Kerzenlicht Für Eine Leiche
war eingesunken. Also hab ich ein paar Schubkarren Erde geholt und sie auf das Grab gekippt, bis es wieder ein hübscher Hügel war.« Bullens Hände beschrieben einen imaginären Hügel.
»Nach und nach ist es wieder eingesunken.« Markby murmelte etwas Unverständliches und lehnte sich zurück. Mit der Hand deutete er in Merediths und Pater Hollands Richtung.
»Das könnte der Grund sein, warum der Mörder sein Opfer in das Gresham-Grab gelegt hat! Es lag frische Erde dort, und niemand würde bemerken, dass es geöffnet worden war. Er musste lediglich die Erde beiseite schaufeln, ein flaches Loch buddeln, die Tote hineinlegen und wieder mit Erde bedecken. Können Sie sich wirklich nicht mehr erinnern, in welchem Jahr das war, Nat?«
»Nein«, sagte Bullen. Er hatte seinen Brandy ausgetrunken und schien zu seiner üblichen schlechten Laune zurückzufinden. Er kauerte sich auf seinem Stuhl zusammen.
»Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich will jetzt nach Hause.«
»Ich hole den Minibus vom Jugendclub aus der Garage und fahre Sie, Nat.« Pater Holland erhob sich.
»Sie haben sicherlich keine Lust, auf meinem Motorrad mitzufahren, oder?« Bullen blickte zu dem Vikar auf.
»Und ob ich Lust hab! Ich hatte selbst ein Motorrad, als ich jung war. Eine Norton. Haben Sie einen zweiten Sturzhelm?«
»Ich weiß nicht recht, was ich davon halten soll«, sagte Markby ein wenig später zweifelnd. Pater Hollands Yamaha jagte die Straße hinunter davon. Der Vikar in seiner schwarzen Lederkleidung wurde von der kleinen, triumphierenden Gestalt Nat Bullens auf dem Sozius verdeckt. Bullen trug einen riesigen Sturzhelm und klammerte sich fest, als ginge es um sein Leben.
»Er muss wenigstens fünfundachtzig sein.«
»James fährt langsam und vorsichtig. So langsam, wie man mit so einer Maschine fahren kann. Bullen war eindeutig völlig aus dem Häuschen!« Sie blickte Alan an.
»Er hat dir immerhin weitergeholfen.«
»In gewisser Hinsicht, ja. Es ist alles nur Mutmaßung. Wir wissen nicht – das heißt, er weiß nicht genau, wann er die Erde auf das Grab geschüttet hat. Aber es wäre zumindest eine Erklärung, warum Kimberleys Leichnam in diesem Grab verschwand und niemand etwas davon bemerkt hat.« Pater Hollands Motorrad war nicht mehr zu sehen.
»Ich glaube, ich hätte den einzigen überlebenden Zeugen wirklich nicht auf James Hollands Beifahrersitz steigen lassen dürfen, ganz gleich, wie wenig er weiß. Ich hoffe nur, er fällt nicht herunter.«
KAPITEL 10
DER BERICHT Bullens in der Küche der Pfarrei hatte zur Folge, dass sie mit einigen Minuten Verspätung zu ihrer Verabredung im Old Coaching Inn eintrafen. Doch als sie auf den großen, neu asphaltierten Parkplatz bogen, sahen sie Lars und Angie gerade aus dem Wagen steigen.
»Ah, da sind Sie ja!«, sagte Lars. Es klang erleichtert.
»Ich hatte gefürchtet, wir hätten Sie warten lassen. Wir mussten nämlich zuerst noch einmal nach Hause fahren. Ich wollte mit meiner Mutter reden. Im Pfarrhaus alles in Ordnung?« Meredith fragte sich, wie er zu der Annahme gekommen war, dass sie die Zwischenzeit im Pfarrhaus verbracht hatten, auch wenn es den Tatsachen entsprach. Sie fragte sich auch, warum Lars, obwohl er hatte wissen müssen, dass Nat Bullen aller Wahrscheinlichkeit nach einen unerfreulichen Auftritt plante, sich so beeilt hatte, zusammen mit Angie die Beerdigung zu verlassen. Sie hatte das unbestimmte, aber starke Gefühl, dass Lars etwas zu verbergen trachtete, und sie wusste, dass Alan genauso empfand. Angie hatte ihren Hut zu Hause gelassen. Über die freie Fläche des Parkplatzes ging ein frischer Wind und spielte in ihrer glänzenden Mähne. Sie strich sich entnervt das Haar aus dem Gesicht und schlug mit gewisser Ungeduld vor, endlich hineinzugehen. Äußerlich hatte sich das Old Coaching Inn kaum verändert. Im Innern jedoch waren ein paar alte, roh gezimmerte Balken das Einzige, das vom ursprünglichen Gebäude stehen geblieben war. Es war vollkommen umgebaut worden, und das möglicherweise nicht auf die vorteilhafteste Art. Die Besitzer hatten allem Anschein nach ein vergangenes Lebensgefühl zum Thema gemacht. Als Resultat hingen überall alte Joche, Kummets, Dreschflegel und andere altmodische landwirtschaftliche Geräte an den Wänden. Alles war mit den verschiedensten konservierenden Mitteln behandelt worden, eine Schande, weil es jeden Eindruck von Echtheit zerstörte, obwohl die Gegenstände das aller Wahrscheinlichkeit nach waren. Zwischen
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