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Keltengrab: Thriller (German Edition)

Keltengrab: Thriller (German Edition)

Titel: Keltengrab: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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weihnachtlichen Schlaflied.
    O Schwestern sagt, was sollen wir tun,
Zu retten dies Kindelein,
Für das wir singen zu dieser Stund,
Heia, heia, schlaf ein.
    Mir war der Text des Liedes bekannt, aber nun kam er mir plötzlich ein wenig sonderbar vor, als würde ich ihn zum ersten Mal hören.
    König Herodes in seiner Wut,
Hat seine Soldaten gesandt,
Zu töten in grausamem Übermut
Alle Kinder in diesem Land.
    Die Ermordung der unschuldigen Kinder, die für mich immer mehr Gegenstand eines Gemäldes gewesen war als reales Ereignis, nahm in meinem Kopf verstörend lebhafte Züge an.
    Wie wird mir weh sein um dich, mein Kind,
Nie wieder kehrt Freude ein
In meinen Tag, in meinen Sinn,
Heia, heia, schlaf ein.
    Die Mutter singt ihr Neugeborenes in den Schlaf, und sie weiß dabei genau, dass ihm ein grauenhaftes Schicksal durch die Soldaten des Herodes bevorsteht.
    Heia, schlaf ein, mein Kindelein
Heia, heia, schlaf ein …
    »Komm Finian, lass uns gehen«, flüsterte ich. Mir wurde zunehmend unbehaglich.
    »Wir sollten uns wenigstens von einem unserer Gastgeber verabschieden«, sagte er und ging auf Edith zu. Aber als er sah, dass sie sich Tränen aus den Augen wischte, verbeugte er sich nur kurz und murmelte im Vorbeigehen einen raschen Dank.
    Als ich mich näherte, setzte Edith ein tapferes Lächeln auf, aber ihre Augen drückten Traurigkeit aus. »Lassen Sie sich nicht stören«, sagte sie, als wir uns die Hände schüttelten. »Das passiert mir jedes Mal bei diesem Lied. Es ist ein Weihnachtslied für die Toten, wissen Sie.«

 
    21. Dezember
     

30
     
    Um halb acht zeigte der morgendliche Himmel über den Redmountains im Südosten eine rosige Färbung. Vögel flitzten vor dem Auto von einer Straßenseite zur anderen. Hinter gelegentlichen Lücken in den Hecken zeichneten sich graue Wiesen und Felder ab, und der Fluss blitzte silbern und rosarot wie der Lachs, der einst seine Wehre verstopft hatte. Zum dritten Mal, seit ich in Castleboyne aufgebrochen war, spielte ich »The Coventry Carol« von einer CD ab, die ich mitgenommen hatte. Immer noch erstaunte es mich, dass ich die bittere Bedeutung des Liedes bis zum gestrigen Moment bei Jocelyn Carew nicht recht wahrgenommen hatte. Finian hatte mir später noch erzählt, dass es aus einem englischen Mysterienspiel stammte, in dem es von den Müttern Bethlehems gesungen wurde. Aber warum beunruhigte es mich so?
    Als ich neben einer Reihe anderer Autos nahe dem Eingang von Newgrange parkte, hingen dichte, von unten beleuchtete Wolkenbänke über der Hügelkette, was erklärte, warum der Sonnenaufgang nicht so strahlend war wie am Vortag. Doch als ich die CD in ihre Hülle packte, reflektierte sie für einen kurzen Moment einen Lichtstrahl, der mir ins Auge stach und mich auf eine Idee für das Zeitschrifteninterview brachte, an das ich bisher kaum einen Gedanken verschwendet hatte.
    Ich stieg aus, ging hinüber zu der winterdürren Hecke und blickte hinab auf die reifbedeckten Felder im Halbdunkel, in denen sich hier und dort Pflugspuren abzeichneten. Es wehte so gut wie kein Wind, aber die Luft war schneidend kalt. Ich machte den Reißverschluss meines Parkas zu, zog meine Handschuhe an und überlegte, ob sich an einem solchen Morgen vor fünftausend Jahren auf den Hängen unter mir und jenseits des Flusses Menschen versammelt hatten.
    Die Terrassen, die der Boyne in Äonen herausgemeißelt hatte, indem er sich tiefer in den Talgrund fraß, bildeten ein riesiges natürliches Amphitheater. Aber vielleicht war diese Seite des Flusses mit den heiligen Tempeln für die Älteren, die Priester oder wer immer die rituellen Handlungen ausführte, reserviert gewesen. Wie also waren sie von einer Flussseite auf die andere gelangt? Mussten sie das überhaupt? Es gab eine Furt ein kleines Stück flussaufwärts, aber die musste im Winter häufig überflutet und unbrauchbar gewesen sein. Die nahe liegende Antwort war natürlich, dass sie Boote benutzten.
    Ich drehte mich um und schaute zu der grasbedeckten Kuppel auf dem Hügel empor. Schon leuchtete die bogenförmige Quarzfassade im spärlichen Licht, und vor dem Eingang hatte sich eine Traube von Menschen versammelt.
    Ein Fahrzeug kam mir entgegen, als ich zu dem Tor ging, das auf das Gelände mit dem Grabhügel führte. Ich erkannte den schwarzen Range Rover erst, als der Fahrer die Scheinwerfer abblendete. Hinter dem Steuer saß Malcolm Sherry, auf dem Beifahrersitz neben ihm eine Frau.
    Sherry winkte mir im Vorbeifahren zu. Ich

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