Kesrith – die sterbende Sonne
einzuweisen, die Zivilisation neu aufzubauen, und Duncan dachte bereits daran, daß fünf Jahre hier eine sehr lange Zeit sein konnten.
Regul, alkalische Ebenen, Geysire, Staub und Minen und eine Sonne, die kränklich aussah und zu groß am Himmel stand. Auf seinen Dienstreisen war Duncan auf zehn verschiedenen Welten gewesen, deren Natur teils aus bloßem Felsen, teils aus blühender Wildnis bestand, aber noch nie zuvor war er auf einer so unmittelbar fremd wirkenden Welt wie Kesrith gewesen.
Verboten, unfreundlich zu Menschen. Die Luft roch giftig und wie mit Reizstoffen durchsetzt.
Falls Stavros Bedauern empfand, zeigte er es nicht. Er ließ sich wie einen Regul-Ältesten behandeln, spielte bereits seine Rolle, und die Junglinge reichten ihn zum Bodenschlitten hinab, der unten wartete. Die Dämmerung lag bereits geraume Zeit zurück, die Sonne hatte ein Viertel ihres Weges über den Himmel zurückgelegt. Anstelle des Willkommens, das sie erwartet hatten – wie die meisten Regul-Zeremonien sorgfältig kontrolliert und durchgeführt –, herrschte auf dem Hafen eine reglose und geisterhafte Stille, als wären sie und die Junglinge in der Umgebung der Gebäude die einzigen lebenden Wesen.
Und weit entfernt auf den Höhen war etwas sichtbar, das Duncans Herzschlag beschleunigte und seinen Bauch mit einer Furcht umklammerte, die nichts mehr mit Vernunft zu tun hatte, denn dort erhob sich die seltsame Silhouette von vier Türmen mit schrägen Wänden, die eine unregelmäßige Pyramide mit flacher Spitze bildeten.
Ein Mri-Edun. Er hatte nicht gewußt, daß es eines auf dem Planeten gab. Er hatte Bilder von den Ruinen des Edun auf Nisren gesehen. Er war nicht darauf vorbereitet, hier eines in solcher Nähe zu erblicken. Es erhob sich in einer Weise über die Stadt, daß nichts, was auf den Ebenen geschah, vor ihm verborgen bleiben konnte.
Da dräute es, eine geheimnisvolle und fremde Gegenwart, erinnerte ihn daran, daß es bei dieser Transaktion des versprochenen Friedens noch eine dritte Partei gab.
»Jetzt, jetzt!« wiederholte das Regul, ungehalten entweder über die Verzögerung oder wegen des Objektes von Duncans Aufmerksamkeit. Duncan wollte jetzt nicht widersprechen, senkte den Kopf und betrat den Schlitten, in dem die Luft gefiltert und von dem beißenden und sauren Geschmack befreit war, der die Luft von Kesrith verunreinigte.
Der Schlitten rumpelte in Richtung auf die Stadt los, über ein Pflaster hinweg, das Sandverwehungen von den Ebenen uneben machten. Die Fahrt führte zu einem Ziel, von dem Duncan mit zunehmender Gewißheit annahm, daß es ein Gefängnis von lediglich größerem Umfang als ihr letztes sein würde.
6
Im Osten ging die Sonne auf, ein weiterer von den Tagen begann, an denen Niun in den Hügeln war, um zu wandern, zu jagen und mit den Waffen zu üben, und zu anderen Dingen, die ihn beim Ausfüllen der einsamen Stunden halfen und dabei, die Eintönigkeit seiner Tage zu mildern.
Heute jedoch konnte ihn nichts dazu bringen, die Nähe des Edun zu verlassen. Er suchte die Funkstation oben im Sen-Turm auf; in einem Edun, in dem die starre Formalität durch seine geringe Größe aufgelokkert worden war, erlaubte man es ihm, sich gelegentlich dort aufzuhalten. Er trieb sich auch am Haupteingang herum und suchte schließlich, von seiner Ungeduld getrieben, den Felsen am Gipfelpunkt des Straßendammes auf, um in den zunehmenden Glanz der weißen Ebenen zu starren und mit angestrengten Augen nach jedem Anzeichen einer Bewegung aus Richtung des Hafens Ausschau zu halten.
Schon so lange hatte er nichts Gutes mehr zu erwarten gehabt. Jetzt genoß er die Erwartung, haßte das Warten und fand doch auch wieder Geschmack an diesem Gefühl; er blickte der Begegnung mit gemischten Gefühlen entgegen und verlangte gleichzeitig verzweifelt nach der Kameradschaft, die sie versprach. Er hatte Medai nicht geliebt. Er erinnerte sich an die Rivalität mit seinem Vetter, an seine – nach so vielen Jahren konnte er mit sich selbst ehrlich sein – Eifersucht auf ihn. Er bemühte sich, diese von ihm früher gepflegten Gefühle zu vergessen. Er sehnte sich nach Medais Anwesenheit, wünschte sie sich verzweifelt und inbrünstig. Alles war besser als diese langandauernde Einsamkeit, dieses Wissen über den langsamen, unwiderruflichen Niedergang des Edun.
Am Grund all seiner Gedanken gab es auch noch eine leise Regung der Hoffnung – die Annahme, daß Medai herbeigerufen worden war, daß er der erste von vielen
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