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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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    Der Ranghöhere schien etwas dagegen zu haben, dass er stehen blieb. Kelwitt beeilte sich, ihm zu einem großen vierrädrigen Transportgefährt zu folgen und durch die Luke, die ihm der Planetenbewohner öffnete, einzusteigen.
    Zu Kelwitts nicht geringem Entsetzen war der Sitz, den er einnehmen musste, geradezu übelkeitserregend weich und nachgiebig! Großes Universum, setzten sich diese Wesen wahrhaftig nieder auf etwas, das sich anfühlte, als säße man einem Riesengluhm direkt im Maul? Aber er musste sich wohl den hiesigen Gebräuchen anpassen, und so versuchte er, sich nichts anmerken zu lassen.
    Der Ranghohe legte ihm einen Haltegurt an und schloss die Luke, um kurz darauf durch eine Luke auf der anderen Seite ebenfalls einzusteigen, auf einen Sitz direkt an den Steuerungselementen.
    Kelwitt wurde ganz anders, als der Planetenbewohner das Triebwerk startete und das Transportgefährt schlingernd und rüttelnd in Bewegung kam, eine Bewegung, die das Gefühl, auf dem gierigen, saugenden Maul eines Riesengluhms zu sitzen, noch verstärkte.
    Es wurde besser, als sie eine steinerne Fahrstraße erreichten.
    Weit und breit war kein weiteres Transportgefährt zu sehen. Der Planetenbewohner wackelte auf seinem eigenen Sitz, der offenbar genauso labbrig und nachgiebig war wie der Kelwitts, hin und her und gab die dumpfen, grollenden Laute seiner Sprache von sich.
    Ob das so klug gewesen war, mit diesem Wesen mitzugehen? Wohin brachte es ihn? Kelwitt überlegte, ob er es wagen konnte, das Buch Mu’atis hervorzuziehen – er sehnte sich danach, die Deutung all der Dinge, die ihm bis jetzt widerfahren waren, zu erfahren. Wenn ihm nur nicht so unwohl gewesen wäre …
    Da, an einer Einmündung in eine andere steinerne Fahrstraße, änderte der Ranghohe ruckartig die Fahrtrichtung. Das Transportgefährt neigte sich heftig auf die Seite. Das Gefühl, von einem Riesengluhm verschluckt zu werden, wurde übermächtig. Kelwitt schrie unwillkürlich auf …
    Die ultraschallgesteuerten Bewegungsmelder der Alarmanlage, von einem noch nie da gewesenen Impuls getroffen, gaben noch nie da gewesene Werte an den zentralen Steuerungscomputer weiter, der daraufhin in wilder Folge die Verriegelung aller Türen öffnete, schloss und wieder öffnete, die Blinklichter reihum in Betrieb setzte, die Hupe auslöste und schließlich, in voller Fahrt, die Wegfahrsperre aktivierte. Der Wagen schlidderte mit blockierten Reifen, unlenkbar geworden, dahin, kam von der Fahrbahn ab, rutschte eine kleine Böschung hinab, riss ein Schild, das auf eine dreieinhalb Kilometer entfernte Niederlassung einer bekannten Schnellrestaurantkette hinwies, mit sich, und fing an, sich zu überschlagen.
    Nein, er explodierte nicht. Das tun Autos nur in schlechten Fernsehfilmen. Das Fahrzeug kam am unteren Ende der Böschung auf dem Dach zu liegen, reichlich zerknautscht und mit immer noch laufendem Motor. Geheimagent Hermann Hase, der, wie üblich, mal wieder nicht angeschnallt war, hatte sich den Kopf an mehreren harten Stellen im Fahrzeuginnenraum angeschlagen und war bewusstlos.

6
    Das Schweigen lastete auf ihnen wie ein schweres Gewicht, während sie fuhren. Vater Mattek starrte auf die Straße, das Lenkrad fest umklammernd, und mahlte mit den Zähnen. Tochter Mattek hockte ganz rechts außen auf dem Beifahrersitz, die Beine angezogen, düster vor sich hinblickend in Erwartung der väterlichen Standpauke, die da kommen würde.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, sagte Mattek schließlich. Das stand eine Weile so im Raum, und nichts geschah.
    Sabrina reagierte nicht.
    »Ein Junge hat sich deinetwegen beinahe das Leben genommen. Ist dir das ganz egal?«
    Sabrinas Augen quollen plötzlich fast aus den Höhlen.
    »Hat er dir das erzählt?«, platzte sie heraus. »Hat dir der blöde Rex das erzählt?«
    »Ja, allerdings. Dass einer deiner Mitschüler einen Selbstmordversuch unternommen hat, nachdem du mit ihm Schluss gemacht hast.«
    »Ich glaub’s nicht! Ich glaub’s einfach nicht!« Die Empörung schüttelte sie regelrecht.
    »Was erwartest du? Hätte er es mir verschweigen sollen?« Mattek seufzte. »Sabrina – ich weiß wirklich nicht mehr, was ich mit dir noch machen soll.«
    »Ich wollte, er hätte sich umgebracht.«
    »Sabrina!«
    »Dieser Idiot.«
    »Das ist wirklich das Herzloseste, Gemeinste und …«
    »Darf ich auch mal etwas dazu sagen?«, begehrte sie auf. »Was dir der Blödarsch von Rektor nämlich nicht gesagt hat, obwohl er es genau weiß,

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