Keraban Der Starrkopf
Verlobten und gegenüber ihrem Bruder, während Bruno als Leibdiener fungirte.
Eines der Reitpferde trug Ahmet, das andere den Führer, der bald an die Talikas heransprengte, bald ein Stück vorausritt, um die Straße zu besichtigen.
Da das Land vielleicht nicht ganz sicher sein konnte, hatten sich die Reisenden mit Flinten und Revolvern versehen, ohne die Waffen zu rechnen, welche gewöhnlich schon in den Gürteln des Seigneur Yanar und seiner Schwester staken, und die berüchtigten, meist von der Pfanne brennenden Pistolen des Seigneur Keraban. Obwohl der Führer ihm versicherte, daß nichts zu fürchten sei, wollte Ahmet doch gegen jeden Angriff gesichert sein.
Eigentlich war es ja keine so schwierige Sache, etwa zweihundert Lieues in zwölf Tagen mit jenen Transportmitteln zurückzulegen, selbst wenn man nur selten an den hier dünnverstreuten Poststationen Halt machen und den Pferden nur einmal in der Nacht Ruhe gönnen konnte. Traten jetzt keine unvorhergesehenen und unwahrscheinlichen Zwischenfälle ein, so durfte man hoffen, diese Rundreise in der dafür festgesetzten Zeit zu Ende zu führen.
Der Landstrich, der sich von Trapezunt bis Sinope erstreckt, wird von den Türken Djanik genannt. Jenseits desselben beginnt des eigentliche Anatolien, das alte Bithynien, jetzt eines der umfangreichsten Paschaliks des türkischen Asiens, welches mit der Hauptstadt Kutaiah, mit Brussa und mit andern als Hauptorten den westlichen Theil des alten Kleinasiens umfaßt.
Die kleine Karawane, welche um sechs Uhr Morgens von Trapezunt aufgebrochen war, erreichte nach Zurücklegung eines Weges von fünf Lieues um neun Uhr Platana.
Auf diesen Bäumen entstehen Knorren… (S. 333.)
Platana ist das alte Hermuassa. Um dahin zu gelangen, muß man durch eine Art Thal ziehen, in dem Gerste, Weizen und Mais gedeihen, und wo sich schöne Tabakspflanzungen ausbreiten, welche ein vorzügliches Erzeugniß liefern.
Der Seigneur Keraban konnte sich nicht enthalten, die Vertreter dieser Solanee Asiens zu bewundern, deren Blätter, ohne besondere Bearbeitung, eine goldgelbe Farbe annehmen. Höchst wahrscheinlich hätte sein Correspondent, Freund Van Mitten, diese Bewunderung getheilt oder gar überboten, wenn es ihm nicht verboten gewesen wäre, etwas Anderes als die edle Sarabul zu bewundern.
Ueberall erhoben sich auch schon Bäume, Tannen, Fichten, Buchen, welche sich mit den prächtigsten Exemplaren von Holstein und Dänemark messen können, Nuß-, Johannisbrot-und wilde Erdbeerbäume. Bruno bemerkte nicht ohne ein gewisses Gefühl von Neid, daß die Landesbewohner, selbst noch ganz junge Leute, schon recht nette Dickbäuche waren – was er als zum Skelet herabgekommener Holländer als schwere Erniedrigung empfand.
Zu Mittag kam man an den kleinen Flecken Fol, wobei die ersten Bodenerhebungen der Pontinischen Alpen links liegen gelassen wurden. Auf den Wegen kreuzten sich, entweder in der Richtung nach Trapezunt oder von dort zurückkehrend, Bauern in dicken groben Wollenröcken, mit dem Fez oder einer Schaffellmütze auf dem Kopfe, in Begleitung ihrer Weiber, welche sich in gestreifte Baumwollenstoffe kleiden, die sich auf ihren rothwollenen Röcken recht gut ausnehmen.
Der Fahrweg verlief längs des Saumes prächtiger Wälder. (S. 339.)
Das Ganze gehörte zu dem Landstriche Xenophons, den er durch seinen Rückzug der Zehntausend berühmt gemacht hat. Der unglückliche Van Mitten durchstreifte denselben freilich unter den drohenden Blicken Yanars, selbst ohne daß ihm zugestanden wurde, seinen Führer nachzuschlagen. Dafür hatte er Bruno Befehl ertheilt, an seiner Stelle darin nachzulesen und im Fluge einige Notizen zu machen. Freilich dachte Bruno an ganz andere Dinge als an die Heldenthaten eines griechischen Heerführers, und deshalb hatte er auch beim Aufbruche aus Trapezunt versäumt, seinen Herrn auf den die Stadt überragenden Hügel aufmerksam zu machen, von dessen Gipfel die Zehntausend bei ihrer Rückkehr von Macronissi mit Jubelruf die Wellen des Schwarzen Meeres begrüßten. Nein, das war kein treuer Diener!
Nach einer Fahrt von zwanzig Lieues hielt und übernachtete die Karawane in Tireboli. Hier wurde der »Caiwak« bereitet mittelst des Labmagens von Lämmern, eine Art, durch Abkühlung der Milch gewonnene Crême, der Yaurk, ein aus saurer Milch mit Käselab erzeugter Käse, bestens gewürdigt von den Reisenden, denen der lange Weg einen tüchtigen Appetit erregt hatte. Schaffleisch unter allen
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