Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
durch das vereinzelte Autoscheinwerfer wander-ten, die Zimmerdecke ins Licht hoben und sie dann wieder zurücksinken ließen. Hans erinnerte sich genau an die Geräusche: das ferne Brausen, die weit entfernte Sirene eines Krankenwagens, die dem Raum Tiefe gab, die Empfindung, unter einer riesigen Glocke zu sein. Und während er da lag und der Vorstellung der Glocke nachhing - das wußte er genau, daß er gerade das getan hatte -, hörte er plötzlich ganz in der Nähe eine ruhige helle Stimme ohne Aufregung und Nachdruck, mit sanfter Bestimmtheit seinen Namen sagen: »Hans. Hans.«
    Er richtete sich auf. Es war ihm, als habe er die Stimme nah an seinem Ohr gehört. Eine helle Stimme - von einem Mann? einer Frau? einem Kind? - das wäre nicht zu sagen gewesen, es war diese Bestimmtheit, die im Vordergrund stand. Es war nicht eigentlich ein Ruf gewesen. Vielleicht wollte die Stimme sich nicht unmittelbar an ihn richten, vielleicht war dem Menschen, dem diese Stimme gehörte, nach langem Nachdenken der Name Hans eingefallen, und so sprach er ihn denn aus: »Hans. Hans.«, so war aus ruhigem Überlegen heraus sein Name gesprochen worden. Oder war die Stimme nur Einbildung? Kein Apparat hatte sie aufgezeichnet, und dennoch war sie dagewesen, unbezweifelbar, nah an seinem Ohr. Dies war von außen gekommen, das konnte er genau unterscheiden, dies war nicht ein Gedanke in seinem Kopf oder Herzen, sondern etwas von ihm Unabhängiges.
    War Ina erwacht? Hatte sie zu ihm gesprochen? Schlaftrunken war die Stimme nicht gewesen, aber sie kam aus tiefer Ruhe. Gab es hier in der Nähe jemanden, der von einem Hans geträumt hatte und sich im Aufwachen seinen Traum bestätigte? Nur er selbst hatte nicht geträumt. Er stand auf und rührte sich eine Weile nicht. Er ging in den Korridor. War vielleicht unten im Badezimmer der Wittekinds von Hans gesprochen worden? Hatte eine Wärmeböe eine Stimme aus dem Hof oder von der Straße zu ihm hinaufgetragen?
    Er steckte den Kopf aus dem Fenster. Tatsächlich, unten im Hinterhof war noch Licht. Der Äthiopier hatte dort eine Art Stehlampe herausgestellt. Es ging auch anderen Leuten wie Hans: an Schlaf war nicht zu denken. Er schlich sich ins Schlafzimmer und zog Hemd und Hose an. Aber noch während er sich anzog und als er dann im hallenden, rumpelnden Treppenhaus hinabstieg, war ihm klar, daß auch dann, wenn sich irgendeine natürliche Erklärung fand für diese Stimme, die »Hans. Hans.« gesagt hatte - und sei es Souad, der mit seinem weittragend hellen, heiseren Organ gerufen hätte, sei es Britta in ihrem Badezimmer, oder Ina, die im Schlaf sprach, das tat sie übrigens gelegentlich, aber murmelnd und unverständlich -, die eigentliche Bedeutung dieses Erlebnisses da--von nicht berührt wurde. »Hans. Hans.« Das war eine Anrufung oder eine Ankündigung. Es bedeutete etwas allein auf ihn Bezogenes. Ein Blatt in seinem Lebensbuch wurde umgewendet. Meistens merkte man das erst viel später. Ihm aber war nun vergönnt gewesen, in diesem entscheidenden Augenblick anwesend zu sein.
    Im Hof hielt die gewohnte Gesellschaft die Wacht. Barbara trug ein enges Oberteil mit dünnen Trägern. Sie hatte eine ganze Landschaft aus Schlüsselbeinlöchern und Gelenkkugeln, hartem Brustbein und Rippenansätzen freigelegt, die nicht einmal von der Löwenmähne magdalenenmäßig verhüllt werden durfte, denn das Haar war hochgesteckt, sie wollte im Nacken den Nachtwind fühlen. Der Vetter war rosa gekleidet, Polohemd und Jeans in abgestimmtem Ton, aber trotz dieser optimistischen Farbe gewohnt grämlich. Frau Mahmouni saß in einer Haltung im Klappstuhl, als seien ihre Beine von einem Rudel edler Windspiele umgeben, wie immer in ihrem ein für allemal für sie geschaffenen Seidencomplet, diesmal mit großen violetten Sommerblumen bedruckt, die ihre Gestalt noch zerbrechlicher erscheinen ließen. Es war gewiß nur der späten Stunde zu verdanken, daß alle Telephone ruhten. Auch mit anderen Zeitzonen wollte keiner der Anwesenden gegenwärtig in Verbindung treten. Hans wurde mit gedämpftem Zuspruch begrüßt. Er spitzte die Ohren. Glich eine der Stimmen, die da »Hans« sagten, jener einsamen aus seinem Wohnzimmer? Er kam zu keinem Ergebnis. Das war aber, wie gesagt, auch schon ohne Bedeutung. Souad musterte ihn mit gewohnt nacktem Blick, aber er war gegenwärtig in ein anderes wichtiges Geschäft vertieft und wollte sich Hans erst später vornehmen.
    »Hören Sie mal zu«, sagte er deshalb, wie häufig im

Weitere Kostenlose Bücher