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Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
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einige Mühe, trotz des Sohnes, der ihm wie ein sehr schweres Heizkissen auf dem Nacken saß, weiter singend voranzuschreiten. Schweiß lief ihm in die Augen, und er merkte, dass er sich Blasen an den Füßen lief. Das war wieder eine seiner besten Ideen gewesen, brandneue Schuhe auf Feldwegen einzulaufen. Er sah auf seine Sneakers hinunter. Dabei stolperte er, stürzte fast und fing den Jungen gerade eben noch auf. Der Sohn weinte, weil der Vater beim Auffangen an seinen Armen gerissen hatte und weil er einen Schreck bekommen hatte, der Vater stand schwer atmend, mit brennenden Füßen und Stichen im Rücken vor ihm und sagte, dass nichts sei. Allerdings merkte er selbst, dass er nicht eben glaubwürdig klang. Während er in die Hocke ging und versuchte, beruhigend auf den Jungen einzureden, sah er, dass dessen Nacken von der Sonne bereits krebsrot war. Das würde ein Sonnenbrand für Fortgeschrittene werden, so viel stand fest. Was seine Frau dazu sagen würde, konnte er sich ziemlich gut vorstellen, zumal er ihr in den letzten Tagen mehrfach Predigten gehalten hatte, dass Kleinkinder eigentlich in der Sonne gar nichts zu suchen hätten, weswegen auch so ein Aufenthalt auf dem Land eigentlich Unsinn sei, nur in der Stadt sei immer genug Schatten, spätestens auf der anderen Straßenseite. Die Sonnencreme lag, wenn er sich recht erinnerte, noch irgendwo in den Tiefen eines Koffers. Er zog sein T-Shirt aus und band es dem Jungen um den Kopf. Wahrscheinlich würde er jetzt selbst schön gegrillt werden, so mit freiem Oberkörper, aber was tut man nicht alles, dachte er. Der verheulte Junge mit dem weißen T-Shirt um Kopf und Nacken sah nun aus wie ein Flüchtlingskind, das man gerade aus einem Krisengebiet, das unter UNO -Beobachtung stand, trug. Er stemmte ihn wieder auf seine Schultern und ging weiter, nach Singen war ihm allerdings nicht mehr zumute. Endlich sah er ein Gebäude hinter einer Kurve, ein ziemlich großes Gebäude sogar, es konnte sich sehr gut um einen Stall handeln. Er sagte aber lieber nichts, bevor der Kleine sich wieder umsonst freute, er ging nur etwas schneller und ignorierte verbissen seine Füße, die an den Fersen wahrscheinlich schon bluteten, wenn nicht sogar im Blut schwammen. Seine Frau würde nachher den Kopf schütteln und etwas von Anstellerei und allgemeiner Jämmerlichkeit murmeln, aber tatsächlich wusste er ernsthaft bald nicht mehr, wie er vor Schmerzen noch laufen sollte. Er verfiel in einen hinkenden Gang, um zumindest einen Fuß zu schonen, und von Zeit zu Zeit machte er einen kleinen Hopser, um auch den anderen Fuß etwas zu entlasten. Schließlich zog er die Schuhe aus und trat sie in einem Anfall sinnloser Wut in den Graben neben dem Weg. »Was machst du?«, fragte der Junge, und der Vater sagte lieber nicht, was er da gerade gemacht hatte, er zeigte lieber auf die Lerchen oben am Himmel und rappelte alles herunter, was er über Lerchen wusste, was allerdings nicht sehr viel war. »Bodenbrüter«, sagte er mehrmals, »das sind Bodenbrüter, mein Junge.« Er ging barfuß weiter und merkte schon nach wenigen Schritten, dass er es sich so auch nicht einfacher gemacht hatte, denn der Weg war mit Schottersteinchen bedeckt, die seinen Städterfüßen erhebliche Probleme bereiteten. Er hüpfte und stakste, das Gewicht des Sohnes auf seinen Schultern machte die Lage nicht besser. Ich sehe wahrscheinlich aus wie ein bekiffter Storch, dachte er, kein Wunder, dass die Leute vom Land den Städtern immer so distanziert begegnen, das sind eben immer so Typen wie ich. Sie kamen dem Gebäude allmählich näher, und es sah tatsächlich immer noch nach Stall aus.
    Dicht dahinter konnte er jetzt noch weitere Gebäude sehen, ein altes Reetdachhaus und einige neuere Anbauten. Er blieb stehen, sah genau hin und staunte. Ziemlich direkt hinter dem Schweinestall war der Ferienbauernhof, und er musste einen wirklich enorm großen und völlig sinnlosen Kreis gelaufen sein, um sich dem Anwesen so dämlich von hinten zu nähern. Er überlegte, wie er das seiner Frau erklären könnte, ohne sich komplett lächerlich zu machen, und im ersten Moment fiel ihm dazu nichts ein. Der Sohn fragte, ob da vorne die Schweine drin seien, und er sagte ja, vermutlich seien sie da wirklich drin. Vor der Tür des Stalls stand eine ältere Frau in einem Kittel, eine ziemliche Walküre von Frau, wie er im Näherkommen sah. Sie stand mit verschränkten Armen neben einer Schubkarre und sah den Weg entlang, als würde sie

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