Kennen Wir Uns Nicht?
...« Eric zögert. »Deine Entlassung handhaben.«
Meine Entlassung handhaben. Es hört sich an, als wäre ich ein gefährlicher Psychopath, der von einem Gefängnis ins nächste verlegt wird.
»Wir haben hier eine ausgesprochen seltsame Situation«, fährt er fort. »Selbstverständlich freue ich mich, wenn du nach Hause kommst, um dein altes Leben wieder aufzunehmen. Aber ich sehe auch ein, dass du dich vielleicht unwohl fühlen könntest. Schließlich ... kennst du mich ja gar nicht.«
»Nein.« Ich kaue auf meiner Lippe herum. »Tu ich nicht.«
»Ich habe Eric gesagt, dass du gern eine Weile bei mir wohnen kannst«, wirft Mum ein. »Natürlich würde es ein bisschen Umstände machen, und du müsstest dir ein Zimmer mit Jake und Florian teilen, aber die beiden sind wirklich brave Hunde ...«
»Das Zimmer stinkt«, sagt Amy.
»Es stinkt nicht, Amy!« Mum wirkt gekränkt. »Dieser Baumensch hat gesagt, es ist nur so was Ahnliches wie ... irgendwas.« Sie macht eine undeutbare Geste.
»Schwamm«, sagt Amy, ohne sich vom Fernseher abzuwenden. »Und es stinkt doch.«
Mum blinzelt ärgerlich. Mittlerweile ist Eric herübergekommen, mit sorgenvoller Miene.
»Lexi, denk bitte nicht, dass es mich verletzen würde. Ich verstehe, wie schwer es für dich sein‘muss. Verdammt, ich bin für dich ein fremder Mann.« Er breitet die Arme aus. »Warum um alles in der Welt solltest du mit mir nach Hause kommen wollen?«
Ich weiß, dass das mein Stichwort ist ... aber plötzlich werde ich vom Bildschirm abgelenkt. Ich sehe Eric und mich auf einem Speedboat. Gott weiß, wo wir da sind, aber die Sonne scheint, und das Meer ist so blau. Wir tragen beide Sonnenbrillen, und Eric lächelt mich an, während er das Boot lenkt, und wir sehen regelrecht filmreif aus, wie in einem James Bond.
Ich kann mich überhaupt nicht davon abwenden, bin völlig fasziniert. Ich will dieses Leben, zuckt es durch meinen Kopf. Es ist meins. Ich habe es mir verdient. Ich werde nicht zulassen, dass es mir entgleitet.
»Am allerwenigsten möchte ich deiner Genesung im Wege stehen.« Eric redet immer weiter. »Was du auch tust, ich werde es voll und ganz akzeptieren.«
»Gut. Ja.« Ich nehme einen Schluck Wasser, schinde Zeit. »Ich will nur ... kurz mal überlegen.«
Okay. Damit meine Optionen hier absolut klar sind:
1. Ein schimmelndes Zimmer in Kent, das ich mit zwei Whippets teilen muss.
2. Ein palastartiges Loft in Kensington bei Eric, meinem attraktiven Ehemann, der Speedboat fahren kann.
»Weißt du was, Eric?«, sage ich vorsichtig, wäge meine Worte genau ab. »Ich glaube, ich sollte mitkommen und in deiner Nähe sein.«
»Ist das dein Ernst?« Seine Miene hellt sich auf, aber ich sehe, dass er es nicht glauben kann.
»Du bist mein Mann«, sage ich. »Ich sollte bei dir sein.«
»Aber du erinnerst dich nicht an mich«, sagt er unsicher. »Du kennst mich nicht.«
»Ich werde dich neu kennenlernen!«, sage ich mit wachsender Begeisterung. »Ich erinnere mich bestimmt am ehesten an mein Leben, wenn ich es lebe. Du kannst mir von dir erzählen und von mir und von unserer Ehe ... ich kann alles wieder neu lernen! Und dieser Arzt hat gesagt, ein familiäres Umfeld würde mir helfen. Dadurch wird mein Rückholsystem - oder wie das heißt - angeregt.«
Ich bin zunehmend überzeugt von dieser Idee. Dann kenne ich eben weder meinen Mann noch mein Leben. Der entscheidende Punkt ist doch: Ich habe einen attraktiven Multimillionär geheiratet, der mich liebt und ein riesiges Penthouse besitzt und mir maulwurfsgraue Rosen schenkt. Ich werde das nicht alles wegwerfen, nur wegen dieser Nebensächlichkeit, dass ich ihn nicht kenne.
Jeder muss auf die eine oder andere Weise an seiner Ehe arbeiten. Und ich muss eben daran arbeiten, mich an ihn zu erinnern.
»Eric, ich möchte wirklich gern mit dir nach Hause kommen«, sage ich so aufrichtig, wie ich nur kann. »Ich bin mir sicher, dass wir eine wunderbare, liebevolle Ehe fuhren. Wir kriegen das schon hin.«
»Es wäre so schön, wenn wir uns endlich wiederhätten.« Eric guckt immer noch ganz besorgt. »Aber fühl dich bitte nicht verpflichtet ...«
»Ich tue es nicht aus Pflichtgefühl! Ich tue es, weil ... es mir das Richtige zu sein scheint.«
»Nun, ich denke, das ist ein sehr guter Grund«, wirft Mum ein.
»Das wäre also geklärt«, sage ich. »Abgemacht.«
»Vermutlich möchtest du nicht ...« Eric zögert verlegen. »Ich meine ... ich nehme die Gästesuite.«
»Dafür wäre ich dir
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