Ketten der Liebe
Haar glatt und klopfte den Staub aus den Röcken ihres fliederfarbenen Kaftans.
»Geh ins Zelt!« knurrte er, sprang vom Pferd und zog sie auch schon halb hinein.
Sie schüttelte seine Hand ab. »Du tust mir weh, Ali Hassan«, schnauzte sie zurück. »Wenn du ein stattliches Lösegeld für mich erhalten willst, solltest du mich nicht mißhandeln. Das wird dem Nasi überhaupt nicht gefallen.«
»Du und Lösegeld?« Er brüllte vor Lachen, während er den Schleier abnahm, der seine Gesichtszüge verdeckt hatte. Seine schwarzen Augen verspotteten sie. »Ich brauche kein Lösegeld. Du bist Zaynab, die Liebessklavin, nicht wahr?«
Sie nickte zögernd. »Das stimmt.« Ihr Blick fiel auf die Narbe, die vom Winkel des rechten Auges über die rechte Seite des Mundes bis zum Kinn sein Gesicht verlief. Es war eine alte, aber immer noch häßliche Wunde. Trotz der Narbe und seines grausamen Mundes war er jedoch ein attraktiver Mann mit ausgeprägten Gesichtszügen.
Er bemerkte ihr Interesse und lächelte. »Du bist berühmt für deine Schönheit. Es freut mich zu wissen, daß deine gewandte Scheide, eine Scheide, die bereits die Männlichkeit Hasdai ibn Shapruts, des Prinzen von Malina, und des Kalifen von al-Andalus höchstpersönlich verwöhnt hat, in Kürze auch meine Lanze in ihrer süßen Umgebung willkommen heißen wird.«
Ein eisiger Schauder überlief sie, aber Zaynab wußte, daß jedes Anzeichen von Angst vor diesem Mann ein Unglück heraufbeschwören konnte. »Du kannst mich natürlich zwingen«, sagte sie ruhig zu ihm, »aber wenn du es tust, wirst du nicht in den Genuß auch nur eines meiner Talente kommen, Ali Hassan. Ich bin keine dieser gewöhnlichen Konkubinen, die sich einem Mann hingibt, wenn man ihr Angst macht. Glaubst du, daß ich auf einen einzigen Befehl von dir die Beine breitmache?« Sie lachte ihn zu seiner großen Überraschung an und fuhr dann fort. »Du hast mich dem zweitmächtigsten Mann in ganz al-Andalus geraubt. Glaubst du nicht, daß er dich zur Strecke bringen und vernichten wird? Ich war ein Geschenk des Kalifen, dessen Kind ich zur Welt gebracht habe, an den Nasi.«
»Sie haben auch keinen Finger für das Mädchen Iniga gerührt«, erwiderte Ali Hassan.
Zaynab schaute ihn verächtlich an. Sie kam zu der Erkenntnis, daß er nicht besonders intelligent sein konnte. »Als du Iniga in deine Gewalt brachtest, hast du allein durch diese Tat Schande über sie gebracht. Es ist unerheblich, ob du sie vergewaltigt hast oder nicht, obwohl ich vermute, daß du es tatest. Sie war die Tochter eines Prinzen, eine Ehefrau, eine Mutter. Du beraubtest sie ihrer Tugend, als du sie entführtest. Ich hingegen bin eine Liebessklavin, Ali Hassan. Meine Tugend kannst du nicht auf die gleiche Weise wie die Inigas in den Schmutz ziehen. Übrigens, ist sie noch am Leben oder haben deine sanften Aufmerksamkeiten sie umgebracht?«
»Sie lebt«, sagte er knapp, verblüfft, daß sie keine Angst zeigte. Er war nie einer Frau begegnet, die sich nicht vor ihm gefürchtet hätte, vielleicht mit Ausnahme von Hatiba. Sie hatte ihn geliebt, so hatte er zumindest angenommen.
»Ich möchte sie sehen, bevor wir über die Bedingungen verhandeln, zu denen du uns an Alcazaba Malina übergeben wirst«, sagte Zaynab unverfroren. »Im Gegenzug für dein Entgegenkommen werde ich dir sogar eine einzige Nacht voller Freuden gewähren, so wie du sie noch nie erlebt hast, Ali Hassan.«
All Hassan lachte herzhaft und stellte nun fest, daß sie ihn amüsierte. »Bei Allah, gute Frau«, sagte er zu ihr, »du bist so tapfer wie eine Löwin! Wenn du mir wirklich gefällst, werde ich dich zu meiner Frau machen. Was für Söhne könnte ich mit einer Unruhestifterin wie dir zeugen!«
»Glaubst du wirklich, ich beabsichtige mein Dasein in einem Zelt in den Bergen zu fristen?« wich sie aus. »Ich besitze einen eigenen Palast in Cordoba.«
»Mach dir keine Sorgen, meine Schöne«, sagte er. »Ich habe vor, auch Alcazaba Malina einzunehmen, nachdem ich Karim ibn Habib vernichtet habe. Er nahm mir einst das, was mir gehörte. Nun habe ich fast alles zerstört oder gefangengenommen, was einmal ihm gehörte. Und du wirst nicht in jener winzigen Wohnung leben müssen, die sie einen Palast nennen! Ich werde dir einen wirklichen Palast bauen aus feinem weißen Marmor, mit hochragenden Türmen und abfallenden Gärten, die es mit denen von Madinat al-Zahra aufnehmen können.«
»Wie schnell du prahlst«, entgegnete sie spöttisch, »aber
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