Kennen Wir Uns Nicht?
nur ... weißt du ... nicht gerade sexy. So als Wort.«
Eric lehnt sich ans Kopfteil des Bettes und legt die Stirn in tiefe Falten. »Ich finde >Penis< sexy«, sagt er.
»Ja, ja, natürlich!« Eilig rudere ich zurück. »Also, ich meine, natürlich ist es ziemlich sexy ...«
Wie kann er das Wort »Penis« sexy finden?
»Außerdem war es ja nicht nur das.« Abrupt wechsle ich das Thema. »Es liegt daran, dass du mich alle zwei Sekunden fragst, ob es okay ist, was du tust. Es macht alles etwas ... über-förmlich. Findest du nicht?«
»Ich wollte nur rücksichtsvoll sein«, sagt Eric steif. »Diese Situation ist für uns beide seltsam.« Er wendet sich ab, und mit eckigen Bewegungen zieht er sein Hemd an.
»Ich weiß!«, sage ich eilig. »Und ich weiß es auch zu schätzen, ganz bestimmt.« Ich lege ihm meine Hand auf die Schulter. »Aber vielleicht könnten wir uns etwas entspannen. Etwas ... spontaner sein?«
Eric schweigt einen Moment, als würde er versuchen, meine Worte richtig einzuschätzen.
»Also ... soll ich heute Nacht hier schlafen?«, fragt er auf einmal.
»Oh!« Unwillkürlich schrecke ich zurück.
Was ist los mit mir? Eric ist mein Mann. Eben wollte ich noch unbedingt Sex mit ihm haben. Aber die Vorstellung, dass er die ganze Nacht hier bei mir schläft ... Das scheint mir doch zu ... intim.
»Vielleicht sollten wir es vorerst lieber noch sein lassen. Tut mir leid, ich ...«
»Alles klar. Verstehe.« Ohne mich anzusehen, steht er auf. »Ich glaube, ich geh duschen.«
»Okay.«
Als ich allein bin, lasse ich mich auf die Kissen sinken. Na super. Ich hatte keinen Sex. Also kann ich mich auch an nichts erinnern. Meine Mission ist restlos fehlgeschlagen.
Ich finde Penis »sexy«.
Plötzlich gluckse ich los und halte mir schnell die Hand vor den Mund, für den Fall, dass er mich noch hören kann. Direkt neben meinem Bett klingelt das Telefon, aber ich rühre mich nicht. Wahrscheinlich ist es sowieso für Eric. Dann fällt mir ein, dass er inzwischen bestimmt schon im Gästebad unter der Dusche steht. Also hebe ich den ultramodernen Bang&Olufsen-Hörer ab.
»Hallo?«
»Hi«, höre ich eine raue, vertraute Stimme. »Hier ist Jon.«
»Jon?« Mir läuft ein heißer Schauer über den Rücken. Eric ist nirgendwo in Sicht. Trotzdem renne ich mit dem Hörer in der Hand ins angrenzende Badezimmer und schließe die Tür hinter mir ab.
»Bist du verrückt?«, fauche ich böse. »Wieso rufst du hier an? Das ist doch viel zu riskant! Und wenn Eric jetzt rangegangen wäre?«
»Ich hatte eigentlich erwartet, dass Eric rangeht.« Jon klingt verblüfft. »Ich muss ihn sprechen.«
»Oh!« Verstehe. Ich bin so blöd. »Ach ... natürlich.« Um die Situation zu retten, versuche ich, förmlich und ehefraulich zu klingen. »Gewiss, Jon. Ich hole ihn ...«
»Aber dich muss ich viel dringender sprechen«, fällt er mir ins Wort. »Wir müssen uns treffen. Wir müssen reden.«
»Das geht nicht! Hör endlich auf damit! Mit dem ganzen ... Reden. Am Telefon. Und nicht am Telefon auch.«
»Lexi, bist du betrunken?«, sagt Jon.
»Nein.« Ich betrachte meine blutunterlaufenen Augen im Spiegel. »Okay ... ein kleines bisschen vielleicht.«
Ich höre so etwas wie ein Schniefen am anderen Ende der Leitung. Lacht er etwa?
»Ich liebe dich«, sagt er.
»Du kennst mich doch überhaupt nicht.«
»Ich liebe das Mädchen ... das du warst. Das du bist.«
»Du liebst die Kobra?«, erwidere ich scharf. »Du liebst die Bitch aus der Hölle? Dann kannst du eigentlich nur verrückt sein.«
»Du bist keine Bitch aus der Hölle.« Er lacht mich definitiv aus.
»Alle anderen scheinen zu glauben, dass ich eine bin. War. Was weiß ich?«
»Du warst unglücklich. Und du hast ein paar ziemlich folgenschwere Fehler begangen. Aber du warst keine Bitch.«
In meinem berauschten Zustand sauge ich die Worte förmlich in mich auf. Es ist, als würde er Salbe auf eine alte Wunde reiben. Ich will mehr davon.
»Was ...« Ich schlucke. »Was für Fehler?«
»Das erzähle ich dir, wenn wir uns treffen. Dann reden wir über alles. Lexi, ich vermisse dich so sehr ...«
Plötzlich kommt mir sein vertraulicher Ton etwas zu nah. Da stehe ich in meinem ehelichen Badezimmer und flüstere mit jemandem, den ich gar nicht kenne. Worauf lasse ich mich hier bloß ein?
»Schluss! Aufhören!« Ich falle ihm ins Wort. »Ich muss ... nachdenken.«
Ich gehe ans andere Ende vom Badezimmer, raufe mir die Haare, versuche verzweifelt, meinem duseligen
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