Kennen Wir Uns Nicht?
Kissen. Mmh, das tut gut. Ich mach einfach ein bisschen die Augen zu und gönn mir ein kleines Nickerchen ...
Als ich aufwache, nehme ich dämmriges Licht wahr, und das Klappern von Geschirr.
»Liebling?«, höre ich eine Stimme von draußen vor der Tür. »Bist du wach?«
»Oh.« Mühsam setze ich mich auf und reibe mir die Augen. »Ah ... hi.«
Die Tür geht auf, und Eric kommt herein, mit einem Tablett und einer Papiertüte.
»Du schläfst schon seit Stunden. Ich habe dir was zum Abendessen mitgebracht.« Er kommt ans Bett, stellt das Tablett ab und knipst die Nachttischlampe an. »Hühnersuppe vom Thailänder.«
»Ich liebe thailändische Hühnersuppe!«, sage ich begeistert. »Danke!«
Eric lächelt und reicht mir einen Löffel. »Rosarie hat erzählt, ihr zwei wart heute im Fitnessstudio?«
»Ja, es war genial.« Ich nehme einen Löffel Suppe. Sie schmeckt köstlich. Meine Güte, hab ich einen Kohldampf. »Eric, könntest du mir vielleicht ein Stückchen Brot holen?« Ich blicke auf. »Zum Stippen?«
»Brot?« Ratlos runzelt Eric die Stirn. »Liebling, wir haben nie Brot im Haus. Wir ernähren uns kohlenhydratarm.«
Ach, ja. Das hatte ich ganz vergessen.
»Kein Problem!« Ich lächle ihn an und nehme noch einen Löffel Suppe. Ich kann ohne Kohlenhydrate auskommen. Leicht.
»Was mich zu meinem kleinen Mitbringsel führt«, sagt Eric. »Oder eigentlich ... zwei Mitbringseln. Das hier ist das erste ...«
Er greift in die Tasche und holt ein laminiertes Ringbuch hervor, das er mir mit schwungvoller Geste überreicht. Auf dem Umschlag ist ein Farbfoto von mir und Eric als Hochzeitspaar. Darüber steht:
Eric und Lexi Gardiner: Ehe-Handbuch
»Der Arzt hat doch gemeint, wir sollen dein Leben in allen Einzelheiten aufschreiben ...« Eric platzt beinah vor Stolz. »Und da habe ich dieses Buch für dich zusammengestellt. Alle Fragen, die du zu unserer Ehe und unserem gemeinsamen Leben hast, müssten hier eine Antwort finden.«
Ich schlage die erste Seite auf- und da steht:
Eric und Lexi - Eine bessere Ehe für eine bessere Welt
»Wir haben ein Motto?« Ich bin etwas überrascht.
»Das ist mir gerade so eingefallen.« Eric zuckt bescheiden mit den Schultern. »Wie findest du es?«
»Fantastisch.« Ich blättere im Buch herum. Es enthält eine Menge Text, mit Stichworten, Fotos und Zeichnungen. Ich finde Abschnitte über Urlaub, Familie, Wäsche, Wochenenden ...
»Ich habe die Einträge alphabetisch geordnet«, erklärt Eric. »Und mit einem Register versehen. Es müsste ganz einfach zu benutzen sein.«
Ich blättere zum Register und lasse meinen Blick über die Seite schweifen.
Zähne — Seite 88 Zangen — siehe »Barbecue« Zungen — Seite 89
Zungen? Sofort blättere ich zur Seite 89.
»Du solltest es nicht jetzt gleich lesen.« Sanft klappt Eric das Buch zu. »Du solltest erst einmal essen und dann schlafen.«
Ich werde »Zungen« später nachschlagen. Wenn er weg ist.
Ich löffle die Suppe aus und lehne mich zufrieden seufzend zurück. »Vielen Dank, Eric. Das war perfekt.«
»Es war mir ein Vergnügen, mein Liebling.« Eric nimmt das Tablett und stellt es auf die Frisierkommode. Dabei bemerkt er meine Schuhe auf dem Boden. »Lexi.« Er lächelt mich an. »Schuhe gehören in dein Ankleidezimmer.«
»Oh«, sage ich. »Entschuldige.«
»Kein Problem. Es gibt noch viel zu lernen.« Er kommt zum Bett zurück und greift in seine Tasche. »Und das hier ist mein anderes Mitbringsel ...« Er holt ein ledernes Schmuckkästchen hervor.
Mir kribbelt der Kopf. Ich kann es kaum glauben. Mein Mann hat ein Geschenk für mich, in einer piekfeinen Schachtel. Wie im Film, bei Erwachsenen.
»Ich möchte, dass du etwas hast, bei dem du dich auch wirklich daran erinnerst, dass ich es dir geschenkt habe«, sagt Eric mit reumütigem Lächeln und nickt zum Kästchen hin. »Mach es auf.«
Ich öffne die Schachtel - und darin liegt ein Diamant an einem Goldkettchen.
»Gefällt er dir?«
»Er ist... er ist wundervoll!«, stottere ich. »Ich bin überwältigt! Vielen Dank dafür!«
Eric beugt sich vor und streicht mir übers Haar. »Schön, dich wieder zu Hause zu haben, Lexi.«
»Es tut so gut, zu Hause zu sein«, antworte ich mit Inbrunst.
Was auch halbwegs stimmt. Ach wenn ich noch nicht wirklich behaupten kann, dass ich mich in dieser Wohnung definitiv zu Hause fühle. Sie kommt mir eher wie ein nobles Fünf-Sterne-Hotel vor, was ja vielleicht sogar noch besser ist. Ich nehme den Diamanten heraus und
Weitere Kostenlose Bücher