Kerzenlicht Für Eine Leiche
sich vorbeugte und die Hände faltete.
»Vor zehn Tagen ist Mrs. Eunice Gresham gestorben.« Markby sah überrascht aus.
»Doch nicht die Mrs. Gresham, die in Warren House gelebt hat? Sie muss beinahe neunzig gewesen sein! Ich habe sie seit Jahren nicht mehr gesehen, selbst als ich noch in Bamford war.«
»Achtundachtzig. Sie haben Mrs. Gresham nicht mehr gesehen, Alan, weil sie die letzten sechs Jahre in einem Pflegeheim verbracht hat und die letzten vier Monate im St. Winifred’s Hospice. Ich habe Mrs. Gresham dort besucht, im Krankenhaus. Das letzte Mal, als ich sie lebendig sah, hat sie darum gebeten, im Grab ihrer Eltern beigesetzt zu werden. Sie war absolut sicher, dass ihr verstorbener Vater in den 1930er Jahren ein Dreifachgrab gekauft hatte. Er wollte es für sich, seine Frau und später einmal seinen Sohn. Ich weiß nicht, warum er seine Tochter Eunice ausgeklammert hat. Jedenfalls, der Sohn starb im letzten Krieg. Also folgerte Eunice, dass es im Grab ihrer Eltern noch einen freien Platz geben müsse, und den wollte sie für sich. Ich glaube nicht, dass es etwas mit kindlicher Hingabe an die Eltern zu tun hatte – wohl eher damit, dass der alte Gresham bereits für das Grab gezahlt hatte, wenn Sie verstehen?« Pater Holland grinste schwach.
»Eunice war sehr entschieden. Sie war in vielerlei Hinsicht eine gebrechliche alte Dame, doch ihr Verstand war bis zum Schluss messerscharf. Sie hat mir eine flammende Strafpredigt wegen dieses Grabes gehalten.« Holland schnitt eine Grimasse.
»Jedenfalls habe ich die Sache nachgeprüft. Es gab tatsächlich ein Grab. Es liegt auf dem alten Friedhof, wo bereits seit einigen Jahren niemand mehr beigesetzt wird. Unter den gegebenen Umständen jedoch – es war ein altes Grab mit einem freien Platz – konnte ich eine Genehmigung zur Beisetzung erwirken.« Pater Holland hielt inne und atmete durch. Markby überlegte, dass die älteren Generationen viel Wert darauf gelegt hatten, auf passende und anständige Weise begraben zu werden, mit einer angemessenen Trauergemeinde und notwendigerweise auch mit entsprechenden Kosten für die Hinterbliebenen.
»Nach Mrs. Greshams Tod hat ihr Rechtsanwalt Kontakt mit mir aufgenommen. Er heißt Truelove – kennen Sie ihn? Der Nachfolger vom alten Macpherson. Ich kann mir nicht helfen, aber ich denke, Eunice hätte nicht gewollt, dass Truelove ihren Nachlass regelt. Sie war auf ihre Weise altmodisch und präzise. Truelove ist einer von diesen jungen, hellen Köpfen. Redet andauernd von sich selbst und ist ungefähr so einfühlsam wie ein Ziegelstein. Ich wünschte wirklich, Mrs. Danby hätte das alles geregelt.« Markby nahm die Achtungsbekundung für seine Schwester dankbar entgegen. Laura war eines der attraktiveren und zugleich kompetenteren juristischen Gehirne der Stadt.
»Laura hat eine Auszeit genommen«, sagte er.
»Was denn, noch ein Baby?«, fragte Pater Holland.
»Nein, eine notwendige Ruhepause. Sie haben bereits vier Kinder«, sagte Markby und dachte an die Brut seiner Schwester.
»Dann bekommt sie wahrscheinlich mehr Ruhe in ihrem Büro«, sagte Pater Holland.
»Also, um wieder auf Eunice Gresham zurückzukommen: Sie hat in ihrem Testament Instruktionen für ihr Begräbnis hinterlassen. Das Datum der Beisetzung wurde für morgen festgesetzt. Also habe ich Denny und seinem Bruder gesagt, dass sie das alte Familiengrab der Greshams öffnen sollen. Sie hatten kaum angefangen, da stießen sie auf die Knochen. Sie bemerkten sofort, dass es keiner der alten Greshams sein konnte. Die Lowe-Brüder sind nämlich Experten, was Knochen angeht. Sie haben gleich gesehen, dass so dicht unter der Grasnarbe keine Knochen sein durften, und haben mich gerufen. Denny hat mich auch auf ein paar Stofffetzen hingewiesen, die aus irgendeiner Kunstfaser zu bestehen scheinen, weil sie nicht verrottet sind. Woran ich wiederum erkannt habe, dass es sich unmöglich um eine planmäßige Beisetzung aus jüngerer Zeit handeln kann.« Holland blickte auf und bemerkte Markbys fragenden Blick.
»Neue Vorschriften«, erklärte er.
»Es ist nicht mehr so wie damals, als man sich noch in seinem besten Anzug bestatten lassen durfte. Heutzutage sind keinerlei Kunstfasern mehr erlaubt und auch sonst nichts, das nicht verrottet oder das umliegende Erdreich vergiften könnte. Das Gleiche gilt für Feuerbestattungen. Man kann schließlich nicht einfach alles verbrennen, ohne über die giftigen Gase nachzudenken, die durch die Schornsteine der
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