbenen Mr. Traynor und Derek Ward auszugraben, wenn Sie mir den Kalauer gestatten.«
»Der Minister?«
»Ja.« Er blickte sich erneut um. »Ward tanzt schon geraume Zeit nach Traynors Pfeife, vor allem, wenn es um Neubewertung von Land geht. Das Verwirrende dabei ist, dass kein sichtbarer Nutzen für Ward erkennbar ist. Kein großes Haus, keine schicken Autos oder kostspieligen Urlaube. Er scheint sauber geblieben zu sein.«
»Oder er hat irgendwo einen dicken Stapel brauner Kuverts liegen, die noch ungeöffnet sind.«
»Als Tourismusminister war er sicher in der Lage, eine Menge Druck auf den County Council von Meath auszuüben, damit sie dieses Hotel von Traynor in Newgrange absegnen. Man muss sich fragen: Ist dabei Geld geflossen? Und wenn ja, war es Traynors Geld? Und ist es nicht merkwürdig, dass Traynor ermordet wird, kaum dass das Thema in die Schlagzeilen gerät? Begann die Sache für Ward ungemütlich zu werden?«
»Sie deuten doch nicht etwa an, dass …«
»Nein. Ich sage nicht, dass Ward persönlich zum Messer griff. Aber es könnte Leute im Gefolge des Ministers gegeben haben, die seine Wünsche à la König Heinrich und Erzbischof Becket interpretierten.«
»Das könnte die Regierung zu Fall bringen«, sagte ich.
»Ja, so ernst könnte die Sache durchaus werden. Andererseits riecht diese Regierung schon so lange nach Korruption, dass sie ihren eigenen Gestank nicht mehr bemerkt. Sie hat nichts unternommen, als …«
»Jocelyn!«
Wir drehten uns um
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