Kelwitts Stern
wehrlosen Außerirdischen machen?«
Nun wechselten sie ziemlich beunruhigte Blicke. Sabrina musterte Kelwitt sorgenvoll und fragte sich, wie viel er von der Diskussion hier mitbekommen mochte.
»Naja«, meinte Mattek schließlich zögernd. »Ich kann in meinem Haus schließlich zu Gast haben, wen ich will. Und ich muss mir keinen Ausweis zeigen lassen. Ich denke, es ist am besten, er bleibt erst einmal hier … und wir denken heute Abend noch mal in Ruhe über alles nach.«
»Er kann das Gästezimmer haben«, erklärte Mutter. »Ich meine, falls er überhaupt … schläft, oder was weiß ich …«
Sabrina machte, dass sie mit Kelwitt davonkam, ehe es sich jemand anders überlegte. Sie schnappte sich Kelwitt – war das ein eigenartiges Gefühl, diese schmalen Hände zu halten, diese Finger, die sich anfühlten wie kalte Makkaroni! – und zog ihn hinter sich die Treppe hoch. »Ich zeige dir das Gästezimmer«, erklärte sie dabei lauter, als es hätte sein müssen. »Dort kannst du es dir gemütlich machen, schlafen, wenn du müde bist … Weißt du, was das ist, schlafen? Müsst ihr auch schlafen?«
»Schlafen«, wiederholte das schmächtige Wesen. »Ja. schlafen ist notwendig. In zeitlichen Abständen.« So ganz hatte er es noch nicht raus, schien ihr. Abgesehen davon, dass sich das Übersetzungsgerät einen schwäbischen Akzent angeeignet hatte, der sie fatal an das Idiom erinnerte, das in der Gegend um Schloss Tiefenwart gesprochen wurde.
»Also, das kannst du dir merken, oder? Die Treppe herauf und dann diesen Gang entlang. In der anderen Richtung geht es auf die Dachterrasse, dort solltest du dich besser nicht blicken lassen. Das da ist mein Zimmer, das ist Thilos Zimmer – Thilo ist mein Bruder, aber mal wieder nicht da, typisch –, und hier ganz am Ende ist das Gästezimmer.« Sie stieß die Tür auf und musste erst einmal den Atem anhalten. Das Zimmer war bestimmt seit den Anfängen der bemannten Raumfahrt nicht mehr gelüftet worden. Sie riss die Fensterflügel weit auf, auch wenn dadurch kalte Luft hereinkam.
»Gästezimmer«, wiederholte Kelwitt und machte eine seiner faszinierend geschmeidigen Gesten, die so wirkte, als nehme er das Zimmer dadurch gewissermaßen in Besitz.
»Sogar mit eigenem Bad«, nickte Sabrina und öffnete die schmale Tür zum Gästebad, in banger Erwartung weiterer peinlicher Entdeckungen. Aber im Bad war alles in Ordnung. »Siehst du? Ein Waschhecken, ein Klo – keine Ahnung, ob du damit etwas anfangen kannst –, eine Badewanne. Das sind Wasserhähne. Man dreht sie einfach auf, so – und es kommt Wasser heraus, siehst du? Ich schätze, du wirst eine Menge Wasser brauchen, wenn du deinen Anzug immer nass halten musst, oder? Ach, und du musst auf diese farbigen Punkte hier achten. Der Hahn mit dem blauen Punkt ist für kaltes Wasser, der mit dem roten Punkt für heißes. Verstanden? Ich rede zu schnell, oder?«
»Du redest schnell«, nickte Kelwitt ernsthaft. »Aber ich habe verstanden. Blau – kaltes Wasser. Rot – heißes Wasser.«
»Richtig.« Sie sah das fremdartige Wesen an, das da neben ihr stand und die Wasserhähne sinnend betrachtete. Kelwitt war fast auf den Zentimeter genau so groß wie sie, stellte sie fest. Und am liebsten hätte sie ihn gedrückt und geknuddelt, aber das traute sie sich nicht. Am Ende war das eine tödliche Beleidigung, und sie löste damit einen interstellaren Krieg aus oder so was. »Du findest dich ziemlich gut zurecht, was?«
Kelwitt brauchte, wie immer, eine ganze Weile. »Ich weiß nicht. Es ist sehr … fremd.«
»Na ja, das geht uns mit dir genauso, weißt du?«
»Vermutung ja«, erklärte Kelwitt und machte eine Geste mit der Hand, die er schon öfter gemacht hatte.
Sabrina sah ihn an und ahmte die Geste nach. »Was bedeutet das, wenn du so machst? Heißt das ›Ja‹?«
Kelwitt wiederholte die Geste, bei der seine rechte Hand sich ein kurzes Stück vor der Brust aufwärts bewegte, um sich dann mit einer gleitenden Bewegung, an der vor allem seine unglaublich beweglichen Finger beteiligt waren, nach vorn wegzudrehen. »Das bedeutet Zustimmung«, bestätigte er.
»Aha. Wir auf der Erde nicken in solchen Fällen. Das ist eine Bewegung mit dem Kopf, siehst du? Das nennt man nicken. Das bedeutet bei uns Zustimmung.«
»Nicken.« Kelwitt versuchte es. Sein Kopf schien nicht so beweglich zu sein wie der eines Erdenmenschen, aber er brachte trotzdem ein ganz passables Kopfnicken zustande.
»Gut!«, freute sich Sabrina. »Du
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