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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht? Kostenlos Bücher Online Lesen
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meine Lippen sehen viel schmaler aus als jetzt. (Die sind definitiv aufgespritzt.) Mein kastanienbraunes Haar ist frisch geföhnt und zu einem Pferdeschwanz gebunden, und ich trage ein schwarzes Kostüm mit türkiser Bluse - durch und durch Geschäftsfrau.
    »Ich brauche den Erfolg«, sage ich gerade zu jemandem hinter der Kamera. »Ich muss hier gewinnen.«
    Mannomann, sehe ich ernst aus! Ich versteh das alles nicht. Wieso wollte ich plötzlich eine Karriere-Show gewinnen?
    »Guten Morgen, Lexi!« Die Stimme jagt mir einen Heidenschrecken ein. Ich halte die DVD an, sehe mich um, und vor mir steht eine Frau von Mitte fünfzig. Ihr dunkles Haar hat graue Strähnen. Sie trägt es zusammengebunden, dazu einen geblümten Overall, und in der Hand hält sie einen Plastikeimer mit Putzmitteln. Ein iPod klemmt an ihrem Overall, und aus den Kopfhörern dringt leise Opernmusik.
    »Sie sind ja wach!«, sagt sie mit durchdringender Stimme. »Wie geht es Ihnen? Schon besser?« Ihr Akzent ist schwer einzuordnen, irgendwie eine Mischung aus Cockney und Italienisch.
    »Sind Sie Gianna?«, frage ich vorsichtig.
    »Heilige Maria und Josef!« Sie bekreuzigt sich und küsst ihre Finger. »Eric hat mich gewarnt. Sie haben einen kleinen Schaden. Armes Kind.«
    »Mir geht es gut, bestimmt!«, sage ich eilig. »Ich kann mich nur nicht an alles erinnern. Also muss ich alles neu kennenlernen.«
    »Also, ich bin Gianna.« Sie tippt an ihre Brust.
    »Schön! Dann ... danke.« Ich trete beiseite, als Gianna summend an mir vorbeigeht und mit ihrem Staubwedel über den gläsernen Kaffeetisch wischt.
    »Sie sehen sich gerade Ihren Fernsehauftritt an, was?«, sagt sie mit Blick auf den riesigen Bildschirm.
    »Oh. Ah ... ja. Nur um mich wieder zu erinnern.« Hastig stelle ich ihn aus. Mittlerweile hat Gianna angefangen, eine Reihe von Bilderrahmen abzustauben.
    Verlegen biege ich an meinen Fingern herum. Ich kann hier doch nicht einfach herumstehen und einer anderen Frau dabei zusehen, wie sie meine Wohnung putzt. Sollte ich ihr nicht meine Hilfe anbieten?
    »Was möchten Sie essen heute Abend? Was soll ich Ihnen kochen?«, sagt sie und schüttelt die Kissen auf.
    »Oh«, sage ich verlegen. »Nichts! Wirklich!«
    Ich weiß ja, dass Eric und ich stinkreich sind. Aber ich kann unmöglich jemand anderen bitten, für mich zu kochen. Es wäre schamlos.
    »Nichts?« Sie stutzt. »Sie wollen ausgehen?«
    »Nein! Ich dachte nur ... vielleicht sollte ich heute Abend mal selbst kochen.«
    »Oh, verstehe«, sagt sie. »Nun, das müssen Sie ja selbst wissen.« Mit starrer Miene nimmt sie ein Kissen und schüttelt es energisch. »Ich hoffe, Ihnen hat die Suppe gestern Abend geschmeckt«, fugt sie hinzu, ohne mich anzusehen.
    »Sie war köstlich!«, sage ich schnell. »Danke! Tolles ... Aroma.«
    »Gut«, sagt sie steif. »Ich gebe mein Bestes.«
    Oh Gott, sie ist doch jetzt nicht beleidigt, oder?
    »Dann muss ich nur wissen, was ich Ihnen einkaufen soll«, fährt sie fort und schlägt weiter auf die Kissen ein. »Wenn Sie mal was Neues ausprobieren wollen ...«
    Mist. Sie ist beleidigt.
    »Oder ... äh ... na ja.« Meine Stimme kratzt. »Eigentlich ... wenn ich es mir recht überlege ... könnten Sie uns doch eine Kleinigkeit zubereiten. Aber machen Sie sich keine Mühe. Ein schlichtes Sandwich würde schon genügen.«
    »Ein Sandwich?« Ungläubig blickt sie auf. »Zum Abendessen?«
    »Oder ... was Sie wollen! Irgendwas, was Sie gern kochen!« Schon während ich es sage, weiß ich, wie blöd es klingt. Ich trete einen Schritt zurück, schnappe mir ein Immobilienmagazin von einem kleinen Tisch und schlage es bei einem Bericht über Zimmerspringbrunnen auf.
    Wie soll ich mich nur je daran gewöhnen? Seit wann brauche ich eine Haushälterin?
    »Aaaah! Das Sofa ist kaputt!« Plötzlich klingt Gianna ausgesprochen italienisch, gar nicht mehr so sehr nach Cockney. Sie zerrt sich die iPod-Hörer aus den Ohren und zeigt auf den Riss im Stoff. »Sehen Sie doch! Kaputt! Gestern Morgen war es noch in Ordnung.« Kampfbereit sieht sie mich an. »Bestimmt! Es war einwandfrei. Keine Risse, keine Flecken ...«
    Ich laufe rot an. »Das ... das war ich«, stottere ich. »Ich war das.«
    »Sie?«
    »Aus Versehen«, brabble ich drauflos. »Es war keine Absicht. Mir ist dieser Glasleopard heruntergefallen, und ...« Ich atme schwer. »Ich lasse das Sofa neu beziehen. Versprochen! Bitte sagen Sie Eric nichts davon. Er weiß es nicht.«
    »Er weiß es nicht?« Gianna ist

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