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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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vorgestellt. Ein Raumschiff, das in all seiner glänzenden Pracht inmitten einer großen, freien Ebene stand. Ein Sternfahrer, der stolz hinaustrat, um erhobenen Hauptes auf einen unberührten Horizont zu schauen. Ganz bestimmt hatte er sich nicht vorgestellt, sich durch einen Berg undefinierbaren Materials ins Freie zu wühlen. Aber das war es wohl, worauf es hinauslief.
    In diesem Moment hörte er Geräusche durch das braune Zeugs hindurch, gedämpft zwar, aber unzweifelhaft vorhanden. Scharren, Kratzen, tiefe, grollende Laute. Als sammelten sich unheimliche Tiere um ein Beutestück.
    Vielleicht war es besser, die Luke wieder zu schließen.
    Im nächsten Augenblick kam Bewegung in das Gestrüpp der dünnen, braungrünen Borsten. Es raschelte, wogte, bröckelte und rieselte herein. Kelwitt stieß unwillkürlich einen Schrei aus und langte nach der metallenen Abdeckung. Als hätte man seinen Schrei gehört, verstärkte sich das Wühlen und Kratzen auf der anderen Seite des Borstenhaufens.
    Ganz bestimmt war es besser, die Luke wieder zu schließen. Bloß schien der Deckel nicht mehr zu passen. Oder die Verschlüsse hatten sich verändert. Kelwitt schaffte es nicht, die Öffnung wieder zu verriegeln, und schließlich glitt ihm die schwere Abdeckung aus den Händen.
    Da wurde plötzlich das kratzige Hindernis weggerissen, und Kelwitt sah in das flache, bleiche Gesicht eines Planetenbewohners.
    Geheimagent Hermann Hase erreichte Blaukirch und fuhr zuerst einmal auf der anderen Seite wieder hinaus, weil er nicht damit gerechnet hatte, dass der Ort so klein sein könnte. Er wendete und fuhr die zweieinhalb Straßen des Weilers ab, auf denen nichts los war, abgesehen von einer alten Frau, die in einem winzigen Gärtlein Kräuter pflückte, und zwei kleinen Mädchen mit großen Schulranzen, die, in todernste Gespräche vertieft, auf einer Mauer hockten. Anders als der Name vermuten ließ, gab es überhaupt keine Kirche in Blaukirch, nur einen alten Brunnen an der einzigen Kreuzung im Ort und daneben ein düsteres Wirtshaus, das »Am Brunnen« hieß und ihn aus dunklen, blinden Fenstern zu beobachten schien, wie er seinen Wagen davor parkte. Hase rang kurz mit sich, ob es an diesem friedlichen, weltabgeschiedenen Flecken Erde notwendig war, das Auto abzuschließen, aber die melancholisch dreinblickenden Fensterläden ließen ihn dann doch zum Schlüssel greifen und das ganze Arsenal an Wegfahrsperren, ultraschallgesteuerten Bewegungsmeldern und Alarmanlagen in Bereitschaft setzen.
    Das Wirtshaus hatte geschlossen, was kurz nach zwölf Uhr zumindest merkwürdig war. Ein kleiner Junge, der auf der Treppe saß und Star-Wars-Figuren auf seinem Schulranzen paradieren ließ, sah zu ihm hoch und fragte: »Sind Sie der Tierarzt?«
    »Tierarzt?«, schüttelte Hase unwillig den Kopf. »Nein, ich bin kein Tierarzt.« Er sah sich um, blinzelte zum Himmel hinauf. Von dem Kondensstreifen war so gut wie nichts mehr zu sehen. Das fade, schleimige Grau des Himmels schien ihn aufgesogen zu haben.
    »Mama und Papa sind nur kurz weggegangen«, erzählte der Junge weiter. »Ich muss hier auf den Tierarzt warten, wegen unserer kranken Sau.«
    »So, so«, erwiderte Hase. »Ganz allein.«
    »Wir haben früher ausgehabt. Weil Weihnachtsferien sind.«
    »Schön, schön.« Ihm fiel ein, dass er genauso gut den Jungen fragen konnte. »Sag mal, hast du zufällig gesehen, wie hier in der Gegend etwas vom Himmel gefallen ist?«
    »Was Großes?«, fragte der Junge zurück.
    »Ja, kann sein.«
    »So was wie ein Flugzeug?«
    »Ja, genau. So was wie ein Flugzeug. Hast du so was gesehen?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Der Geheimagent verdrehte die Augen. Diese kleine Pestbazille! Am liebsten hätte er ihm eine geschmiert.
    »Aber der Birnbauer Anton«, fuhr der Junge fort, »der hat es gesehen.«
    »Ach Gott!«, rief die Frau vom Brunnenwirt aus. »Ach Gott, ist der süß!«
    »Was red’st du da?«, knurrte ihr Mann. »Süß? Was ist an dem süß? Was ist das überhaupt für ein Viech?«
    Sie packte ihn am Arm. »Komm weiter zurück. Der muss ja Angst vor dir haben.«
    »Ihr müsst ihn einfangen!«, rief der Birnbauer Anton mit einem verbissenen Blick im Gesicht. »Nicht, dass er euch abhaut!«
    »Der Anton hat recht. Haut mir das Dach zusammen und springt mir am End’ davon …«
    »Jetzt red keinen Blödsinn und geh einen Schritt zurück, damit er ganz rauskommt.« Ihr Griff um seinen Arm gab nicht nach, und so trat der Brunnenwirt

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