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Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Titel: Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Hand und ein Lächeln auf dem gebräunten und mediterran anmutenden Gesicht. Deutete auf die Waggontür, über die er ins Freie gelangt war, und besaß die Dreistigkeit, den versiegelten braunen Umschlag, auf den demnächst die halbe CIA Jagd machen würde, aus dem Jackett zu ziehen und ihn seinem einstigen Mentor wie einen Köder darzubieten.
    So selbstsicher und siegesgewiss, dass ein alter Fuchs namens Jim Brannigan erst gar nicht den Versuch machte, sich an seine Fersen zu heften.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

VIER
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    ›Hatte irgendein amerikanischer Geheimdienst glaubwürdige Vorausinformationen über die bevorstehende Grenzschließung besessen? Wenn der Kreis der Eingeweihten erst am Freitag, dem 11. August, erweitert wurde und die Aktion erst am Samstagnachmittag anlief, muss die Antwort nein lauten.‹
     
    (Aus: George Bailey / Sergej A. Kondraschow / David E. Murphy: Die unsichtbare Front. Der Krieg der Geheimdienste im geteilten Berlin. Berlin 2000, S. 435)

ZAREWITSCH
    Berlin / Hyannis Port,
    USA / Wünsdorf,
    Mark Brandenburg
     
    (12.08.1961)
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

7
    Berlin-Wannsee, Strandbad | 14.50 h
     
    Am Wochenende dienstfrei, stahlblauer Himmel und ein Panorama, wie es schöner nicht hätte sein können. Die bewaldeten Höhen jenseits der Havel, über deren Wipfel eine leichte Brise strich, der Wannsee, auf dem ein halbes Dutzend Segelboote und eine Motorjacht kreuzten, die sanften, im feinkörnigen Sand verebbenden Wellen und der Geruch von gebratenen Buletten in der Luft. Die Weiße mit Schuss, deren Geschmack er sich gerade auf der Zunge zergehen ließ, nicht zu vergessen.
    Und Lea, die ihm gerade den Rücken eincremte.
    So konnte man es wirklich aushalten.
    Tom Sydow, 48 Jahre alter Hauptkommissar der Kripo Berlin, stieß einen wonnetrunkenen Seufzer aus, bettete das Kinn auf die verschränkten Hände und schloss die Augen. Lea, mit der er auf den Tag genau acht Jahre verheiratet war, hatte den Bogen raus, das musste ihr der Neid lassen. Von ihm aus konnte es noch ein paar Stunden so weitergehen, zumindest bis heute Abend. Oder am besten bis morgen früh.
    Verdient hatte er sich das traute Beisammensein allemal. Im laufenden Monat, dem anstrengendsten eines noch viel anstrengenderen Jahres 1961, hatte er keinen einzigen Tag freibekommen, und er konnte sich nicht entsinnen, jemals so viel zu tun gehabt zu haben. Bislang war ihm die befürchtete Beförderung zum Kriminalrat zwar erspart geblieben, aber das bedeutete nicht, dass er auf der faulen Haut gelegen wäre. Angefangen beim Aktenwälzen, für das er nun wirklich nicht geschaffen war, hatte er gleich ein halbes Dutzend Fälle zu bearbeiten gehabt. Betrug, Einbruch, unerlaubter Waffenbesitz, die ganze Palette sozusagen. Damit ihm nur nicht langweilig wurde. Schlimmer als die Belastungen, die sein Beruf mit sich brachte, war jedoch die Nachricht gewesen, seine mittlerweile 23-jährige Stieftochter Veronika habe sich in einen Beamten der DDR-Volkspolizei verknallt. Wohl wissend, dass Sydow auf seine Kollegen im Ostteil der Stadt nicht besonders gut zu sprechen war, hatte Lea zwar versucht, ihm die Neuigkeit so schonend wie möglich beizubringen. Geändert hatte sich an Sydows Gemütsverfassung, der während der letzten acht Jahre Veronika wie einen Augapfel gehütet hatte, jedoch nichts. Seiner Ansicht nach gehörten sämtliche Vopos auf den Mond geschossen, und zwar auf Nimmerwiedersehen. Ulbricht und Konsorten, mit denen er ohnehin auf Kriegsfuß stand, selbstredend mit inbegriffen.
    Auch wenn dies weder der Ort und schon gar nicht der richtige Moment dafür war, geriet Tom Sydow ins Grübeln. So wie er, der er das Glück hatte, im Westen zu leben, dachten anscheinend auch viele DDR-Bürger. Frei nach der Devise ›Ab durch die Mitte!‹ waren seit Beginn des Monats über 10.000 von ihnen getürmt, was zur Folge hatte, dass das Notaufnahmelager in Marienfelde allmählich aus den Nähten platzte. So konnte und würde es nicht weitergehen, das war jedermann klar. Keine Regierung der Welt konnte sich so etwas bieten lassen. Früher oder später würde Ulbricht die Notbremse ziehen, wenn nicht, wäre der Tag nicht mehr fern, an dem die SED-Bonzen in Pankow unter sich sein

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