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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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machst das gut.«
    »Was bedeutet ›aufschneiden‹?«, wollte Kelwitt wissen.
    »Aufschneiden?« Ups! Sabrina schnappte einen Moment nach Luft. »Das, ähm …« Was sollte sie ihm jetzt sagen? Hätte sie doch nur nicht davon angefangen. Wer hätte ahnen können, dass er so schnell dazulernte? »Das ist ziemlich kompliziert. Ich erkläre es dir morgen, einverstanden?«
    »Gut«, nickte Kelwitt zufrieden.
    »Du kommst wahrscheinlich ziemlich viel herum im Weltall, was?«, beeilte Sabrina sich zu fragen, um von dem heiklen Thema abzulenken.
    Kelwitt nickte zwar, sagte aber: »Nein. Erstes fort von zu Hause.«
    »Nein, nein, wenn du nicht zustimmst, dann darfst du nicht nicken. Wenn wir ›Nein‹ meinen, dann schütteln wir den Kopf. Siehst du, so.«
    Kelwitt schüttelte gehorsam den Kopf. »Schütteln den Kopf. Bedeutet ›Nein‹.«
    »Und du bist wirklich das erste Mal unterwegs?«
    Kelwitt nickte. »Ja.«
    »Und gleich hier gelandet?«
    Kelwitt schien das nicht zu hören. Er sah sie an aus seinen großen, dunklen, lidlosen Augen, die wie kleine Glaskuppeln wirkten in seinem spitz zulaufenden Gesicht, sah sie eine ganze geheimnisvolle Weile an, ohne etwas zu sagen. Und Sabrina hielt still, betrachtete ihn und konnte sich nur mühsam beherrschen, ihn anzufassen.
    Dann war der Moment vorüber. Der schmale Außerirdische wandte den Kopf, sah die Badewanne an und sagte: »Ich bin jetzt sehr müde. Zeit zu schlafen sollte bald sein.«
    »Schlafen«, echote Sabrina, der war, als erwache sie aus einem kurzen Traum. »Schlafen, ja klar.« Es war zwar erst heller Nachmittag, aber Kelwitt war von seinem Heimatplaneten bestimmt einen anderen Zeitablauf gewöhnt, als er ihn hier vorfand. Er litt an einem interstellaren Jet lag, sozusagen. »Ich zeig’ dir dein Bett. Wir sollten vielleicht noch überlegen, wie du das mit deinem feuchten Anzug machst … musst du den auch tragen, wenn du schläfst?«
    Das mit dem Bett war die Show. Kelwitt setzte sich darauf und sprang sofort wieder auf, als habe ihn etwas gebissen. »Nein«, rief er aus und schüttelte heftig den Kopf. »Keine Zustimmung!«
    »Was? Was ist denn mit dem Bett?« Sie setzte sich selbst darauf. »Es ist bequem, glaub mir. Ich hab hier auch schon geschlafen. Es ist schön weich.«
    »Nein«, beharrte Kelwitt. Er schüttelte noch einmal den Kopf, setzte zur Sicherheit etwas hinterher, was wahrscheinlich seine eigene Variante einer ablehnenden Geste war, und ging dann zurück ins Badezimmer. Dort kletterte er in die Badewanne und begann, Wasser einlaufen zu lassen.
    Sabrina beobachtete ihn verwundert. Wollte er ein Bad nehmen, ehe er schlafen ging? Seltsam, dass er dazu seinen Anzug anbehielt. Sie stand auf und folgte ihm ins Bad.
    Zu ihrer Verblüffung drehte er das Wasser schon wieder ab, obwohl ihm der Wasserspiegel kaum bis über die Hüfte reichte, und lehnte sich zurück.
    »Du willst doch nicht etwa in der Badewanne schlafen?« wunderte sie sich.
    »Sehr bequem«, meinte Kelwitt. »Zeit zu schlafen jetzt.«
    »In der Badewanne?«
    »Badewanne sehr bequem. Schön weich.«
    Fasziniert verfolgte Sabrina, wie Kelwitt einschlief. Nicht einmal jetzt schlossen sich seine Augen, sondern sie verfärbten sich. Die Öffnung auf seinem Scheitel, durch die er atmete, entspannte sich und nahm eine weiche, ovale Form an, das Schwarz seiner Augen wurde nach und nach zu einem milchigen Weiß, und so lag er dann da, der Außerirdische, in der Gästebadewanne im Hause Mattek.
    »Gute Nacht«, sagte Sabrina leise. Wahrscheinlich hörte er sie schon nicht mehr. »Träum was Schönes.«
    Einen Vorteil hat es, wenn man ganz überraschend einen Außerirdischen mit nach Hause bringt: Die Schule ist plötzlich kein Thema mehr.
    Vater Mattek schenkte einen Schnaps aus, sogar seiner Tochter, ohne groß darüber nachzudenken. »Auf jeden Fall muss ich morgen wieder in die Firma«, erklärte er dazu. »Es geht nicht, dass der Chef fehlt, wenn alle anderen ackern wie die Pferde.« Dann hockten sie zu dritt um den Couchtisch herum und kauten alle Argumente noch einmal durch. Was allerdings nicht viel brachte.
    »Er schläft wirklich in der Badewanne?« Sabrinas Mutter konnte es nicht fassen.
    »Mit zwei Handbreit kaltem Wasser drin«, nickte Sabrina.
    Mutter schüttelte den Kopf. »Sachen gibt’s.«
    Als Sabrina an diesem Abend selber ins Bett ging, war sie so aufgekratzt, dass sie kaum einschlafen konnte. Allmählich dämmerte ihr, in was für ein abgefahrenes Abenteuer sie da

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