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Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
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da.
    »Was ist das nur?«, fragte meine Freundin.
    »Die böse Saat ist ausgebrochen«, lautete meine Antwort. Diesen Satz hatte ich mal in der Serie Fackeln im Sturm gehört und wollte ihn seitdem immer mal anwenden. Zwar befanden wir uns nicht im Bürgerkrieg, aber es gab Parallelen.
    »Wir heißen doch beide ›von‹«, sagte meine Freundin verzweifelt.
    »Erstens wissen die das nicht, und zweitens scheinen wir auszustrahlen, dass wir zum verarmten Landadel gehören«, schlussfolgerte ich resigniert.
    Am selben Nachmittag ging ich einkaufen, weil ich meinem Mann versprochen hatte, dass es am Wochenende Rouladen geben sollte. Und für richtig gute Rouladen braucht man auch Thymian. Den hatte ich vergessen einzukaufen. Mit unglaublich viel Glück fand ich den letzten Topf Thymian, der sich zwischen Basilikum und Zitronenmelisse versteckt hatte, und legte ihn in mein Körbchen.
    »Ist das Thymian?«, fragte eine strenge Stimme neben mir. Ich, die noch vor den Kräutertöpfen kniete, sagte: »Ja.« Vor mir stand eine Frau in meinem Alter, die verhärmt wirkte und das Ganze versuchte, mit Botox auszugleichen. An ihrer Hand führte sie ein ungefähr sieben Jahre altes, blond gelocktes Mädchen, das aussah, als wäre es einem Laura-Ashley-Katalog entsprungen. Beide schauten mich böse an.
    »Ist das der letzte Thymian?«
    »Ich glaube schon.« Pflichtbewusst kramte ich noch mal in den ganzen Töpfen herum, aber meiner war tatsächlich der letzte Topf gewesen.
    »Tut mir leid«, sagte ich. »Das war in der Tat der letzte.«
    »Ich brauche aber Thymian.« Sie deutete auf meinen Korb.
    Ich wurde rot vor Scham, weil ich so verwegen gewesen war, ihr den letzten Thymian zu stehlen. Kurz dachte ich darüber nach, auf meinen Topf zu verzichten, aber ich hatte ja versprochen, Rouladen zu machen, und ohne frischen Thymian waren Rouladen keine Rouladen, das erwähnte ich ja schon.
    Also sagte ich mit aufgesetztem Selbstbewusstsein: »Ich brauche ihn auch.«
    »Das ist ja wohl das Letzte«, meinte die Frau. »Ich war vor Ihnen hier, und dann nehmen Sie mir den letzten Thymian weg.«
    »Das stimmt nicht.« Es stimmte wirklich nicht. Sie war nach mir da gewesen.
    »Auf Wiedersehen«, sagte ich und schlich mich mit meinem Körbchen und dem Töpfchen davon. Ich wusste nicht mehr, was richtig und was falsch war.
    Mir fiel ein, dass ich noch Brot brauchte. Im sowieso schon engen Brotgang war eine Mitarbeiterin damit beschäftigt, aus einem Wagen neue Ware in die Regale zu räumen. Ich stellte mein Körbchen ab und quetschte mich an ihr vorbei. Als ich mit dem Brot zurückkam, war das Körbchen leer.
    Und da flippte ich aus. Ich raste durch die Gänge und suchte die Frau mit ihrer Tochter. Und ich fand sie beim Orangensaft. Das Töpfchen mit dem Thymian befand sich in ihrem Einkaufswagen. Ich erkannte es sofort, weil die Zellophanhülle an der einen Seite schon etwas eingerissen war. Triumphierend lächelte sie mich an.
    »Sie geben mir sofort den Thymian zurück!«, rief ich.
    »Nein«, sagte sie und stellte sich schützend vor ihren Wagen.
    Ich war nicht bereit aufzugeben. Eher würde ich vorzeitige Wechseljahre akzeptieren.
    »Ich zähle bis drei«, sagte ich nun, wie ich hoffte, gefährlich leise.
    »Und dann?«, fragte sie süffisant.
    Ich ging einen Schritt auf sie zu. »Und dann werde ich Ihnen die Schamlippen so lang ziehen, dass sie Wäsche daran aufhängen können«, sagte ich und erschrak vor mir selbst, weil das ja relativ unflätig war und auch ein Stück weit asozial.
    Sie wich erschrocken zurück, sah aber immer noch kampfeslustig aus.
    »Eins …«
    Und da nahm sie den Thymian aus dem Einkaufswagen, grinste blöd und ließ den Topf vor mir auf den Boden fallen, sodass die ganze Erde herumflog. Trotz Zellophan.
    Ich fing an, diese Frauen und ganz besonders diese Mütter noch mehr zu hassen. Abgrundtief zu hassen. Eine Mutter ist doch nicht automatisch ein besserer Mensch . Ich bin auch eine Mutter, aber eine normale .
    »Du musst das so sehen«, sagte mein Therapiefreund. »Die haben ja nur ihre Kinder, und sie färben auf die Kinder ab.«
    Ja, denn auch die Kinder wurden irgendwie immer schlimmer. Wenn ich mir vorstellte, dass diese ganze Bagage irgendwann erwachsen sein würde, grauste es mich.
    Vielleicht konnte ich ja etwas dagegen tun.
    Das hielt ich für einen guten Plan. Einen sehr guten sogar.
    Wenigstens die Kinder sollten bessere Menschen werden.
    Und nicht so wie ihre Mütter.
    »Na, was willst du denn später

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