Ketten der Liebe
sein, überlaßt sie nicht Ali Hassan, diesem Ungeheuer. Bitte!«
»Der Prinz erwarb fünfzig Krieger aus dem Norden in Sebta. Sie werden von unseren Saqalibah ausgebildet werden. Binnen eines Monats werden wir in die Berge aufbrechen und uns auf die Suche nach Ali Hassan begeben. Prinz Karim wird seine Soldaten anführen müssen. Im Augenblick ist er dazu jedoch noch nicht kräftig genug«, entgegnete er.
»Iniga soll also noch länger leiden? Sendet wenigstens einen Kundschafter aus, der in Erfahrung bringt, ob sie noch lebt oder nicht, mein Gebieter. Mir ist bekannt, daß Ihr auch Spione einsetzt, um Ali Hassans Territorium auszukundschaften und seinen Rückhalt bei den in den Bergen lebenden Stämmen abschätzen zu können.«
»Woher solltest du so etwas wissen?« fragte er sie belustigt, ohne jedoch seine Überraschung verbergen zu können. Sie erstaunte ihn immer dann, wenn er es am wenigsten erwartete.
»Ich wuchs auf in einem Land, in dem Fehden zwischen den verschiedenen Clans an der Tagesordnung sind, mein Herr. Ein solches Vorgehen ist bei meinem Volk keineswegs ungewöhnlich.
Wenn man die Stärke seines Feindes nicht kennt, hat man, ehe man sich es versieht, sein Schloß, sein Land oder sein Vieh verloren«, erklärte Zaynab in nüchternem Ton. »Daran ist also nichts erstaunlich.«
»Unser Hauptziel ist die Vernichtung Ali Hassans«, erwiderte ihr Liebhaber. »Wenn Iniga noch lebt, dann werden wir bestimmen, was mit ihr geschehen soll.« Er streckte seine Hand nach ihr aus, aber Zaynab wich ihm aus. Ihr hübsches Gesicht war verärgert.
»Iniga ist dem Bösen zum Opfer gefallen. Das allein ist schon entsetzlich. Warum soll sie für das ihr Widerfahrene noch zusätzlich bestraft werden? Warum ist sie plötzlich in Verruf geraten? Die Schande sollte nicht die ihre sein, sondern vielmehr die Schande derer, die ihr das angetan haben. Ich bin eine Konkubine, mein Gebieter. Bin ich nicht genauso verrufen?«
»Zaynab«, erwiderte er geduldig, »du mußt verstehen. Ich weiß, daß du dazu intelligent genug bist.
Iniga war die Tochter des Prinzen von Malina. Sie war Ehefrau und Mutter. Nachdem sie einmal von Ali Hassan entführt worden war, wurde ihr von einem anderen Mann oder sogar von mehreren Männern der Mantel der Ehrbarkeit vom Leib gerissen. Du hingegen bist eine Konkubine. Es ist deine Aufgabe, verführerisch zu sein und die Männer körperlich kennenzulernen. Du besitzt eine Ehrbarkeit von anderer Art, meine Liebe.«
»Und wenn ich es gewesen wäre, die von Ali Hassan entführt und vergewaltigt worden wäre, wäre ich nicht ebenso in Verruf geraten wie Iniga?« fragte sie.
»Natürlich nicht«, erwiderte er ihr.»Du bist eine Konkubine.«
»Das«, sagte Zaynab bissig, »ist absurd, mein Gebieter.«
»Ich wußte nicht, daß du so sein kannst«, entgegnete er ihr, und er war in der Tat überrascht von der Tiefe ihrer Gefühle.
»Ich habe zwei enge Freundinnen in meinem Leben gehabt, Hasdai, und eine von ihnen ist Iniga. Ich bin als Sklavin auf die Welt gekommen. Mein Sklaventum glich einer gütigen Gefangenschaft. Ich wurde verwöhnt und angebetet. Ganz anders hingegen meine arme Freundin. Sie wurde gezwungen mit anzusehen, wie man ihre Familie vor ihren Augen abschlachtete. Sie wurde entführt und höchstwahrscheinlich vergewaltigt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde auch Iniga behütet und von allen geliebt, die sie kannten. Sie hat ein Kind. Sie hat dieses Schicksal nicht verdient, und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit sie befreit wird. Ich kann nicht untätig herumsitzen, während ihr Männer über ihre verlorene Tugend debattiert. Es ist lächerlich! Was hat Inigas Tugend mit irgend jemandem von Euch zu tun? Ihr Leben ist in Gefahr!«
»Ich verspreche dir, meine Liebe«, wobei er ihre Hände in die seinen nahm und sie mit seinen bernsteinfarbenen Augen verständnisvoll anschaute, »daß diejenigen, die das Territorium Ali Hassans erkunden, ein gutes Wort für sie einlegen werden. Im Augenblick ist das alles, was ich tun kann, Zay nab. Komm jetzt und küß mich. Ich bin schon wieder hungrig nach deinen Lippen.«
Sie streckte sich und zog seinen Kopf zu dem ihren herunter, aber ihre Gedanken waren weit entfernt, als sie ihm mit ihren mechanischen Küssen Seufzer der Verzückung entlockte. Sie war verwundert über sich selbst, als sie bemerkte, wie flüchtig ihre Handlungen geworden waren. Sie hätte sich schuldig gefühlt, hätte sie nicht gewußt, daß er sie nicht liebte.
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