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Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Mittelmeer, wie er von Ina wußte. Sie sprach von einem bedeckten Himmel und geradezu ungemütlicher Abendkühle am Golf von Neapel, während sich über Frankfurt ein blühendes Hellblau spannte, das gegen Abend weicher wurde, aber noch lange nicht verblaßte.
    Außerhalb der Innenstadt waren die Straßen leer. Das Fahrradfahren war ein Dahingleiten durch streichelnde, gesättigte Luft. Selbst die Autoabgase gaben ihr, wenn er einmal solch eine Fahne streifte, gewürzhafte Fülle. Eine gewisse Schwere, eine gleichsam wattige Substanzhaftigkeit gehört geradezu zur Stadtluft. Viel Staub und Schmutz in der Luft gibt dem Licht eine unvergleichliche Schönheit, wie jeder weiß, dem die Sonnenuntergänge von Delhi oder Mexico City vor Augen stehen - hinter den Rauchfiltern wird die Sonne riesengroß und verströmt eine in reinen Sphären unbekannte rotgoldene Pracht. Für solche Schauspiele war die Luft in Frankfurt allerdings nicht schmutzig genug, und exotische Lichtwunder wurden auch gar nicht vermißt, wenn Häuser und Vorgärten ihren biedermeierlichen Abendfrieden ausstrahlten, Feierabendstille, in die tatsächlich auch eine bimmelnde Kirchenglocke klang. Es mußte hier irgendwo eine Kapelle in der Nähe sein, für eine große Glocke war der Klang zu hell. Vor vielen Fenstern waren die Rolläden heruntergelassen, um die Sonne tagsüber abzuhalten. Und nun rumpelte es überall leise, weil sie hinaufgezogen wurden, um das ausgeschlossene Licht, dem endlich die brennende Hitze fehlte, wieder in die Zimmer fallen zu lassen. Die Straßen, die er ohne große Pläne durchfuhr, waren wohl vor hundert Jahren angelegt worden. Die Mietshäuser mit drei, höchstens vier Stockwerken bestanden vielfach aus rotem Mainsandstein, wenigstens die Torpfosten, das Sockelgeschoß und die Fensterumrahmungen waren rot, etwas Deutsches, Provinzielles hatte dieser Stein, eine gewisse burg- und kirchenhafte Düsterkeit. Jetzt aber war er so sanft beschienen, daß er geradezu von innen heraus strahlte.
    »Wie wäre es, hier zu wohnen?« fragte sich der junge Mann und blickte in ein Eßzimmer, in dem eine schöne Lampe vor einem großen Spiegel brannte, ein weiteres Zimmer schloß sich an, und durch das hintere Fenster sah es grün herein. Nein, niemals ein Erdgeschoß, dachte er dann, Ina fürchtete sich und hätte in einer Parterrewohnung nie bei offenem Fenster geschlafen. Aber man konnte ja auch in den ersten Stock ziehen, der gewiß ein wenig heller war und dessen pompöser kleiner Baikon eine dicke Barockbalustrade hatte. Auf diese Balustrade würde sie wohl Terracotta-Töpfe mit Buchsbaumkugeln setzen, wie die Leute das hier auch getan hatten. Eine Reihe von Häusern hier war derart geschmückt, als schlage das diskrete Innenleben durch die dicken Mauern hindurch nach außen, um den im Innern herrschenden Geschmack auch zur Straße hin auszustellen. In der Wärme des Sommerabends atmeten die starren Häuser und wurden zu großen Klangkörpern, wie von Musikinstrumenten, die leise hallen und dröhnen, wenn sie angestoßen werden oder wenn die Luft durch sie hindurch bläst.
    Der junge Mann war von der schweigenden, aber lebensvollen Schönheit der Straße so erfüllt, daß jeder Zweifel und jede Sorge, ob sich in dieser Stadt wohl die passende Wohnung für Ina und ihn verberge, dahinschwand. Ihm war, als stünden alle diese noch wenig erleuchteten, aber offensichtlich bewohnten Wohnungen zu seiner Verfügung, als spielten die Leute, die in ihnen die Fenster öffneten und die Rolläden hinaufzogen, ihm bloß vor, wie es sich darin lebte, bis er sich für eine von ihnen entschieden hatte. Ohne sich zu fragen, was er eigentlich suchte, stieg er vom Fahrrad und ging durch ein geöffnetes eisernes Gartentor den Gang entlang, der an der schweren Haustür und der kleineren, aber gleichfalls mit geschmiedetem Gitter geschützten Tür zur Hintertreppe vorbei tu den Hof führte.
    Dort stand eine riesige Kastanie, mit einer Blätterfülle, die den ganzen Hof in grünes Licht tauchte. Der Baum ragte bis über die Dächer. Der enge Hof hatte sein Wachstum angetrieben wie das einer Palme, eine grüne Säule, ein grüner Wasserfall, ein Naturwunder war in diesem Hof entstanden. Zwischen den Wurzeln des Baumes stand ein Sandkasten mit Eimern und Schippchen, als seien die Kinder gerade eben erst ins Haus gelaufen. Unter diesem Baum zu spielen und aufzuwachsen, in der Gegenwart seiner friedlichen Größe - konnte ein solches Jugenderlebnis nicht vor einer

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