Kennedys Hirn
kann.«
»Xai-Xai. Wird am Anfang wie der berühmte sje-Laut im Schwedischen ausgesprochen. Sie waren also in einer der missions! Christian Holloway nennt sie so, obwohl er sich nicht mit religiösem Glauben befaßt.«
»Wer ist er?«
»Meine Kollegen und ich fragen uns manchmal, ob der Mann tatsächlich existiert oder ob es sich um eine Art ungreifbares Phantom handelt. Niemand weiß besonders viel über ihn. Außer daß er einen amerikanischen Paß und ein unfaßbar großes Vermögen hat, das er jetzt über die Aidskranken hierzulande ausschüttet.«
»Nur in Mozambique?«
»Auch in Malawi und in Sambia. Er soll bei Lilongwe zwei seiner missions haben, außerdem eine oder mehrere im Westen von Sambia oben an der Grenze zu Angola. Es geht die Geschichte um, daß Christian Holloway einmal eine Pilgerfahrt zu den Quellen des Sambesiflusses gemacht habe. Er entspringt in einem Gebirge in Angola, bevor er zu einem Bach und später zu einem Fluß wird. Er soll seinen Fuß auf das erste Rinnsal gesetzt und damit den Lauf des ganzen mächtigen Flusses angehalten haben.«
»Warum tut man so etwas?«
»Die Kombination von Barmherzigkeitsvisionen und Größenwahn ist nicht unmöglich. Vielleicht auch nicht mit noch schlimmeren Handlungen.«
»Wer verbreitet solche Geschichten?«
»Damit verhält es sich wohl so wie mit dem Fluß auch. Ein paar Tropfen sickern hervor, es werden immer mehr, ein Gerücht, das nicht aufzuhalten ist. Aber der Ursprung bleibt unbekannt. «
Er wollte ihr Essen nachreichen, doch sie lehnte ab. Sie nahm auch keinen Wein mehr.
»Was meinten Sie, als Sie sagten mit noch schlimmeren Handlungen?«
»Daß sich hinter großen Vermögen häufig Verbrechen verbergen, ist eine alte Wahrheit. Es genügt, sich hier auf diesem Kontinent umzusehen. Korrupte Alleinherrscher, die inmitten der grauenhaftesten Armut zwischen ihren Reichtümern schwitzen. Auch Christian Holloway soll keine ganz sauberen Hände haben. Vor ein paar Jahren legte die englische Hilfsorganisation Oxfam eine Studie über ihn und seine Aktivitäten vor. Oxfam ist eine außerordentliche Organisation, die mit geringen Mitteln bei den Armen der Welt viel Gutes bewirkt. Am Anfang von Christian Holloways Leben war alles deutlich und nachvollziehbar. Alles, was er unternahm, konnte man begreifen. Es gab keine Flecken, die Sonnenscheibe war rein. Er war der einzige Sohn unter vielen Töchtern einer amerikanischen Familie, die der größte Eierproduzent der Vereinigten Staaten war. Ein riesiges Vermögen, das außer durch Eier auch durch so unterschiedliche Produkte wie Rollstühle und Parfüm geschaffen wurde. Christian Holloway war ein begabter Student und legte an der Harvard Universität ein glänzendes Examen ab. Vor seinem 25. Geburtstag war er schon promoviert. Dann begann er, mit hochentwickelten Ölpumpen zu experimentieren, die er sich patentieren ließ und verkaufte. Bis dahin ist er sehr deutlich. Dann hört alles auf. Christian Holloway verschwindet. Drei Jahre lang war er unsichtbar. Er muß sein Verschwinden sehr geschickt organisiert haben, denn niemand hat etwas davon bemerkt. Nicht einmal die normalerweise hellwachen Zeitungen stellten Fragen.«
»Was geschah weiter?« fragte Louise.
»Er kam zurück. Da erst entdeckte man, daß er fort gewesen war. Er behauptete, er sei durch die Welt gereist und habe eingesehen, daß er sein Leben drastisch verändern müsse. Er würde missions schaffen.«
»Woher wissen Sie das alles?«
»Es gehört zu meiner Arbeit, sich Wissen über Menschen zu verschaffen, die in armen Ländern auftauchen und großartige Pläne haben. Eines Tages klopfen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit an die Türen der Zuschußstellen, um Mittel zu beantragen, die sie ursprünglich selbst hatten aufbringen wollen, wobei sie vielleicht etwas übertrieben haben. Oder wir stehen vor den Scherbenhaufen, wenn Projekte fehlgeschlagen sind, und müssen das Chaos beseitigen, das Menschen angerichtet haben, die hergekommen sind, um die Armen zu betrügen und sich selbst zu bereichern.«
»Aber Christian Holloway war doch von Anfang an vermögend?«
»Es ist schwer, in das Leben reicher Menschen Einblick zu gewinnen. Sie verfügen über die notwendigen Mittel, um raffinierte Nebelschleier auszulegen. Man kann sich nie sicher sein, ob die äußere Schale einen Inhalt hat, ob sich hinter der vermeintlich guten Liquidität nicht bei genauem Hinsehen eine Konkursmasse verbirgt. Das kommt jeden Tag vor. Riesige
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