Ketchuprote Wolken
ich bin …«
» Was bist du?«, fragte ich und stemmte die Füße auf den Boden, damit er nicht mehr weiterschieben konnte.
»Du weißt schon«, sagte er, um einen witzigen Tonfall bemüht. »Und ich weiß, dass du es auch willst«, flüsterte er mir ins Ohr.
»Lass uns ins Haus zurückgehen«, sagte ich bittend. Als Max die Stirn runzelte, fügte ich hinzu: »Und uns da ein leeres Zimmer suchen.« Ich hasste mich dafür, aber ich hätte alles getan, um von Aarons Auto wegzukommen, und deshalb trat ich einen Schritt näher und raunte: »Ein leeres Zimmer mit Bett.«
Die Schlüssel verschwanden in Max’ Hosentasche. »Das hört sich schon besser an.«
Wir setzten uns in Bewegung.
Die Gartenmauer. Der Baum. Das rauchende Mädchen.
Die Zufahrt. Die Eingangstür. Und das Haus voller Menschen. Aaron konnte überall und nirgends sein.
Aber er war nicht überall und nirgends, Stuart. Sondern er stand direkt vor der Haustür, mit dem Rücken zu uns. Ich riss entsetzt die Augen auf, als ich ihn sah. Max deutete zur Tür.
»Das ist mein Bruder. Der da drüben.«
»Lass uns anderswo hingehen!«, krächzte ich und zerrte Max in den Garten. Er holte tief Luft und machte den Mund auf, und mit heißem Schrecken merkte ich, dass er rufen wollte.
» Aaron !«
Als Aaron sich langsam umdrehte, ließ ich Max’ Hand los und sprintete ins Dunkle.
»Schon wieder da?«, hörte ich Aaron fragen. Die Schlüssel flogen durch die Luft, und Aaron fing sie auf.
»Wir haben’s uns anders überlegt.«
»Wir?«, sagte Aaron und schaute nach links und rechts, und ich wünschte mir inständig, es gäbe wahrhaftig eine Unterwelt, die sich nun auftun könnte, um Aaron zu verschlingen.
Er beugte sich jedoch nur vor und spähte in meine Richtung. Versuchte das Mädchen zu erkennen, das da in der Jacke seines Bruders im Dunkeln stand.
»Aaron, das ist Zoe«, sagte Max.
»Zoe?«, wiederholte Aaron, und etwas in seiner Stimme schmerzte in meinem Inneren, und ich trat aus dem Schatten zu Max, weil mir jetzt klar war, Stuart, dass es keinen Ausweg mehr gab. »Zoe«, sagte Aaron wieder. »Du bist mit meinem Bruder zusammen?«
»Nur heute Abend«, sagte ich schnell.
Max legte mir den Arm um die Schultern. »Und die ganze Zeit vorher.«
»Die ganze Zeit? Seit wann?« Aaron schien zu merken, dass die Frage merkwürdig klang, und zwang sich zu einem Lächeln. »Wie lange hältst du sie denn schon versteckt, Max?«
»Nicht so lang«, antwortete Max, der die Lage sichtlich genoss. »Erst seit September.«
» September ?«
»Hey, jeder hat doch seine Geheimnisse«, versetzte Max, der den Tonfall seines Bruders falsch deutete. »Du lässt doch auch nichts verlauten über deine …«
»Weil da auch nichts ist«, fiel Aaron ihm ins Wort. Ich richtete mich auf. Ich mochte zwar nicht unschuldig sein, aber Aaron war es auch nicht.
»Und was ist mit …« Ich verstummte, weil es verdächtig geklungen hätte, Anna zu erwähnen.
»Was ist mit wem?«, fragte Aaron.
»Deiner Freundin«, murmelte ich und deutete aufs Haus. »Der Rothaarigen.«
»Anna?«, sagte Max erstaunt. »Meinst du die?«
»Wir sind nur Freunde«, antwortete Aaron, und mir wurde flau im Magen. »Wir kennen uns schon aus unserer Kindheit.«
»Aber … aber ich hab euch zusammen gesehen. Beim Feuer«, platzte ich heraus. »Ihr habt euch umarmt, und sie …«
»Hatte sich grade von ihrem Freund getrennt«, beendete Aaron meinen Satz. »Ich hab mich um sie gekümmert. Sie ist wie eine Schwester oder eine Cousine für mich.«
»Ach so«, sagte ich und wunderte mich, wie normal meine Stimme klang, obwohl ich am liebsten gejubelt hätte.
»Nicht wie ihr beide«, fuhr Aaron fort und kam die Treppe herunter, die Hände in den Hosentaschen. »Wieso hast du sie geheim gehalten, Max? Bist du jetzt plötzlich ganz schüchtern, oder wie?« Sein Tonfall war scherzhaft, und Max lachte.
»Sie war schon bei uns zu Hause. Kann ich doch nichts dazu, dass du nicht da warst.«
Ich schloss die Augen.
»Was?«, sagte Aaron. Sein Ton war unverändert, aber er verengte die Augen. »Wann?«
»Weiß nicht mehr, im November oder so«, antwortete Max. »Da warst du doch bei uns, Zoe, oder?«
Ich öffnete die Augen langsam.
»Ja. Ja, war ich.«
Eine Windbö zerrte an Max’ Jacke. Obwohl mir eiskalt war, hätte ich sie gern ausgezogen und auf den Boden geworfen.
»Lass uns reingehen«, sagte Max und nahm meine Hand.
»Also«, sagte ich und löste mich von ihm, »mir geht’s gar nicht gut. Ich
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