Kennen Wir Uns Nicht?
dazu.
»Du musst dir keine Sorgen machen.« Sanft legt er seine Hände auf meine Schultern. »Gianna wird sich um das Essen kümmern. Du musst nur hübsch aussehen. Aber wenn dir nicht danach zumute ist, können wir die Idee auch fallen lassen ...«
»Aber warum sollte mir nicht danach zumute sein?«, sage ich eilig. »Ich habe es satt, dass mich alle wie einen Pflegefall behandeln. Ich fühl mich großartig!«
»Gut. Das bringt mich auf ein anderes Thema. Arbeit.« Eric zieht sein Jackett über. »Selbstverständlich bist du noch nicht so weit, dass du wieder ganztags arbeiten könntest, aber Simon hat angefragt, ob du vielleicht Lust hättest, mal im Büro reinzuschauen. Simon Johnson«, erklärt er. »Du erinnerst dich an ihn?«
»Simon Johnson? Der geschäftsführende Direktor?«
»Mh-hm.« Eric nickt. »Er hat gestern Abend angerufen. Wir haben uns ganz gut unterhalten. Netter Kerl.«
»Ich wusste nicht mal, dass der überhaupt schon mal von mir gehört hat!«, sage ich ungläubig.
»Lexi, du bist ein wichtiges Mitglied der Geschäftsleitung«, sagt Eric geduldig. »Selbstverständlich hat er von dir gehört.«
»Ach, ja. Natürlich.«
Ich kaue meinen Schinken, versuche, lässig zu wirken - aber innerlich möchte ich jubeln. Mein neues Leben wird immer besser. Ich bin ein wichtiges Mitglied der Geschäftsleitung! Simon Johnson weiß, wer ich bin!
»Wir waren uns einig, dass es dir sicher gut tun würde, wenn du dem Büro einen kleinen Besuch abstattest«, fährt Eric fort. »Vielleicht hilft es dir, dich wieder zu erinnern ... und außerdem ist es ein positives Zeichen für deine Mitarbeiter.«
»Ich finde, das ist eine großartige Idee«, sage ich begeistert. »Ich könnte meinen neuen Job kennenlernen, die anderen Mädels treffen, wir könnten zusammen was zu Mittag essen ...«
»Dein Stellvertreter ist vorübergehend für dich eingesprungen«, sagt Eric mit Blick auf einen Notizblock auf dem Küchentresen. »Byron Foster. Natürlich nur, bis du wieder da bist.«
»Byron ist jetzt mein Stellvertreter?«, sage ich ungläubig. »Aber Byron war doch mein Chef!«
Alles steht Kopf. Nichts ist, wie es war. Ich kann es kaum erwarten, ins Büro zu kommen und nachzusehen, was sonst noch so passiert ist.
Eric tippt etwas in seinen Blackberry, dann steckt er es weg und nimmt seine Aktentasche. »Ich wünsch dir einen schönen Tag, Liebling.«
»Ich dir auch ... äh ... Liebling.« Als er sich zu mir umdreht, stehe ich auf, und plötzlich ist da so eine seltsame Spannung zwischen uns. Eric steht ganz nah vor mir. Ich kann sein After Shave riechen und sehe einen kleinen Schnitt an seinem Hals, vom Rasieren.
»Ich hab das Handbuch noch nicht ganz durch.« Plötzlich werde ich verlegen. »Würde ich dich jetzt normalerweise küssen?«
»Normalerweise würdest du das tun, ja.« Auch Eric klingt steif. »Aber denk bitte nicht ...«
»Nein! Ich möchte doch! Ich meine ... wir sollten alles so machen wie immer.« Jetzt werde ich auch noch rot. »Und würde ich dich auf die Wange küssen ... oder auf den Mund ...?«
»Auf den Mund.« Eric räuspert sich. »Das wäre das Normale.«
»Okay.« Ich nicke. »Also ... mh ...« Ich halte ihn bei den Hüften, versuche ganz natürlich zu wirken. »So etwa? Sag mir, wenn es nicht so ist, wie ich es normalerweise mache ...«
»Eher nur mit einer Hand«, sagt Eric, nachdem er kurz überlegt hat. »Und dann meistens auch ein bisschen höher.«
»Okay!« Ich lege ihm eine Hand auf die Schulter, lasse die andere sinken und komme mir vor wie in der Tanzschule. Dann halte ich die Position so gut ich kann und blicke auf.
Dabei entdecke ich, dass Eric so einen komischen Knubbel an der Zungenspitze hat. Okay ... ich guck nicht hin. Konzentrier mich auf den Kuss. Er beugt sich vor, seine Lippen berühren sanft die meinen, und ich empfinde ... nichts.
Ich hatte gehofft, unser erster Kuss würde alle möglichen Emotionen wecken, Erinnerungen wachrufen, vielleicht ein Bild von Paris oder unserer Hochzeit oder unserem allerersten Kuss ... Doch bei mir regt sich überhaupt nichts. Ich kann die Vorfreude in Erics Gesicht sehen und überlege eilig, was ich Ermutigendes sagen könnte.
»Das war wunderschön! Sehr ...«
Mein Satz versandet, weil mir kein anderes Wort als »kurz« einfällt, was sicher nicht den richtigen Ton trifft.
»Es weckt keine Erinnerungen?« Eric mustert meine Miene.
»Also ... nein«, sage ich zerknirscht. »Aber, ich meine, das soll nicht heißen, dass es
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