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Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
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Weiß der Herrgott, warum trotzdem nichts Gescheites aus dir geworden ist!«
    Ich zog meinen iPod aus der Reisetasche und steckte mir die Kopfhörer in die Ohren. Zu den Klängen von »On the beach« schmachtete ich die kanarische Landschaft an und freute mich auf eine kühle Dusche im Hotel.
    Es lag malerisch an einem scheinbar unendlichen, weißen Dünenstrand und sah wie ein Schloss aus. An der Rezeption nahm ich meinen Schlüssel in Empfang und beobachtete zufrieden, wie die Kleinfamilie in den entgegengesetzten Flügel abzog.
    Fünf Minuten später stand ich in einer weißgekachelten Dusche in einem Traum von Badezimmer, vor mir ein dreisprachiges Schild, das die Gäste bat, Wasser zu sparen. Ich pfiff darauf und spülte in einer zwanzigminütigen Dusch-Orgie die Erinnerung an meine Identität als Hausfrau, Mutter und ganz besonders als Schwiegertochter von mir ab. Während ich meine Haare trocken rubbelte, bewunderte ich durch das Balkonfenster, wie die Sonne in einem blutroten Himmel im Meer versank, das wie flüssiges Silber glitzerte. Mein Magen meldete, dass es Zeit zum Abendessen war. Als ich die Marmortreppe zum Foyer hinunterlief, freute ich mich auf den klimatisierten Speisesaal, einen kühlen Drink und das leckere Vorspeisenbüfett, für das das Hotel berühmt war.
    »Leider haben wir in unserem Restaurant keinen Einzeltisch mehr frei«, begrüßte mich der freundliche Concierge in nahezu akzentfreiem Deutsch. »Aber Sie haben doch sicherlich nichts dagegen, wenn wir Sie bei einer netten Familie aus Ihrer Heimat am Tisch platzieren?«
    Was habe ich in meinem letzten Leben eigentlich verbrochen? , fragte ich mich eine Minute später, als der glutäugige spanische Kellner mir den Stuhl unterschob.
    »Das ist aber eine nette Überraschung!«, freute sich meine Stuhlnachbarin, die ihre grellbunte Tunika inzwischen gegen ein tief ausgeschnittenes, feuerrotes Abendkleid eingetauscht hatte. Eine lange Bernsteinkette, die sich redlich, aber erfolglos, bemühte, von dem faltigen Dekolleté abzulenken, verschwand zwischen zwei – sicher vom jahrelangen Stillen – erschlafften Brüsten.
    »Ich finde es ja sehr freundlich von den Spaniern, dass sie bedauernswerte Single-Frauen zu den Familien setzen, damit sie ein bisschen auf den Geschmack kommen, wie schön es ist, Kinder zu haben. Ich bin hier eigentlich auch nur das fünfte Rad am Wagen«, flüsterte sie mir verschwörerisch zu. »Meine Tochter und mein Schwiegersohn brauchen abends ja auch einmal einen Babysitter, da haben sie mir diese Reise, natürlich nicht ganz uneigennützig, zum Muttertag geschenkt.«
    Ich nickte zerstreut und fragte mich, ob diese Frau während der ganzen Rede auch nur ein einziges Mal Luft geholt hatte oder ob sie die Zirkulationsatmung beherrschte. In der Gewissheit, dass das junge Paar ihr Muttertagsgeschenk inzwischen bitter bereute, hielt ich verstohlen nach einem Fluchtweg Ausschau.
    Gelischatz stocherte verlegen in ihrem Salat, während Junior konzentriert damit beschäftigt war, die Krabbencreme in seinem Gesicht zu verteilen. Das reichhaltige Vorspeisenbüfett sah plötzlich gar nicht mehr so verlockend aus. Ich nahm von meinem Vorhaben, einen eisgekühlten Campari-Orange zu trinken, Abstand und bestellte mir einen doppelten Cognac.
    Nach weiteren fünfzehn Minuten, die einzig vom endlosen Redefluss der Schwiegermama bestimmt wurden, während wir drei anderen interessiert beobachteten, wie Junior eine Serviette in die Kräuterbutter tauchte und damit das Silber polierte, wurde der Hauptgang aufgetragen. Meinen ersten Bissen in das wirklich hervorragende Heilbuttfilet quittierte Junior mit ohrenbetäubendem Geschrei und in den delikaten Geschmack des Fisches mischte sich der säuerliche Geruch einer vollen Windel.
    »Er hat schon wieder in die Hose gemacht! Ich weiß nicht, warum du es nicht schaffst, das Kind sauber zu halten.« Der schneidende Blick der roten Matrone ließ die zerknirschte Tochter augenblicklich um Jahre altern. »Du bist mit anderthalb schon längst aufs Töpfchen gegangen, dafür wusste ich zu sorgen. Obwohl du anfangs boshafterweise immer vom Töpfchen aufgestanden bist und daneben auf den Teppich gekackt hast. Was glaubst du eigentlich, wie oft ich deine Häufchen aus dem Flokati waschen musste? Aber für eine gute Erziehung muss man nun einmal Opfer bringen.«
    Der junge Kellner, der sichtlich bemüht war, so zu tun, als verstünde er kein Deutsch, balancierte das Tablett mit dem Mousse au Chocolat an

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