Kennwort: Schwarzer Ritter
war sie es Todd als seine Anwältin schuldig, Licht in dieses kleine Geheimnis zu bringen.
Aber wie würde Mitch darauf reagieren? Würde er verstehen, wenn sie ihm erklärte, was sie zu tun gedachte? Oder würde ihre Entscheidung die Spannungen zwischen ihnen vergrößern? Die Antworten auf diese Fragen waren nur zu offensichtlich. Sie versuchte, eine Weile lang nicht daran zu denken und sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, doch sie ließen sich ebenso wenig ignorieren wie ein hartnäckiger Kopfschmerz. Schließlich siegte die Verpflichtung ihrem Mandanten gegenüber.
Ehe sie zu ihrer Verabredung mit Dr. Eileen Brown fuhr, rief sie Jim Faber an, einen ehemaligen Polizisten aus Washington, der Privatdetektiv geworden war. Jim war gründlich, verlässlich und absolut diskret. Und er hatte ausgezeichnete Arbeit geleistet, als er ihr die notwendigen Informationen über Melanies Exehemann besorgt hatte.
Der Privatdetektiv begrüßte sie freundlich wie immer. „Hallo, Frau Rechtsanwältin. Wie geht’s Ihnen denn heute?“
Sie holte tief Luft. Sie war genauso nervös wie an jenem Abend, als sie Jessica angerufen und ihr mitgeteilt hatte, dass sie den Fall übernehmen würde. „Das hängt davon ab, ob Sie für ein paar Tage nach Colorado fliegen können.“
„Wann?“
„Sofort.“
„Hmm.“ Sie hörte, wie er durch sein Notizbuch blätterte. „Also, heute habe ich einen Termin nach dem anderen, aber morgen früh könnte ich los. Wäre das in Ordnung?“
„Wenn es nicht anders geht.“ Sie erzählte ihm kurz, worum es ging, und fügte hinzu: „Ich habe ein Foto von Molly Buchanan hier im Büro. Frankie wird es Ihnen bringen, zusammen mit Ihrem Vorschuss. Rufen Sie mich an, sobald Sie etwas herausbekommen haben?“
„Darauf können Sie sich verlassen.“
Dr. Eileen Brown war eine kleine Frau Mitte vierzig mit sanfter Stimme, festem Blick und einem überraschend zupackenden Händedruck. Sie begrüßte Kate im Empfangsbereich ihrer Praxis in der M Street.
„Mrs. Logan. Ich freue ich, Sie kennen zu lernen.“
Kurz darauf redeten sich die beiden Frauen bereits beim Vornamen an. Sie diskutierten über Ed Gibbons’ vielschichtige Persönlichkeit und darüber, wie man ihm am besten helfen konnte.
Das profunde Wissen dieser Frau über die menschliche Psyche beeindruckte Kate zutiefst, und sie beschloss, von ihrer Erfahrung zu profitieren, indem sie ihr ein paar Fragen über Cybersex-Junkies stellte.
„Ich habe intensiv mit Sexsüchtigen gearbeitet“, antwortete sie. „Und ich beantworte gern alle Ihre Fragen, solange die Intimsphäre meiner Patienten gewahrt bleibt.“
„Auf jeden Fall. Außerdem sind meine Fragen eher allgemein. Die erste lautet: Kann ein Mensch mit einer solchen Sucht überhaupt normal funktionieren? Ich meine, kann er oder sie eine Familie haben, einen Beruf ausüben, ganz normale Hobbys pflegen?“
„Davon gibt es eine ganze Reihe“, erwiderte Dr. Brown. „Bis sie an einem Punkt angelangt sind, an dem sie ihr Doppelleben nicht länger unter Kontrolle halten können.“
„Was passiert dann?“
„Einige suchen Hilfe, andere lassen ihr Leben von diesem zwanghaften Verhalten bestimmen – ein Leben, das schließlich außer Kontrolle gerät.“
„Was sind das für Leute, die Cybersex-Junkies werden?“
„Sie kommen aus allen möglichen Gesellschaftsschichten und Berufen. Um zu verstehen, was sie in diese Lage bringt, müssen wir bis in ihre Kindheit zurückgehen und herausfinden, ob sie von einem Elternteil oder einer Autoritätsperson sexuell missbraucht worden sind. Diese Art von Familiengeschichte kommt in meiner Praxis am häufigsten vor. Leider zeigt sich das Problem erst, wenn die betreffende Person erwachsen ist.“
„Und dann ist es zu spät?“
„Nein, ganz und gar nicht. Die Störungen sind zwar ein bisschen schwieriger in den Griff zu bekommen, aber zu spät ist es nie.“
„Wie erkennt man einen Sexsüchtigen?“
„Das ist nicht immer leicht. Manche folgen einem bestimmten Verhaltensmuster. Einem sehr unauffälligen Verhaltensmuster. Vorsichtige Menschen sind allzeit auf der Hut, während andere ständig und offen auf der Suche nach Gelegenheiten sind. Da gibt es dann durchaus auch körperliche Berührungen, obwohl diese Gesten vollkommen harmlos wirken.“
„Trifft das auf Frauen
und
Männer zu?“
„Selbstverständlich.“
Kate wusste nicht zu sagen, warum ihr in diesem Moment ausgerechnet Denise Jenkins, Lynn Flannerys schöne Partnerin, in
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