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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Aufzeichnungen, ein differenziertes Geflecht von Begriffssymbolen, Vernetzungszeichen, Beziehungslinien und Akzentfarben.
    Das meiste blieb allerdings unverständlich. Es wimmelte von Auslassungszeichen. Er blätterte vorsichtig ein wenig in dem Buch, doch die Reihenfolge der Erläuterungen darin beruhte auf einem undurchschaubaren System: Nach der Beschreibung einer Pflanze kam die Erläuterung eines physikalischen Begriffs, dem wiederum ein geschichtliches Traktat über eine bestimmte Epoche folgte, und so weiter. Der Zusammenhang zwischen den einzelnen Abschnitten blieb Kelwitt verborgen.
    Doch die beiden Erdbewohner schienen, soweit er das ihrer Gestik und ihren Äußerungen entnehmen konnte, ziemlich angetan davon, dass er ihr Buch lesen konnte, nachdem er es durch das Vorlesen eines winzigen Abschnittes über das Sehorgan der Erdbewohner unter Beweis gestellt hatte.
    Doch auch die Seiten des Buches waren aus feuchtigkeitsabsorbierendem Material gefertigt, was naturgemäß dazu führte, dass er feuchte Flecken darauf verursachte, wenn er sie berührte. Das wiederum schien die beiden zu beunruhigen, und schließlich sprang der andere Erdbewohner namens Tiilo auf, öffnete eine der Klappen der Aufbewahrungseinheiten entlang der Wand und kehrte mit zwei weichen, aus einem glatten, elastischen Material von grellgelber Farbe gefertigten Handüberziehern zurück. Eine Schutzmaßnahme offenbar. Es war nicht so einfach, damit zurechtzukommen – sie waren zu breit, die überzähligen Ausstülpungen störten, und er verlor fast alles Gefühl in den Fingern –, aber dafür wurden die Buchseiten nicht mehr feucht, und nun ließen sie ihn nach Herzenslust in dem Buch blättern, das so etwas wie eine Einführung in grundlegende Wissensbereiche der Erdbewohner zu sein schien.
    Sehr interessant, wie er nach einer Weile feststellte, wenngleich ihm das Ordnungsprinzip nach wie vor verborgen blieb. Es war mehr Zufall, wenn er hier und da auf brauchbare Informationen stieß. Die Bewohner dieser Welt, erfuhr er, nannten ihren Planeten »Erde« und ihre Sonne »Sonne«.
    »Ziemlich typisch für isolierte Kulturen«, kommentierte Tik diese Stelle. »Der Begriff ›Erde‹ bezeichnet sowohl den Planeten als auch die oberste Bodenschicht. Der Begriff ›Sonne‹ ist sowohl Gattungsbegriff als auch Eigenname der eigenen Sonne, gerade so, als gäbe es keine anderen Sonnen im Universum. Die anderen Sonnen bezeichnet man als ›Sterne‹, obwohl man weiß, dass es Sonnen sind – weil man noch nie eine andere Sonne als die eigene aus der Nähe gesehen hat.« Zu dem war der Planet überaus dicht besiedelt. Selbst in den unwirtlichsten Gegenden drängten sich Millionen von Erdbewohnern, unterteilt überdies in verschiedene Gruppen, sogenannte »Staaten«, in denen sogar verschiedene Sprachen gesprochen wurden.
    Immer wieder tauchten zwei Begriffe auf, die weder Kelwitt noch Tik zu erklären wussten: »Mann« und »Frau«.
    »Die Begriffe werden in einer Weise gebraucht, als gäbe es zwei grundlegend verschiedene Arten von Erdbewohnern«, erklärte Tik, und für einen Computer klang er erstaunlich nachdenklich. »In dem Sinne, dass jeder eines von beiden ist, keiner aber beides.«
    Kelwitt musste an den vierbeinigen Planetenbewohner denken, der vor ihm geflüchtet war. Zwischen ihm und den zweibeinigen Planetenbewohnern schien es eine Verbindung gegeben zu haben. »Das muss ich herausfinden«, meinte er.
    Nach einer Weile wurde das Verschlussloch der Höhle geöffnet, und der Erdbewohner kam zurück, den die anderen am Tag zuvor Muutr genannt hatten, der aber, wie er einer Erklärung S’briinas entnommen hatte, mit vollem Namen offenbar Unsremuutr hieß. Unsremuutr trug zwei Stofftragebeutel mit einer verwirrenden Vielzahl von Gegenständen herein, die von den drei Erdbewohnern in einer gemeinschaftlichen Aktion rasch in den verschiedenen
    Aufbewahrungsfächern verstaut wurden. Den Unterhaltungen zufolge schien es sich bei den meisten der Gegenstände um Nahrungsmittel zu handeln.
    Unsremuutr warf immer wieder einen kurzen Blick in Kelwitts Richtung, den dieser nicht so recht zu deuten wusste. Vorsichtshalber entbot er noch einmal den Gruß zum Tagesbeginn, ungeachtet der Tatsache, dass der Tag auf diesem Planeten ja längst begonnen hatte.
    »Tik, ist der Tag auf der Erde eigentlich kürzer als ein Jombuur-Tag?«, fiel ihm ein.
    »Ja, geringfügig.«
    »Wie viele Erdtage werden vergehen, bis das Sternenschiff kommt?«
    »Den heutigen

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