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Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Glücks: ein etwas heftigeres Atmen, ein leises Keuchen.
    Ob er die Frau danach kennengelernt habe? Hans fühlte sich zu einer Frage verpflichtet, denn die Stille, in der Souad nach der Wirkung seiner Worte im Gesicht seines Zuhörers forschte, war ihm peinlich geworden. Souad guckte seinen Mitmenschen so rücksichtslos ins Gesicht, daß man schon von einem Angaffen sprechen mußte, das auf eine Gegenseitigkeit der Blicke gar nicht mehr aus war. Was der andere dazu denken mochte, wenn er so gemustert wurde, war Souad gleichgültig.
    Sein Gegenüber wurde in solchen Augenblicken gleichsam zur Leiche, die der Gerichtsarzt in der Morgue untersucht.
    »Ich kenne sie, wir sprechen jeden Tag, sie hat mir auch ihre Freundinnen zugeführt, ich kann mich vor Anrufen nicht mehr retten«, sagte er schließlich mit Behagen.
    »Und wie sah sie aus?«
    »Sie hat mir ein Bild geschickt. Ein schönes Bild. Sie sieht darauf aus wie ein Photomodell, aber ich glaube, das Bild zeigt nicht sie. Niemals werden wir uns treffen, wo denken Sie hin. Ich bin ein vermögender Mann, ich habe die Waschanlage, ich habe ...« Hier senkte er mit Blick auf die weiterhin raunende, weiterhin kühl zu Hans und Souad hinübersehende Frau Mahmouni die Stimme, »ich habe noch andere Interessen, jede Menge - ich bin geschieden, meine Frau hat keine Ansprüche, alles ist geklärt von einem solchen Mann träumen die Frauen, aber nicht mit mir«. Man müsse aufpassen, das sei seine Lebensregel: Vor allem aufpassen. Diese Regel sei auf vieles anwendbar, auf alles letztlich.
    »Tu was du willst, aber paß auf.« Er blieb allein in seinem Bett, hatte aber das Telephon am Ohr und erlebte die reichsten und auslaugendsten Liebesstunden, wie schon lange vor seiner Scheidung nicht mehr - und er sei mit einer der schönsten Frauen weit und breit verheiratet gewesen - der schönsten überhaupt, aber ohne Herz und Hirn. Er vermisse sie keinen Tag. Immerhin hatte er aus seinen Ehetagen etwas Praktisches im Gedächtnis behalten.
    »Wo werden Sie schlafen, wenn Ihre Frau morgen kommt?«
    Im Keller stehe noch ein großes Bett, das werde er morgen von dem Ghanesen in den vierten Stock schaffen lassen.
    Hans hatte drei Bierflaschen geleert. Der Äthiopier ersetzte mit Diskretion jede leere Flasche augenblicklich durch eine volle. Aber die Mondnacht sprach deutlicher zu ihm, seitdem er etwas Alkohol im Blut hatte und aus dem Licht der Bogenlampe in den Schatten gerückt war. Sonnenlicht war so stark, daß es den ganzen Himmel leuchten ließ, aber der Mondschein überglänzte nur sanft, was unter ihm lag. Es war im Mondlicht, wie wenn man bei einer Kerze sitze, die den Gegenständen einige Lichter aufsetzte und sie im übrigen ins Dunkel übergehenließ. Man ahnte die Massen und Körper nur noch, die sich in eigensinniges Schwarz zurückzogen. Das machte die Räume kleiner und größer zugleich. Schließlich war ihm zumute, als habe er einen Raum im eigenen Körper betreten, der groß war, dessen Grenzen sich nicht abschätzen ließen, und der dennoch etwas von einer Höhle hatte. In dieser dunklen Höhle war es zu den Gesprächen des späten Abends gekommen, die so ungewohnt für ihn waren, aber die ihm zugleich das Gefühl gaben, in der Wohnung, die er gemietet hatte, schon längst zu Hause zu sein.
    Wenn Frau von Klein von der »Scheußlichkeit« Frankfurts sprach, mochten viele ihr zustimmen, ohne darüber nachzudenken, worin diese hoheitsvoll diagnostizierte Scheußlichkeit eigentlich bestehe. Hing Frau von Klein etwa an der im Krieg und während des Wiederaufbaus restlos vernichteten mittelalterlichen Stadt? Mittelalter und Frau von Klein, das war gewiß keine glaubwürdige Konstellation. Sie machte sich das Urteil mit der Scheußlichkeit etwas zu leicht. Verwüstet durch den Aufbau war jede von Bomben zerstörte deutsche Stadt. Jede von ihnen enthielt Schreckensorte, die eindringlicher als jedes Mahnmal davon sprachen, was durch den Krieg in
    Deutschland geschehen war. Das spezifisch Abstoßende an Frankfurt war daran gemessen etwas Zartes, das erst aufgestöbert und ins Bewußtsein befördert werden mußte: Ausgeso-genheit konnte man es nennen, Verödung von Lebensadern, einen Pappkartongeruch, den feinen Staub in einem Lager mit Büroartikeln, den vollständigen Verlust von Hall und Timbre, die Auflösung von verborgenen Kavernen, Hohlräumen, in denen die alte Stadtluft gleichsam konserviert hätte werden können, von vergessenen Speichern, von gegenwärtigem Gebrauch

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