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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht? Kostenlos Bücher Online Lesen
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unbedingt jemand von euch ...«
    »Lexi«, sagt Carolyn vernehmlich. »Wovon redest du eigentlich?« Fi und Debs prusten laut los, und ich laufe rot an.
    »Hört zu, Leute!« Ich versuche, die Fassung zu bewahren. »Es ist ernst.«
    »Ernssssst«, wiederholt jemand, und irgendwer kichert. »Esssss issssst ernsssst.«
    »Sehr komisch!« Ich versuche zu lächeln. »Aber hört doch mal, jetzt im Ernst...«
    »Im Ernsssssst...«
    Mittlerweile scheinen alle im Raum zu zischeln oder zu lachen oder beides. Alle strahlen, alle scheinen sich über den Scherz zu amüsieren, nur ich nicht. Plötzlich fliegt ein Papierflugzeug an meinem Ohr vorbei und landet auf dem Boden. Erschrocken zucke ich zusammen, und Lachsalven lassen das ganze Büro erbeben.
    »Okay, gut, passt auf, macht nicht zu lange Mittag, okay?«, sage ich verzweifelt.
    Keiner hört mir zu. Ein weiteres Papierflugzeug trifft mich an der Nase, gefolgt von einem Radiergummi. Unwillkürlich schießen mir die Tränen in die Augen.
    »Jedenfalls. Wir sehen uns!«, bringe ich hervor. »Und danke, dass ihr ... dass ihr so hart arbeitet.« Brüllendes Gelächter folgt mir, als ich aus dem Büro stolpere. Wie benebelt steuere ich auf die Damentoilette zu und komme an Dana vorbei.
    »Sie wollen hier zur Toilette, Lexi?«, fragt sie überrascht, als ich die Tür aufstoße. »Sie haben doch einen Schlüssel für den Waschraum der Geschäftsleitung! Der ist viel schöner!«
    »Es geht schon.« Ich zwinge mich zu einem Lächeln. »Wirklich.«
    Ich steuere direkt auf die letzte Kabine zu, knalle mit der Tür, schlage die Hände vors Gesicht und spüre, wie die Spannung nachlässt. Das war der demütigendste Augenblick in meinem ganzen Leben.
    Abgesehen von der Sache mit dem Badeanzug.
    Wieso wollte ich bloß jemals Chef sein? Wieso? Man verliert nur seine Freunde und muss Leute zusammenscheißen und alle zischeln einen an. Und wofür? Ein Sofa im Büro? Eine geprägte Visitenkarte?
    Schließlich hebe ich müde den Kopf und starre die Rückseite der Kabinentür an, die wie üblich mit Graffiti vollgekritzelt ist. Wir haben diese Tür schon immer als eine Art schwarzes Brett benutzt, um Dampf abzulassen, Witze zu reißen oder Quatsch zu machen. Irgendwann ist alles voll, dann schrubbt sie jemand sauber, und wir fangen wieder von vorn an. Die Putzfrauen sagen nichts dazu, und von der Geschäftsleitung kommt nie jemand hierher. Daher ist die Sache ziemlich sicher.
    Mein Blick schweift über die Sprüche. Grinsend lese ich eine verleumderische Geschichte über Simon Johnson, als mir eine jüngere Nachricht mit blauem Filzer auffällt. Es ist Debs Schrift, und da steht: »Die Kobra ist zurück.«
    Und darunter, mit blassem, schwarzem Kugelschreiber: »Keine Sorge. Ich hab ihr in den Kaffee gespuckt.«
    Jetzt bleibt mir nur noch eins: mich richtig, richtig, richtig zu betrinken. Eine Stunde später sitze ich zusammengesunken an der Bar vom Bathgate Hotel gleich um die Ecke vor meinem dritten Mojito. Schon jetzt erscheint mir die Welt etwas verschwommen, aber das ist ja auch der Sinn der Sache. Je verschwommener, desto besser. Solange ich nur nicht von diesem Barhocker rutsche.
    »Hi.« Ich hebe meine Hand, um den Barkeeper auf mich aufmerksam zu machen. »Ich möchte bitte noch einen.«
    Der Barmann zieht ganz leicht die Augenbrauen hoch, dann sagt er: »Gern.«
    Leicht eingeschnappt beobachte ich, wie er die Minze holt. Will er mich gar nicht fragen, wieso ich noch einen möchte? Hat der denn keine pseudopsychologischen Tresenweisheiten im Angebot?
    Er stellt den Cocktail auf einen Untersetzer und bringt mir eine Schale Erdnüsse, die ich verächtlich beiseiteschiebe. Ich möchte nicht, dass irgendwas den Alkohol aufsaugt. Ich will ihn unverfälscht in meiner Blutbahn.
    »Kann ich Ihnen noch irgendetwas bringen? Einen kleinen Snack vielleicht?«
    Er deutet auf die Speisekarte, aber ich stiere darüber hinweg und nehme einen großen Schluck Mojito. Er ist kalt und stark, lecker und limettig.
    »Sehe ich für Sie aus wie eine Bitch?«, sage ich, als ich aufblicke. »Ehrlich jetzt ...«
    »Nein.« Der Barmann lächelt.
    »Na, aber allem Anschein nach bin ich eine.« Ich nehme noch einen Schluck Mojito. »Alle meine Freunde sagen das.«
    »Tolle Freunde.«
    »Früher schon.« Ich stelle meinen Cocktail ab und starre missmutig hinein. »Ich habe keine Ahnung, wann und wo ich in meinem Leben die falsche Abzweigung genommen habe.«
    Ich klinge ziemlich nuschelig, selbst für meine eigenen

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