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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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konnte.
    Wenn sie nur kamen, um diesen mageren Kerl abzuholen, der aussah, als wären Flipper Arme und Beine gewachsen, und das Ganze unbemerkt blieb – nun, dann änderte sich einfach nichts. Aber wenn es stimmte, was dieser – Kelvin? Kelwitt? – erzählt hatte, dass er nämlich ohne Erlaubnis auf der Erde gelandet war und dass sein Volk bis jetzt nicht gewusst hatte, dass die Erde bewohnt war – dann konnte alles Mögliche passieren. Vielleicht wurde der Menschheit der Beitritt zu einer Galaktischen Konföderation angetragen? (Was wurde dann aus Wechselkursen, Devisenspekulationen, dem Dollar und dem Euro?) Vielleicht würde die Erde teilhaben an ihren technischen Errungenschaften, bald über unerschöpfliche Energiequellen verfügen und den Hunger in der Welt ausrotten? (Was wurde dann aus seinen Kontrakten an der Warenterminbörse, den Weizen-Futures, den Schweinebauch-Calls?) Vielleicht würden die Außerirdischen in einem raschen Schlag alle Atomwaffenarsenale neutralisieren? (Was wurde dann aus den militärischen Allianzen? Welche Staaten würden sich gegen ihre Nachbarn erheben? Welche Auswirkungen würde das auf seine Aktien haben?)
    Dass die Außerirdischen auf die Idee kommen könnten, die ganze Erde samt ihren Bewohnern aus dem Universum zu bomben, hielt er nicht für sehr wahrscheinlich. Selbst wenn, war es müßig, für einen solchen Fall irgendwelche Pläne zu schmieden. Aber vielleicht kamen sie auf die Idee, die Erde zu kolonisieren? Welche Veränderungen das nach sich ziehen würde, war kaum abzusehen.
    Es war zum Heulen. Da hatte er eine Sensation in der Hand und konnte nichts damit anfangen.
    Spät in der Nacht waren ihm dann, reichlich gefrustet, die eher grimmigeren Ideen gekommen. Kelwitt zu entführen und an den Meistbietenden zu verkaufen etwa. Aber da kannte er sich wieder zu wenig aus. Wer würde für einen Außerirdischen Geld bezahlen? Hollywood? Pharmakonzerne? Was war mit dem rechtlichen Aspekt? War die Entführung eines Außerirdischen strafbar? Vermutlich. Und es war ja auch nicht auszuschließen, dass seine Artgenossen ihn trotzdem aufspürten, und was würde dann geschehen? Am Ende landete er in einem Zoo auf deren Heimatplaneten. Oder in einem ihrer Spezialitätenrestaurants, als Spezialität. Er stemmte sich missmutig in die Höhe und schlurfte in die Küche, um sich einen Kaffee aufzubrühen. Seltsam, wie normal ihm das alles vorgekommen war. Das kam wahrscheinlich von den vielen Filmen, die man schon gesehen hatte. Irgendwie war dieser Kelwitt allerdings eine nicht unsympathische Erscheinung gewesen, sehr fremdartig zwar auf den ersten Blick, aber auf eigenartige Weise auch gut aussehend.
    Vielleicht konnte er sein Manager werden? Wenn überhaupt irgendwo, dann konnte es Kelwitt im Showgeschäft zu etwas bringen. Zwar würde er mit diesem silbrigen Übersetzungscomputer auf der Schulter kaum irgendwelche Schallplatten besingen, aber vielleicht hatte er Talent zum Schauspieler? Selbst ohne Talent war er sicher für gutes Geld in Filmproduktionen unterzubringen. Oder er konnte bei einem dieser Musikvideokanäle die aktuellen Hits ansagen und im Handumdrehen zum Idol der Teenager werden.
    Und für all das würde er einen Manager brauchen, einen gewieften, knallharten Geschäftsmann. Einen wie ihn, Lothar Schiefer.
    Auf halbem Weg zwischen Küchenbord und seinem Mund hielt die Kaffeetasse an wie von selbst.
    Etwas in ihm fühlte sich an wie ein Videorekorder, der den Ablauf seiner Gedanken ein Stück zurückspulte und noch mal langsam ablaufen ließ.
    Er musste die Kaffeetasse wieder abstellen und sich auf den nächsten Stuhl setzen, weil seine Beine zu zittern anfingen, als er die Idee begriff und was sie bedeutete.
    Die Schulterspange!
    Der Übersetzungscomputer!
    Es gab auf der Erde Tausende verschiedener Sprachen, und die Übersetzung von einer in die andere beschäftigte Hunderttausende von Übersetzern und Dolmetschern und verschlang Unsummen. In großen multinationalen Organisationen und Konzernen stellte die Sprachvielfalt ein ständiges Hindernis dar. Und auch nach Jahrzehnten der Forschung war die maschinelle Übersetzung ein ungelöstes Problem. Wenn es ihm, Lothar Schiefer, gelang, sich in den Besitz von Kelwitts Schulterspangencomputer zu bringen, dann hatte er die Chance, dieses Gerät von Fachleuten untersuchen und nachbauen zu lassen. Und wenn ihm das gelang, dann war er der König der Welt, bildlich gesprochen. Dann konnte er den gesamten Markt der Übersetzung

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