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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht? Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ohren.
    »Das sagen sie alle.« Ein Mann am anderen Ende des Tresens blickt von seinem Evening Standard auf. Er hat einen amerikanischen Akzent und dunkles, nicht mehr ganz volles Haar. »Keiner weiß, wann es eigentlich schiefgegangen ist.«
    »Aber ich weiß es wirklich nicht.« Ich hebe meinen Zeigefinger, um diesen Satz zu unterstreichen. »Ich hatte einen Autounfall ... und bamm wache ich auf - gefangen im Körper einer Bitch.«
    »Für mich sieht es aus, als wären Sie im Körper einer Barbie gefangen.«
    Der Amerikaner rückt zum nächsten Hocker auf, mit einem Lächeln im Gesicht. »Diesen Körper würde ich an Ihrer Stelle auf keinen Fall eintauschen.«
    Einen Moment betrachte ich ihn verdutzt, bis mir etwas klar wird.
    »Ach! Sie flirten mit mir! Tut mir leid, aber ich bin verheiratet. Mit einem Mann. Meinem Mann.« Ich hebe meine linke Hand, finde nach einer Weile meinen Ehering und deute darauf. »Sehen Sie? Verheiratet.« Einen Moment denke ich angestrengt nach. »Aber es könnte auch sein, dass ich einen Geliebten habe.«
    Ich höre ein ersticktes Lachen vom Barmann. Argwöhnisch blicke ich auf, aber ihm ist nichts anzusehen. Ich nehme noch einen Schluck von meinem Drink und spüre, wie sich der Alkohol bemerkbar macht und in meinem Kopf herumtanzt. Es summt in meinen Ohren, und langsam fängt die Bar um mich herum an zu schweben.
    Was gut ist. Räume sollten schweben.
    »Wissen Sie, ich trinke nicht, um zu vergessen«, sage ich beiläufig zum Barkeeper. »Ich hab ja schon alles vergessen.« Das kommt mir plötzlich so komisch vor, dass ich wie wild loskichere. »Ein Schlag an den Kopf, und schon ist alles weg.« Ich halte mir den Bauch. Mir kommen die Tränen vor Lachen. »Ich hatte sogar vergessen, dass ich verheiratet bin. Bin ich aber!«
    »Mh-hm.« Der Barkeeper und der Amerikaner tauschen Blicke.
    »Und angeblich bin ich nicht zu heilen. Aber Ärzte können sich auch irren, oder?« Ich drehe mich um und suche in der Bar nach Zustimmung. Anscheinend hören mir einige der Leute zu, und zwei von denen nicken.
    »Ärzte irren sich eigentlich immer«, sagt der Amerikaner energisch. »Alles Arschgeigen!«
    »Genau!« Ich rotiere zu ihm herum. »Sie haben völlig recht! Okay.« Ich nehme einen großen Schluck von meinem Mojito, dann wende ich mich wieder dem Barmann zu. »Dürfte ich Sie um einen kleinen Gefallen bitten? Könnten Sie mir den Cocktail-Shaker an den Kopf knallen? Angeblich nützt es nichts, aber woher wollen die das eigentlich wissen?«
    Der Barmann lächelt. Er glaubt, ich mache einen Scherz.
    »Na, super.« Ich seufze ungeduldig. »Dann muss ich es wohl selber machen.« Bevor er mich daran hindern kann, schnappe ich mir den Cocktail-Shaker und schlage ihn mir an die Stirn. »Au!«, ich lasse den Shaker fallen und halte meinen Kopf. »Autsch! Das tat weh!«
    »Hast du das gesehen?«, höre ich jemanden hinter mir. »Die ist total durchgeknallt!«
    »Miss, ist alles in Ordnung?« Der Barmann sieht besorgt aus. »Soll ich Ihnen einen ...«
    »Augenblick!« Ich hebe eine Hand. Einen Moment lang sitze ich reglos da, atme kaum und warte, dass die Erinnerungen mein Gehirn fluten. Enttäuscht sinke ich in mich zusammen. »Es hat nicht geklappt. Nichts. Scheiße.«
    »Ich würde ihr einen starken Kaffee geben«, sagt der Amerikaner mit so einem Unterton zum Barmann. Der hat vielleicht Nerven! Ich will keinen Kaffee! Genau das will ich ihm gerade sagen, als mein Handy piept. Nach einem kurzen Kampf mit dem Reißverschluss an meiner Tasche hole ich das Telefon hervor - es ist eine SMS von Eric.
    Hi, komme gleich nach Hause. E
    »Die ist von meinem Mann«, teile ich dem Barkeeper mit, während ich das Handy wegstecke. »Wissen Sie, er kann Speedboat fahren.«
    »Schön«, sagt der Barmann höflich.
    »Ja, ist es.« Ich nicke begeistert, etwa sieben Mal. »Das ist schön. Es ist die perfekte, perfekte Ehe ...« Ich überlege kurz. »Nur dass wir noch keinen Sex hatten.«
    »Sie hatten noch keinen Sex?«, fragt der Amerikaner ungläubig.
    »Wir hatten bestimmt Sex.« Ich nehme einen Schluck Mojito und neige mich ihm vertraulich zu. »Nur kann ich mich nicht daran erinnern.«
    »So gut, hm?« Er fängt an zu lachen. »Dass es Sie glatt umgehauen hat, was?«
    Glatt umgehauen. Die Worte blinken wie ein großes Neonschild in meinem Kopf. Glatt umgehauen.
    »Wissen Sie was?«, sage ich langsam. »Es ist Ihnen wahrscheinlich gar nicht bewusst. Aber das war jetzt gerade echt sifni ... sigfi ...

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