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Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
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verdursten müssen.« Seine Frau sagte, dass er wohl einmal im Leben drei Nächte auf einem Bauernhof überleben werde und dass er jetzt allmählich mit seinem lächerlichen Aufstand gegen diesen Ausflug aufhören könne, schon des Kindes wegen. Auch ausgemachte Großstadtfanatiker würden aller Erfahrung nach nicht nach zwei Stunden Landluft kollabieren, da solle er sich mal keine Sorgen machen. Lächerlich, sein ganzes Benehmen sei lächerlich. Er sagte, apropos lächerlich, da würde er ja immer an Erwachsene denken, die nicht wüssten, wie herum Landkarten zu halten seien, sich aber trotzdem für absolut wildnistauglich hielten. Dann musste er scharf bremsen, weil ein Hahn über die Landstraße stolzierte. Wegen des Rucks kippte ihm der Sohn seinen Trinkbecher mit abgestandener Apfelschorle von hinten über den Kopf. Seine Frau lachte unwillkürlich, und er erklärte ebenso spontan in nur halb unterdrücktem Brüllen, wie sehr er ihre Schadenfreude satthabe, ihren dauernden Spott, ihre herablassende Art, weil sie sich für die Geschicklichkeit und Intelligenz in Person hielt, aber dabei eben nicht einmal die dämliche Landkarte – er riss ihr die Landkarte vom Schoß und wedelte wild gestikulierend damit herum. Ein Teil davon löste sich ab und wehte aus dem Fenster davon, das er gerade wieder aufgemacht hatte, um den verdammten Pappbecher seines Sohnes rauszuwerfen. »Weheg!«, rief der Sohn von hinten begeistert, »weheg! Papa hat sie fliegen gelasst! Weheg!«
    Seine Frau sagte dann nichts weiter, sondern schüttelte nur den Kopf und sah stoisch aus dem Seitenfenster. Sein Sohn sang hinten weiter fröhliche Variationen auf »weheg« vor sich hin, und er umkreiste fluchend noch mehr Dörfer, bis endlich ein bekannter Ortsname auftauchte, der auch in der Wegbeschreibung zum Bauernhof vorkam, die ausgedruckt am Armaturenbrett klebte.
    Wenigstens war dann der Rest des Weges zum Ferienbauernhof tatsächlich ausgeschildert, an einige Alleebäume waren handgemalte Schilder mit lachenden Tieren genagelt, einmal ein lachendes Schwein, einmal ein lachender Esel. »Guck mal«, sagte seine Frau zum Sohn und zeigte mit gespielter Begeisterung auf die Schilder, »da geht’s zum Bauernhof. Da gibt es Schweine!«
    »Sogar schon bevor ich ankomme!«, knurrte der Vater und fuhr schließlich auf den Hof eines alten Reetdachhauses, an das etliche modernere Wirtschaftsgebäude grenzten. Scheunen, Stallungen, Garagen – zwei der Anbauten sahen aus wie moderne Ferienhäuser, das waren dann wohl die Quartiere. Hinter dem offenen Tor einer Scheune sah man einen gigantischen Trecker, und in einer Ecke des Hofes lag ein Misthaufen, auf dem Hühner herumpickten. Deko, dachte der Vater, alles nur Deko. Das ist so klischeemäßig, das ist bestimmt alles nur für die Touristen aufgebaut. Die stapeln hier doch Mist für Geld.
    Der Sohn wollte sofort aussteigen und augenblicklich die Schweine sehen. Er wurde sehr ungehalten, als seine Eltern erst die Koffer ausladen und dann noch in Ruhe das Zimmer beziehen wollten und dann sogar von der Bettgehzeit anfingen. Seine Unterlippe schob sich zitternd vor, und er bekam rote Flecken auf den Wangen. Sein Vater, der die Heckklappe geöffnet hatte und Koffer und Taschen zum Haus wuchtete, sah zwischendurch kurz auf den Sohn und sagte: »Achtung, Riesendrama. Nur noch wenige Minuten bis zum Einschlag.« Seine Frau, die immer noch vorne saß und brütend vor sich hin starrte, sah sich nach dem Kleinen um und stopfte die Reste der Landkarte wütend ins Handschuhfach. Sie stieg aus, schnallte den Sohn ab, nahm ihn dann wortlos mit einem Ruck an die Hand und zog ihn hinter sich her zu den Stallungen. Er folgte ihr stolpernd, während sie energisch ein Tor nach dem anderen aufriss und wieder zuknallte, nachdem sie einen kurzen Blick in das Gebäude geworfen hatte. »Du kannst doch nicht einfach überall …«, rief der Vater hinter ihr her, und sie rief in unangenehm keifenden Tonfall zurück, dass das hier Ställe seien, keine Separees, und da könne man sehr wohl. Er dachte, super, und hinter den Fenstern vom Wohnhaus drüben, da sitzen die Bauern und die anderen Gäste und gucken jetzt schön zu, welche Verrückten da gerade ankommen, die zuerst einmal hektisch die Koffer wild vor dem Auto verteilen, sich dabei anpöbeln, ihren heulenden Sohn quer über den Hof schleifen und dann alle Ställe aufreißen, als würden sie sich getrennte Schlafzimmer bei den Viechern suchen. Er sah zu den Fenstern hinüber

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