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Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
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gerade ihre Mini-Portion Fleisch in den Einkaufswagen.
    »Bestimmt«, sagte die dünne Mutter zu ihrer dünnen Tochter.
    »Aber Mama, so viel ist doch gar nicht gesund. Du sagst doch immer, zwei Mal pro Woche hundert Gramm helles Fleisch genügt.«
    »Das ist auch völlig richtig, Marie-Emily. Aber die Frau da weiß das wohl nicht. Ihr ist es egal, dass sie aussieht wie ein Schlachtross.«
    »Was ist ein Schlachtross, Mama?«
    »Weißt du, Marie-Emily, das ist ein großes Pferd, das total fett ist. Und wenn es fett genug ist, dann wird es geschlachtet, weil es dann nicht mehr die Kutschen ziehen kann.«
    »Das ist ja ekelhaft!«, rief Marie-Emily.
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich, ganz die alte Pferdekennerin, höflich. »Was Sie da sagen, ist nicht ganz korrekt. Als Schlachtrösser bezeichnete man die Vorfahren der Pferderasse Percheron, die aus edelster Zucht stammten und viel zu tragen hatten, nämlich die Rüstungen der Reiter und die Reiter selbst. Sie mussten gleichzeitig in der Lage sein, in der Angriffsformation die notwendige Geschwindigkeit zu erreichen, um die gegnerische Infanterie niederzureiten.«
    »Kümmern Sie sich doch um Ihre eigenen Angelegenheiten«, sagte Marie-Emilys Mutter arrogant und drehte sich von mir weg.
    »Ist Percheron so was wie Prada?«, fragte Marie-Emily.
    »Nein, Schätzchen, Prada ist viel besser. Hoffentlich ist die Tasche bald fertig, die ich dir bestellt habe.«
    »Au fein, Mama. Dann hab ich auch so eine Tasche wie du.«
    »Ja, mein Liebling, dann halten uns alle für Schwestern.«
    Sie wanderten mit ihrem Wagen davon.
    Ich blieb zurück und wartete auf das Hackfleisch. Die Tackerklammern waren ausgegangen, und der Schlachter musste erst nach hinten gehen, um neue zu holen.
    »Ich friere das ein!«, rief ich zu den wartenden Perlen-Paulas.
    »Sicher«, sagte eine und musterte mich von oben bis unten.
    »Natürlich«, sagte die hinter ihr und lächelte maliziös, um dann auf ihre gepflegten, perfekt manikürten Finger und die Bulgari-Ringe daran zu schauen. In allen Einkaufswagen befanden sich Unmengen an Obst und Gemüse, fettarmer Milch und fettarmem Joghurt, Buttermilch, kalorienreduziertem Käse und Wasser, Wasser, Wasser. In meinem Einkaufswagen befand sich: Sahne, Camembert, der nicht fettreduziert war, Milch mit 3,8 Prozent Fettgehalt, Nussjoghurt und die Zutaten für eine Mousse au Chocolat. Ich bekam Schweißausbrüche, als ich daran dachte, dass ich das ja noch alles aufs Förderband an der Kasse legen musste, streng beobachtet von den Hyänen vor und hinter mir.
    Dann sagte ich auch noch: »Das ist alles für meinen Sohn. Er ist zwanzig und treibt viel Sport, der kann so was essen, hahaha.«
    Niemand lächelte oder sagte »Hahaha« zurück.
    Ich kam mir gedemütigt vor, auch weil ich keine Bulgari-Ringe trug. Ich trage tagsüber nie Ringe, weil ich damit überall dagegenstoße. Ich bin eher der praktische Typ. Dreiviertelhose, Polo-Shirt, schlichte Jacke, flache Schuhe (keine Ballerinas). Kalbsleberwurst und Camembert.
    Und kein Selbstbewusstsein.
    »Mach dich doch nicht verrückt«, sagte mein Mann. »Du musst ja mit diesen Frauen nichts zu tun haben.«
    »Du bist gut«, lautete meine Antwort. »Ich begegne ihnen jeden Tag und muss mit ihnen leben. Jedenfalls an Kassen oder in Warteschlangen beim Bäcker.«
    »Ignorier sie doch einfach.«
    Ich beschloss, sie zu ignorieren, aber es ging nicht. Sie waren überall. Sie vermehrten sich wie Gremlins. Und sie hassten mich genauso wie ich sie. Nach einiger Zeit begann ich, diese Frauen und ihre Kinder zu beobachten. Und hasste sie deswegen noch mehr.
    »Da kannst du doch drüberstehen«, meinte meine Freundin Gabriella. »Du leistest viel mehr als die. Du hast doch eine Super-Karriere hingelegt, die nicht. Die sollten neidisch auf dich sein und sich ein Beispiel an dir nehmen.«
    »Vielleicht«, sagte ich. Aber: Wie sollten die sich ein Beispiel an mir nehmen? Sie kannten mich doch gar nicht. Und ich würde auf keinen Fall zu einer von ihnen gehen und sagen: »Entschuldigen Sie bitte, im Gegensatz zu Ihnen verdiene ich mein Geld selbst, ätschibätsch! Sie sind von Ihrem Mann finanziell abhängig, aber ich nicht, bäh, bäh, bäh!«
    Denn mittlerweile wusste ich, dass es so war. Die ganzen Ehenutten wurden ihrem Namen gerecht. Zu jeder Tageszeit sah man sie herumlaufen, fast ziellos. Ich belauschte Gespräche und war fassungslos. Zum Beispiel in der damals gerade eröffneten Poletto Winebar im Eppendorfer Weg. Es war ein

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