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Kerzenlicht Für Eine Leiche

Kerzenlicht Für Eine Leiche

Titel: Kerzenlicht Für Eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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Spielhalle, wo sie ganze Nachmittage damit verbracht hatte, den Penny-Automaten zu überlisten, an den Pier, die ›Punch and Judy‹-Show. Sie parkte den Wagen auf der Promenade vor Craig-y-Don und stieg aus.
    Der Wind wehte ihr ins Gesicht und brachte salzige Seeluft heran. Die Wellen brüllten und donnerten gegen den Strand. Sie schlenderte mit gesenktem Kopf über die Promenade, die Hände tief in den Taschen vergraben. Die Eiskremverkäufer machten an diesem Tag kein gutes Geschäft.
    Sie fand den Park und den Bowlplatz, menschenleer wegen des Wetters, und die Minigolfanlage, auf der sie als Kind kleine Triumphe gefeiert hatte. Doch sie war von den Stammgästen auf der Bowlanlage immer wieder abgewiesen worden, intolerant gegenüber kindlichen Zuschauern und unerfahrenen Spielern auf dem geheiligten Grün. Alles schien im Rückblick so lange her und verschwommen. Sicher hatte es auch damals hin und wieder geregnet oder gestürmt wie heute, doch nicht in ihrer Erinnerung. In ihrer Erinnerung hatte immer die Sonne geschienen. Auch Erinnerungen an ihre Eltern stiegen wieder auf. Ihre Mutter in einem Marinekostüm mit den weißen Paspeln und den weißen Sandalen und ihr Vater in seinen kurzärmeligen ›Freizeithemden‹. Fast hätte sie Alan vergessen! Sie musste sich beeilen, um zum Wagen zurückzukehren, und so schnell wie möglich nach Rhos-on-Sea fahren.
    Sie kam gerade rechtzeitig. Glyns Motorrad stand nicht mehr an der Straße, sondern in der Auffahrt an der Seite des Bungalows. Offensichtlich hatte Markby die Ankunft des Jungen überstanden. Als sie den Wagen zum Straßenrand lenkte, wurde die Tür des Bungalows geöffnet, und er trat heraus. Eine Frau begleitete ihn, und sie blieben noch ein paar Minuten in der verglasten Veranda stehen und redeten. Jetzt konnte Meredith sie deutlicher sehen. Sie war matronenhaft, Ende vierzig und trug eine schicke weiße Bluse und einen blauen Rock. Sie fuchtelte nervös mit den Händen, während sie sprach, doch als Markby sich endlich zum Gehen wandte, reichte sie ihm die Hand. Als sie Meredith im wartenden Wagen bemerkte, winkte sie ihr freundlich zu. Automatisch hob Meredith die Hand und erwiderte den Gruß. Das also war Susan. Kein Flittchen, kein hartherziges Monster, sondern nur eine verängstigte kleine Frau, die sich mit Ellbogen und Krallen einen Weg in die Respektabilität gebahnt hatte und nun fürchtete, sie wieder zu verlieren. Die Feindseligkeit, die Meredith gegenüber der abtrünnigen Mutter Kimberleys empfunden hatte, löste sich in nichts auf, nachdem sie die Frau mit eigenen Augen sehen konnte. Wenn Joan Oates ihre verlorene Tochter von oben sehen konnte, wie sie zwischen den Blumenkübeln in der Tür ihres blitzsauberen kleinen Bungalows stand, war sie wahrscheinlich zufrieden. Susan hatte sich, trotz eines unglücklichen Anfangs, doch noch gemacht. Für Kimberley war es jedoch zu spät gekommen.

    »Was war?«, fragte Meredith ungeduldig, als sie ein wenig später in einem kleinen italienischen Restaurant in einer Seitenstraße saßen.

    »Nicht besonders viel. Der Junge kam gleich zu Anfang hinzu. Aber das weißt du ja wohl. Er hat gesagt, dass er mit dir gesprochen hätte. Ich war zuerst nicht besonders erfreut, aber wie sich hinterher herausstellte, war es besser so. Sie brauchte seine moralische Unterstützung. Sie war überraschend offen, unter den gegeben Umständen.«
    Markby runzelte die Stirn.
    »Trotzdem hat sie Lügen erzählt. Unbewusste Lügen wahrscheinlich, oder vielleicht auch ganz bewusste. Ich wünschte, ich könnte sicher sein. In all den Jahren hat sie sich die Geschichte immer und immer wieder zurechtgelegt. Sie glaubt an das, was sie mir erzählt hat. Sie hatte nicht vor, Kimberley im Stich zu lassen, doch die Ereignisse hinderten sie, das Kind nach Wales zu holen und so weiter.
    Es wäre durchaus möglich gewesen. Einige Teile ihrer Geschichte entsprechen der Wahrheit. Andere sind ein wenig zurechtgebogen. Offensichtlich ist sie dem Jungen und seiner Schwester eine ausgezeichnete Mutter gewesen, und beide denken nur Gutes über sie. Auf der anderen Seite habe ich im Lauf der Jahre mit genügend Fällen von Grausamkeit gegenüber Kindern zu tun gehabt, um zu wissen, dass häufig ein Kind aus dem ein oder anderen Grund vernachlässigt und verstoßen wird und die anderen Kinder in der Familie umso besser umsorgt aufwachsen.
    Ich kann nur sagen, dass sie wahrscheinlich nicht mehr im Stande ist, die Wahrheit zu erzählen. Die Angst

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