Kennen Wir Uns Nicht?
sprühe mich mit dem Parfüm von Chanel ein, das ich in der Louis Vuitton-Tasche gefunden habe.
»Komm rein, Eric!«
Die Tür geht auf... und da steht er, mit zwei Taschen, einem Blumenstrauß und einem riesigen Obstkorb. Er trägt ein gestreiftes Hemd und braune Hosen, einen gelben Kaschmirpullover und Slipper mit Troddeln.
»Hallo, Liebling!« Er stellt das Zeug auf den Boden und kommt ans Bett, küsst mich sanft auf die Wange. »Wie geht es dir?«
»Viel besser, danke.« Lächelnd blicke ich zu ihm auf.
»Aber sie weiß immer noch nicht, wer du bist«, wirft Amy ein. »Du bist nur irgend so ein Typ im gelben Pulli.«
Doch Eric macht absolut keinen entmutigten Eindruck. Vielleicht ist er Amys Dreistigkeit schon gewöhnt.
»Nun, darum werden wir uns heute kümmern.« Energisch hebt er eine Tasche an. »Ich habe Fotos, DVDs und Andenken dabei. Wir werden dir dein Leben vorfuhren. Barbara, sei doch so nett, und leg schon mal die Hochzeits-DVD ein.« Er reicht meiner Mum eine schimmernde Scheibe. »Und zur Einstimmung, Lexi ... unsere Hochzeitsfotos.« Er hievt ein wertvolles Lederalbum aufs Bett, und etwas ungläubig betrachte ich die in Gold geprägten Worte:
ALEXIA UND ERIC 6. JUNI 2006
Als ich das Buch aufschlage, wird mir ganz flau im Magen. Da bin ich, in Schwarzweiß, als Braut. Ich trage ein knallenges, schneeweißes Kleid, mein Haar ist ein strammer Dutt, und ich halte einen minimalistischen Blumenstrauß in der Hand. Weit und breit nichts Gepufftes.
Wortlos blättere ich zur nächsten Seite. Da steht Eric neben mir, im Smoking. Auf der folgenden Seite halten wir Sektgläser in Händen und lächeln einander an. Wir sehen so glamourös aus. Wie in einer Illustrierten.
Das ist meine Hochzeit. Meine wirkliche, echte Hochzeit. Sollte ich einen Beweis gebraucht haben ... das ist er.
Aus dem Fernseher hört man Stimmen, die lachen und plaudern. Ich bücke auf und komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Dort oben, auf dem Bildschirm, posiere ich mit Eric im Hochzeitsstaat. Wir stehen neben einer hohen, weißen Torte, halten gemeinsam ein Messer und lachen über etwas außerhalb des Bildschirms. Ich bin wie gebannt von mir selbst.
»Wir hatten uns dafür entschieden, die eigentliche Zeremonie nicht zu filmen«, erklärt Eric. »Das ist jetzt die Party danach.«
»Okay.« Meine Stimme ist etwas heiser.
Hochzeiten haben mich eigentlich noch nie zu Tränen gerührt. Aber als ich sehe, wie wir die Torte anschneiden, in die Kameras der Gäste lächeln, für jemanden etwas länger posieren, der die Einstellung verpasst hat ... fängt meine Nase doch an zu jucken. Das ist immerhin mein Hochzeitstag, der sogenannte »glücklichste Tag« im Leben, und ich kann mich kein bisschen daran erinnern.
Die Kamera schwenkt herum, fängt die Gesichter von Leuten ein, die ich nicht kenne. Ich entdecke Mum im blauen Kostüm und Amy im dunkelroten Trägerkleid. Wir sind in einem modernen, hallenartigen Raum mit gläsernen Trennwänden, trendigen Stühlen und zahllosen Blumenarrangements. Die Gäste strömen auf eine großzügige Terrasse hinaus, mit Sektgläsern in Händen.
»Wo ist das?«, frage ich.
»Süße ...« Eric lacht verstört. »Das ist unser Zuhause.«
»Da wohnen wir? Aber es ist riesig! Sieh dir das an!«
»Es ist das Penthouse.« Er nickt. »Es hat eine gute Größe.«
Eine »gute« Größe? Es ist wie ein Fußballfeld. Meine kleine Wohnung in Balham würde wahrscheinlich auf einen dieser Teppiche passen.
»Und wer ist das?« Ich deute auf eine hübsche, junge Frau im trägerlosen, babyrosa Kleidchen, die mir gerade etwas ins Ohr flüstert.
»Das ist Rosalie. Deine beste Freundin.«
Mein beste Freundin? Ich habe diese Frau noch nie gesehen. Sie ist dürr und braungebrannt, mit riesengroßen, blauen Augen, einem massiven Armreif ums Handgelenk und einer Sonnenbrille, die sie auf ihr goldenes California Girls-Haar geschoben hat.
Plötzlich fällt mir ein, dass sie auch Blumen geschickt hat. Meine Hübsche. Alles Liebe, Rosalie.
»Arbeitet sie bei Deller Carpets?«
»Nein!« Eric lächelt, als hätte ich einen Witz gemacht. »Jetzt kommt was Lustiges.« Er deutet auf den Bildschirm. Die Kamera folgt uns, als wir auf die Terrasse hinaustreten, und ich höre mich selbst lachen und sagen. »Eric, was hast du vor?« Aus unerfindlichem Grund blicken alle nach oben.
Und dann stellt sich die Kamera scharf, und ich sehe es. Am Himmel steht: Lexi, ich werde dich immer lieben. Die Umstehenden seufzen und
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