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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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kaum fünf-bis sechstausend Einwohner.
    O, warum war Van Mitten nicht zwei-oder dreitausend Jahre früher geboren worden! Wie hätte er diese berühmte Stadt bewundert, deren Gründung man den Argonauten zuschreibt, welche unter einer milesischen Colonie zu Ansehen gelangte und sich den Namen Carthago des Pontus Euxinus erwarb, deren Schiffe zur Zeit der Römer das Schwarze Meer bedeckten und welche endlich an Mohammed II. abgetreten wurde, weil sie dem Befehlshaber der Gläubigen so sehr gefiel! Jetzt war es freilich zu spät, etwas von dem alten Glanze zu entdecken, von dem nur da und dort noch schöne Karniese, verzierte Giebelbauten und Säulen verschiedener Style übrig sind. Es verdient noch bemerkt zu werden, daß die Stadt ihren Namen von Sinope, der Tochter Aesops und der Methone, herleitet, welche von Apollo geraubt und hierher gebracht wurde; diesmal freilich war es der weibliche Theil, der den Gegenstand seiner Zärtlichkeit mit sich hinwegführte, und diese Nymphe hieß Sarabul. Van Mitten selbst stellte diesen Vergleich an, aber er fühlte es dabei, wie sich ihm das Herz zusammenzog. Noch hundertfünfundzwanzig Lieues trennen Sinope von Scutari; dazu blieben dem Seigneur Keraban noch sieben Tage übrig. Wenn er auch nicht gerade im Rückstande war, so hatte er doch keinen Vorsprung gewonnen. Es kam also darauf an, keinen Augenblick einzubüßen.
    Am 24. verließ man mit Aufgang der Sonne Sinope, um den Krümmungen des anatolischen Ufers zu folgen. Gegen zehn Uhr erreichte die kleine Truppe Istifan, zu Mittag den Flecken Apana, Abends, nach einer Fahrt von fünfzehn Lieues, hielt sie in Ineboli, dessen offene Rhede, welche alle Winde bestreichen, für Handelsschiffe nicht besonders sicher ist.
    Ahmet schlug vor, hier nur zwei Stunden auszuruhen und den übrigen Theil der Nacht weiter zu reisen. Zwölf gewonnene Stunden wiegen ja recht gut etwas mehr Anstrengung auf. Der Seigneur Keraban nahm den Vorschlag seines Neffen an. Niemand widersprach – nicht einmal Bruno. Yanar und Sarabul selbst hatten es ziemlich eilig, an den Ufern des Bosporus anzukommen, um den Rückweg nach Kurdistan einzuschlagen, und Van Mitten nicht geringe Eile, soweit als möglich von jenem Kurdistan zu entfliehen, dessen Name allein ihm schon einen höllischen Schrecken einjagte.
    Der Führer hatte gegen den Vorschlag nichts einzuwenden und erklärte sich bereit aufzubrechen, sobald es gewünscht würde. Ihm galt Tag und Nacht gleich, denn bei seiner Gewohnheit, durch die dichten Wälder zu ziehen, konnte es ihm nicht fehlen, sich auf den Wegen längs der Küste zurecht zu finden.
    Um acht Uhr Abends, als sich eben der volle, klar glänzende Mond kurz nach Untergang der Sonne im Osten erhob, fuhr man ab, und Amasia, Nedjeb, wie der Seigneur Keraban, die edle Sarabul, Yanar und Van Mitten machten es sich in den Wagen bequem, und schlummerten bei dem gleichmäßigen, aber anhaltenden Trabe der Pferde bald ein wenig ein.
    So bemerkten sie nichts von dem Cap Kerembe, das immer von Seevögeln umschwärmt ist, deren betäubendes Geschrei die Luft erfüllt. Am Morgen kamen sie durch Timle, ohne daß ein Unfall die Reise störte; dann erreichten sie Kidros und machten am Abend in Amasra für die Nacht Halt. Nach einer, binnen sechsunddreißig Stunden zurückgelegten Wegstrecke von mehr als sechzig Lieues bedurften sie wohl wieder einmal der Ruhe.
    Van Mitten – wir müssen immer auf diesen wackeren Mann zurückkommen, der seinen Reiseführer schon vorher beständig studirt hatte – hätte, wenn er Herr seiner Handlungen und mit dem nöthigen Gelde versehen gewesen wäre, gewiß gern den Hafen von Amasra durchsucht, um dort einen Gegenstand zu finden, dessen archäologischen Werth kein Sachkenner leugnen dürfte.
    Es ist bekannt, daß die Königin Amastris 290 Jahre vor Christus – sie die Gattin des Lysimachus, eines der Heerführer Alexanders, die berühmte Gründerin der Stadt – in einen Ledersack gesteckt und von ihren Brüdern in das Wasser desselben Hafens geworfen wurde, den sie gegründet hatte. Ha, welcher Ruhm für Van Mitten, wenn es ihm im Vertrauen auf seinen Reiseführer gelungen wäre, diesen berühmten historischen Sack wieder aufzufischen! Doch wie gesagt, es fehlte ihm an Zeit und Geld, und ohne Jemand – nicht einmal der edlen Sarabul – die Ursache seiner Träumerei mitzutheilen, schwieg er zu seinem größten archäologischen Kummer.
    Am andern Morgen, dem 26. September, wurde diese alte Hauptstadt der Gennesen,

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