Kennwort: Schwarzer Ritter
Stuhl hing ein Nachthemd aus schwarzer Seide.
Der Hausmeister schüttelte den Kopf. „Sie ist nicht zu Hause. Und ich könnte eine Menge Probleme kriegen …“
Kate wartete nicht, bis er den Satz beendet hatte. Sie spürte einen Eisklumpen in der Magengegend, als sie die Tür zum Badezimmer öffnete. Wie vom Donner gerührt, blieb sie stehen. „Oh, mein Gott.“
Eine nackte Frau, etwa Anfang zwanzig, lag auf dem Boden. Nach den Verletzungen an ihrem Körper zu urteilen, hatte jemand wiederholt auf sie eingestochen. Überall war Blut – auf dem Boden, in der Wanne, im Waschbecken. Die blutigen Handabdrücke an den Wänden ließen darauf schließen, dass Charlene mehrfach versucht haben musste, aufzustehen.
„Oh, Jesus.“ Hinter sich hörte Kate, wie der Hausmeister stoßweise atmete.
„Fassen Sie nichts an“, warnte sie ihn, als er sich am Waschbecken abstützen wollte. „Die Polizei muss Fingerabdrücke nehmen.“
Er schaute sie misstrauisch an. „Wer sind Sie?“
„Mein Name ist Kate Logan. Ich bin Rechtsanwältin.“ Sie begann, nach ihrem Handy zu suchen, doch sie besann sich eines Besseren. „Ich habe kein Telefon bei mir“, log sie. „Würde es Ihnen etwas ausmachen, nach unten zu gehen und die Polizei anzurufen?“
Kate saß in Ted Renchecks Büro und wartete, bis er einen Stapel von Briefen unterzeichnet hatte, den seine Sekretärin hereingebracht hatte. Ein Detective von der Mordkommission, den sie kannte, hatte sie zwar bereits wegen der Toten in Apartment 4B befragt, aber sie war nicht überrascht zu hören, dass der stellvertretende Bundesstaatsanwalt sie auch noch verhören wollte. Einer der Gründe für Ted Renchecks Erfolg in seinem Beruf war die Tatsache, dass er jeden Fall persönlich und überaus gründlich untersuchte.
Kate hatte schon unzählige Male in seinem Büro gesessen, und fast immer waren die Anlässe unangenehmer Natur gewesen. Und weil sie den Mann nicht leiden konnte, hatte sie sich auch niemals die Zeit genommen, seine Kanzlei genauer anzusehen. Aber nach ihrem letzten Gespräch am Mahnmal für die Polizisten war sie doch ziemlich neugierig auf den Menschen, der hinter dem Juristen steckte.
Im Büro hatte sich seit dem Wechsel der Bundesstaatsanwälte nicht viel verändert. In der Mitte des Raumes mit den stumpfgrauen Wänden stand immer noch derselbe Respekt einflößende Schreibtisch, vollgepackt mit Akten. In einem Bücherregal teilten sich Fotografien von Debra, aufgenommen in glücklicheren Tagen, den Platz mit Gesetzesbüchern in roten Ledereinbänden.
Ted kritzelte seine Unterschrift auf den letzten Brief, bedankte sich bei Clarice und bat sie, Anrufe für ihn zu notieren. „Also, Kate“, sagte er, sobald sie allein waren, „was ist denn eigentlich los mit Ihnen und den Schönen der Nacht? Erst war es Gina Lamont, der One-Night-Stand Ihres Exgatten, dann LuAnn Chester, die verrückt genug war, Ihnen bei der Aufklärung des Mordes an Lamont zu helfen und beinahe totgeschlagen wurde, und jetzt erfahre ich, dass Sie als Erste am Mordschauplatz waren, an dem eine dritte Prostituierte erstochen wurde. Wollen Sie etwa einen Rekord aufstellen?“
„Eine Frau ist gestorben, Ted. Das ist kaum der Zeitpunkt für schlechte Witze und gefühllose Kommentare.“
„Sie haben Recht. Kommen wir zum Geschäftlichen.“ Er schaute kurz in ein paar Notizen, ehe er sich in seinem Stuhl zurücklehnte. „Woher kannten Sie Charlene Meyers?“
„Ich kannte sie nicht. Ich habe sie nicht einmal kennen gelernt. LuAnn Chester hat das Treffen arrangiert.“
Ein Lächeln huschte über Teds Lippen, und er schüttelte den Kopf, als ob er sagen wollte
Einige Leute lernen es nie
, aber er schwieg. „Erzählen Sie mir, was passiert ist, als Sie zu Charlene gekommen sind.“
Sie wiederholte, was sie bereits Detective DiLuca gesagt hatte. „Möglicherweise wusste sie etwas über Mollys Mörder.“
„Was denn?“
„Das kann ich Ihnen nicht sagen.“
Er wusste, dass es keinen Zweck hatte, sie zu drängen, also versuchte er es auch gar nicht. „Was
können
Sie mir denn sagen?“
„Charlene hatte sich bereit erklärt, sich mit mir in ihrer Wohnung zwischen neun und halb zehn heute Morgen zu treffen. Sie hatte LuAnn gesagt, dass sie ihre Gymnastikübungen machte und möglicherweise wegen der lauten Musik die Klingel nicht hören könnte. Sie wollte die Tür offen lassen, damit ich die Wohnung betreten konnte.“
„Aber die Tür war verschlossen.“
„Ja. Ich habe mehrfach
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