Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
noch eine wirkliche Dämmerung herausgekommen. Hans sah zu Wittekind hinüber, der sich wieder, wie schon das letzte Mal, auf einem Schattenplatz befand. Jetzt hatten die Schlagschatten ihm ein neues Gesicht aufgeschminkt. Es sah aus wie eine zu triumphierendem kaltem Hohn verzerrte Maske. Die Kerzen setzten den Augen ein diabolisches Glitzern auf. Merkte sonst niemand die Veränderung, die in ihm vorgegangen war? Britta war nach ihrer Privatvorführung wieder still geworden. Sie litt jetzt an der Verstimmung, die viele Schauspieler nach der Arbeit befällt. Sie haben ihr Bestes gegeben, aber wieviel davon über die Rampe gekommen ist, bleibt selbst nach freundlichem Applaus unklar. Als Hans und Ina aufbrachen, war die Verabschiedung dennoch herzlich.
    Ehepaare, die sich auseinandergelebt haben, finden in gemeinsamem Spott über andere Leute oft noch ein Stückchen der alten Gemeinsamkeit zurück. Man hat einen Ton gemeinsam, man sieht Ähnliches und lacht über dassselbe. Unter dem Gesichtspunkt ehelicher Friedfertigkeit und des Festhaltens am gemeinsamen Leben ist der böswillige eheliche Nach--klatsch moralisch durchaus zu rechtfertigen. Auch Ehefrieden hat eben einen Preis. Hans und Ina waren heute abend zum ersten Mal in der Verfassung, diesen Weg zu beschreiten, um wieder zueinander zu finden. Ina hatte den ganzen Abend geschwiegen, auch deshalb, weil niemand das Wort an sie richtete, aber dafür hatte sie gut zugehört.
    »Plötzlich hatte ich das Gefühl, daß jedes einzelne Wort, das diese Frau sagte, gelogen war. Sie hat es so hinbekommen, daß alles, was sie sagte, falsch klang, auch ganz gleichgültiges Zeug. Zum Beispiel: - >Ich vertrage kein Olivenöl< oder >Ich brauche zum Arbeiten eine Flasche Champagner< oder >Ich möchte keine Hauptrolle spielen, ich bin noch nicht soweit< oder >Wir freuen uns wahnsinnig, Sie zu sehen< oder >Ich hasse Rom< oder >Ich liebe Musik< - daß das alles ausgedachte Behauptungen sind, von denen das Gegenteil ganz genauso gestimmt oder auch nicht gestimmt hätte. Und du hast an ihren Lippen gehangen, aber der Mann ist nicht dumm, dem war das alles furchtbar peinlich.«
    Hans bestritt, an Liliens Lippen gehangen zu haben, obwohl er genau das getan hatte, aber ohne ihr zuzuhören, nur indem er ihre Lippen in ihrem Klappauf-Klappzu beobachtete - »muschelrein« fiel ihm ein, wenn er an diese hellgrauen Lippen dachte, die ein zarter Speichelfilm opalisierend glänzen ließ, aber er lachte von Herzen, als Ina ihre Aufzählung brachte. Sie war unbestechlich gegenüber falschen Tönen, nur bei ihrer Mutter nicht, und doch steckte mütterliches Training in diesem arglos-unbestechlichen Hinhören. Ina ließ sich von ihm ein bißchen umarmen. Sie versöhnten sich auf Kosten der Wittekinds. Es trug zu Inas Befriedigung bei, daß sie schwören wollte, dort unten sei nach ihrem Verschwinden noch ein Streit losgebrochen. Sie meinte, im Schacht, auf den die Badezimmerfenster beider Wohnungen hinausgingen, einen scharfen Wortwechsel gehört zu haben.
    Heute nacht war es anders als gewohnt: Ina hatte sich kaum ausgestreckt und mit dem Leintuch zugedeckt, ein Geschenk aus den alten Aussteuerbeständen der Mutter, und tatsächlich war ein großes I unter kleinem fünfzackigen Adelskrönchen hineingestickt, da fielen ihr auch schon die Augen zu, während Hans, der sich zu ihr gedreht hatte, um, wie sie es zuvor immer getan hatten, sich gegenseitig in den Schlaf zu plaudern, allein im Zustand der Bewußtheit zurückblieb Und so sehr er sich auch wünschte, daß der Schlaf ihn einholte und in die Arme nahm, es wurde nichts daraus. Er blieb hellwach. Zunächst war es die Enttäuschung, die ihn munter hielt. Hoffte er etwa, daß die zurückgekehrte gute Laune in Ina den Wunsch gefördert hätte, sich noch ein bißchen mit ihm zu beschäftigen? Jedes geübte Paar hat sein kleines Ritual in der Liebe. Bei diesen beiden kam die Leidenschaft nicht in Lüsternheit oder durch irgendwelche aufreizenden Manöver zustande, sondern spielerisch. Außenstehende, die es zum Glück nicht gab, hätten auch von Albernheit sprechen können. Die ging vor allem auf Inas Konto, die sich, obwohl Hans keineswegs ihr erster Liebhaber war, in der Vorstellung gefiel, »von diesen Dingen nicht viel zu verstehen« und auch nicht zu begreifen, was die Leute daran so wichtig fänden. Hierin hätte eine tüchtige Portion Heuchelei gelegen, wenn die angebliche Ahnungslosigkeit nicht in ihr Spiel eingebaut gewesen wäre.
    Von Hans

Weitere Kostenlose Bücher