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Kesrith – die sterbende Sonne

Kesrith – die sterbende Sonne

Titel: Kesrith – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Intel hatte auch ihn gewählt, um sie gegen Herausforderungen zu verteidigen, sie zu beschützen – wenn es sein mußte, jeden überängstlichen Nachfolger zu töten, ebenso den Kel'en, der hinter der Sache ihrer Herausforderin stand.
    Er begriff und gab einen bitteren Fluch von sich; und er entdeckte einen schmerzlichen Ausdruck in Meleins Augen.
    »Es tut mir leid, daß du es so auffaßt«, sagte sie.
    »Warum mußte sie mich bei sich behalten und nicht Medai?«
    »Sie hat dir vertraut, aber Medai nie.«
    Er dachte über das und seine Gründe nach. »Sie hat dir vertraut«, sagte er sanft, »während ich ihren Schlaf bewachte. Während sie mich gegen dich setzen konnte.«
    Der Schmerz verwandelte sich in Schrecken. Die Vorstellung schien sie zu überraschen. »Nein«, sagte sie, »Ich bin nicht in der Lage dazu, sie herauszufordern.«
    »Nicht, solange du auf mich Rücksicht nimmst«, antwortete er. »Sie spürt ihre eigene Sterblichkeit, oder sie hätte dich jetzt nicht ernannt. Und ein Kel'en wird ihr Grab bewachen.«
    »Sie würde dich nicht nehmen. Eddan – Sirain – sie wären auf diese Ehre aus. Aber nicht du.«
    »Vielleicht hat diese Frage jetzt keine Bedeutung mehr, jetzt wo die Menschen kommen. Ich denke zeitlich voraus, und das liegt sonst nicht bei meiner Kaste. Du wirst das durchdenken müssen, Wahrschwester. Natürlich kenne ich die Zukunft nicht. Ich kann nur über das sprechen, was jetzt wahr ist.«
    »Sie ist nicht dabei, die Heimatwelt im stillen abzutreten. Niun, ich bin jung, meine Erfahrungen sind nicht mit denen Intels zu vergleichen. Andere She'panei würden zögern, sie herauszufordern; denn ihr Wissen ist zu groß. Sie zu töten, würde dem Volk so viel rauben, du weißt gar nicht, wieviel. Es wäre eine Tat von... ich weiß es nicht, Niun, ich weiß es nicht. Wenn ich ihre Nachfolgerin als She'pan der Heimatwelt werden sollte, hier bin ich – jung und unerfahren. Ich weiß, daß dann eine ältere She'pan kommen und mich herausfordern würde, und daß es dann an mir wäre zu sterben. Ich möchte, daß Intel lebt, ich wünsche mir das verzweifelt – und sie stirbt, Niun.«
    Er entdeckte, daß er zitterte, sich gedrängt fühlte, sie zu beruhigen, und es gab keinen Trost. Sie sprach von Dingen, mit denen seine Kaste nichts zu tun hatte, und doch dachte er, daß sie ihm die ganze Wahrheit berichtet und ihm das gestohlen hatte, was von seinem Frieden und seiner Hoffnung verblieben war. Er hatte immer erwartet, daß sie ihn überleben würde.
    »Wir haben Pech gehabt«, sagte sie, »daß wir die Letztgeborenen des Volkes sind – nicht nur auf Kesrith, Niun, sondern des Volkes insgesamt. Wir haben keine Wahl, einfach weil wir die letzten sind. Ich wünschte mir, es wäre anders.«
    Was sie sagte, zerstörte noch mehr Zuversicht. Er betrachtete sie, während sie der Wind peitschte und seine Kälte ihnen bis auf die Haut drang und selbst das Zittern einfror. »Des Volkes insgesamt?«
    »Edunei sind gefallen«, sagte sie, »und Kinder sind gestorben, und Kel'e'ein sind mit dem Krieg beschäftigt und nichts sonst. Ich hätte keine Antwort geben sollen«, fügte sie hinzu, »aber von unserer Generation ist wenig geblieben. Diese älteren – sie werden andere Kinder haben. Es ist noch nicht zu spät.«
    Sie versuchte, ihn zu trösten. Er beruhigte sich damit, daß sie an ihre Zukunft glaubte, und das war genug. »Aber dann«, sagte er, indem er einen Gedanken aufgriff, »dann wird Intel nicht vorhaben, dich zu verlieren. Schließlich könntest du nach ihr die Fähigste sein; und wenn sie dir meinen Dienst überträgt – wenn du herausfordern oder eine Herausforderung erwidern solltest, Melein, kann ich dich verteidigen. Ich bin in der Lage dazu, dich zu verteidigen: ich bin in den Yin'ein geübt. Neun Jahre bin ich darin unterwiesen worden. Etwas muß ich ja können.«
    Sie schwieg eine geraume Weile lang. Schließlich stand sie auf. »Komm!« sagte sie. »Kehren wir zum Edun zurück. Mir ist kalt.«
    Und sie schwieg, während sie den Pfad hinabstiegen und zurückgingen. Sie weinte. Er sah es im Sternenlicht, nahm seinen Schleier ab und bot ihn ihr an, eine Geste tiefempfundener Zärtlichkeit.
    »Nein«, sagte sie heftig. Er nickte und schwang den Mez über seine Schulter, während er neben ihr herging. »Du hast recht«, sagte sie endlich. »Ich werde auf keinen Fall verzichten und ohne Herausforderung sterben, wenn es dazu kommen sollte. Ich werde tö- ten, um es zu behalten.«
    »Es ist eine

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